Gauting: Große Nachfrage nach Platz im neuen Gewerbegebiet – Starnberg | ABC-Z

Als ein Schwertransport eine neue Verzahnungsmaschine bei der Feinmechanik-Firma Dietl in Gauting anlieferte, klaffte ein großes Loch in der Wand. „Wir mussten das aufbrechen und haben das danach wieder zugemauert“, erzählt Geschäftsführer Volker Mackert von der Aktion im vergangenen Februar. Es war der einzige Weg, um das Zehn-Tonnen-Trumm an seinen Platz in dem Firmengebäude mitten im Ort zu bringen. „Das passt durch keine Tür.“ Es ist nur ein Beispiel für Probleme in beengten Verhältnissen. Mackert ist einer von einer ganzen Reihe Firmenchefs, die mehr oder weniger dringend auf Ausweichflächen für hiesige Unternehmen warten. Die entstehen auf einer knapp sechs Hektar großen Fläche am westlichen Ortsrand direkt neben der Asklepios-Klinik. Einstimmig hat der Gemeinderat beschlossen, die Planungen für das neue Gewerbegebiet voranzutreiben.
Es ist ein kleines Idyll. Das Areal an der Ammerseestraße war bis vor zwei Jahren ein Golf-Übungsplatz. Die Sportler konnten dort ihre Abschläge üben, es gab Greens und Sandbunker. Nun beginnt die Brache zu verwildern. Das Gras ist nicht mehr kurz gestutzt, aus den Baumgruppen mitten in der Wiese ist Vogelgezwitscher zu hören, nur ein schmaler Trampelpfad zieht sich diagonal durch das Grundstück. An die ehemalige Nutzung erinnert nur noch ein Schild an einem übrig gebliebenen Stück Drahtzaun.
Bald werden Bagger das Gelände umpflügen, dann werden dort Straßen gebaut und Leitungen verlegt. Es wird jedoch noch einige Zeit dauern, bis es so weit ist. „Wir rechnen nicht vor Ende 2027 mit einem Umzug“, sagt Dietl-Chef Mackert. Sein Betrieb mit 60 Mitarbeitern ist spezialisiert auf die Herstellung von Zahnrädern, vom Minibauteil mit einem Gewicht von ein paar Gramm bis zum 800 Kilogramm schweren Brocken – vor allem für die Luftfahrt und die Medizintechnik. Mindestens zwei Jahre lang wird er sich mit Notlösungen arrangieren müssen. Und so geht es auch anderen Firmen.
Wenn etwa bei Stanz-Schmidt in Stockdorf ein 30-Tonner mit einer Lieferung Stahl ankommt, kann es passieren, dass Mitarbeiter kurz mal die Ortsdurchfahrt sperren, damit der Fahrer in die Einfahrt rangieren kann. Gerade an heißen Tagen wie jetzt ist es schwierig an einem Standort mitten im Ort: Eigentlich müsste man lüften, doch eine Stanzerei ist halt laut. „Wir brauchen dringend einen neuen Standort“, sagt Geschäftsführer Stefan Bachmaier. Dann würde er gerne eine zweite Firma aus Trudering nach Gauting holen. Zugleich weist er darauf hin, dass ein Neubau und ein Umzug gerade in der von Krisen gebeutelten Metallbranche eine große Herausforderung sei.
Und das sind nur zwei Betriebe, die namentlich bekannt sind. Nach Angaben von Wirtschaftsförderer Fabian Kühnel-Widmann würden sich mehr als 200 Interessenten nach den angegebenen Suchkriterien für den Gautinger „Gewerbepark“ qualifizieren; so nennt die Gemeinde das Projekt. Andere Interessenten kämen aus verschiedenen Gründen nicht infrage: Weil sie mehr Fläche suchen, als angeboten wird, oder weil es ihnen um Nutzungen geht, die nicht zulässig sein werden wie Einzelhandel, eine Seniorenresidenz, Hotel, Sportstätten, Waschstraßen oder Tankstellen. So etwas soll ausdrücklich ausgeschlossen werden.
Von den 210 Unternehmen auf der Liste des Wirtschaftsförderers sind 45 aus Gauting, viele weitere haben nach seinen Worten „einen starken Bezug“ zur Gemeinde, wenn etwa die Inhaber dort wohnen. Dass neue Gewerbeflächen entstehen, hat sich jedenfalls herumgesprochen, denn gemeldet haben sich auch Firmen aus dem gesamten Landkreis Starnberg, aus dem Würmtal oder aus benachbarten Kommunen wie Germering sowie aus Fürstenfeldbruck und München.
Selbst aus anderen Bundesländern kommen Anfragen. Wie Kühnel-Widmann berichtet, herrscht starkes Interesse aus vielen unterschiedlichen Branchen wie der Baubranche und dem Maschinenbau, Pharma und Chemie, Metallverarbeitung, Handwerk, Marketing und Event-Management sowie der Kfz-Branche. Sein Fazit: „Es gibt also weit mehr Interessenten im Verhältnis zur verfügbaren Fläche.“ Eine Jury solle dann entscheiden, wer zum Zug kommt.
Ein Drittel der Fläche an der Ammerseestraße gehört bereits der Gemeinde, ein großer Teil dem Dritten Bürgermeister Markus Deschler sowie zwei weiteren Eigentümern. Im Juli werden die Pläne ausgelegt, sodass die Öffentlichkeit und Behörden etwaige Bedenken dazu äußern können. Die Erschließung soll laut der Auskunft aus dem Rathaus im Sommer nächsten Jahres beginnen. Wie viel die Parzellen kosten werden, konnte Bürgermeisterin Brigitte Kössinger auf Nachfragen im Gemeinderat nicht sagen.
Gleich gegenüber, auf der anderen Seite der Ammerseestraße, ist ein kleineres Gewerbegebiet, der sogenannte Handwerkerhof, bereits belegt. Auf einer Fläche von knapp 1,2 Hektar haben sich unterschiedliche Firmen angesiedelt. Dazu zählen ein Elektronikvertrieb und eine Glaserei, eine Autowerkstatt, ein Metallbauer, eine Sattlerei, eine Kfz-Prüfstelle und eine Firma, die sich auf den Ausbau von Caravans und Booten spezialisiert hat.

Solche Gewerbestandorte ziehen Verkehr an. Schon jetzt sind auf der Ammerseestraße bis zu 5800 Kraftfahrzeuge pro Tag unterwegs, davon rund 350 Lastwagen. Das hat eine Verkehrszählung im vergangenen November über einen Zeitraum von 24 Stunden ergeben. Gutachter rechnen damit, dass der Verkehr um etwa 1000 Fahrzeuge zunimmt, davon etwa 100 Lastwagen. Und das ist nicht alles, denn an derselben Straße nur ein Stück weiter ortseinwärts plant die Gemeinde ein komplettes neues Wohngebiet, das sicher noch ein zusätzliches Verkehrsaufkommen mit sich bringt.
Idyllisch bleibt es dafür ein Stückchen weiter ortsauswärts. Angrenzend an das Areal der Asklepios-Klinik in Richtung Unterbrunn sollte ursprünglich das Gewerbegebiet entstehen, das nun etwas näher am Ort Realität wird. Für das etwa zehn Hektar große Feld, das der Gemeinde gehört, gibt es noch keine konkreten Pläne. Eine Idee wäre die Umsiedlung des kommunalen Bauhofs, berichtet Wirtschaftsförderer Kühnel-Widmann. Auch der Bau einer Photovoltaikanlage wurde bereits vorgeschlagen. Derzeit wächst dort der Weizen.