Wohnen

Was alte Werbeschriften an Häusern verraten | ABC-Z


Beharrliche Buchstaben: Die gut 20 Meter hohe Fassadenbeschriftung für die Berliner Morgenpost stammt noch aus der Vorkriegszeit.Foto: Jesse Simon/The Berlin Typography Project

Fassaden von Altbauten verleiten bisweilen zum Ratespiel: Was steht denn da? Wer aufmerksam durch alte Viertel streift, begegnet an den Außenwänden vieler Häuser alten Werbeschriften. Meist sind die Läden, auf die sie hinweisen, lange verschwunden. Hier und da aber gibt es den Betrieb noch. Mal scheint auf dem Putz neben einem Hauseingang ein verwittertes Fragment von „Seifen“ und „Cigarren“ hervor, mal ein Wortrest von „Molkerei“, „Holz und Kohlen“ oder „Hufbeschläge“. Sie alle sind Relikte vergangener Tage und stehen für Geschichten des Wohnviertels. Was auffällt: Häufig, so ist es mittlerweile zum Beispiel in einer Stadt wie Berlin, bewahren die neuen Eigentümer die Inschriften, anstatt sie beim nächsten Anstrich der Fassade zu übertünchen. Manche setzen sie sogar in Szene. Echtheit ist in Mode, Authentisches gilt als Schmuck.


Relikt macht Freude: Immer mehr Bewohner schätzen die alten Schriften auf Hausfassaden und setzen sich für ihre Erhaltung ein.Fotos Jesse Simon/The Berlin Typography Project

Wer die Schriftzüge studiert, stellt Fragen. Zum Beispiel: Gab es wirklich nur eine Molkerei mitten in der Stadt? Was für Dienste boten Heißmangel oder Plätterei an? Oder was ist gar eine Sandbläserei, von der in einer Hofeinfahrt in Berlin-Moabit zu lesen ist? Vermutlich werden vielen der jungen Bewohner, die sich heute in den alten Vierteln der Städte tummeln, manche dieser Begriffe nicht geläufig sein. Verwunderlich ist das nicht. Heute wird, wenn überhaupt, gebügelt und nicht mehr geplättet, und einen Betrieb, der Gegenstände sandstrahlt, findet man kaum noch im Wohngebiet.

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