Nahost-Liveblog: ++ Iran will Atomprogramm fortsetzen ++ | ABC-Z

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Der Iran kündigt an, trotz des Krieges an seinem Nuklearprogramm festhalten zu wollen. Wegen zunehmender Gewalt radikaler Siedler im Westjordanland ist in Israel eine Dringlichkeitssitzung einberufen worden.
Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick:
Der Luftraum über dem Iran bleibt weitgehend geschlossen. Die bestehende Teilsperrung werde bis Dienstag, 14.00 Uhr (Ortszeit; 12.30 Uhr MESZ) verlängert, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Irna unter Berufung auf einen Ministeriumssprecher. Einige Lockerungen und Überfluggenehmigungen gelten bereits. Der Flughafen in Teheran, Hauptziel internationaler Flüge, bleibt weiterhin geschlossen. Das Tracking-Portal Flightradar verzeichnete vereinzelte Flüge über dem Iran.
Der Iran hatte am 13. Juni mit Beginn der israelischen Angriffe seinen Luftraum gesperrt. Inzwischen gilt seit fast einer Woche eine Waffenruhe.
Menschenrechtsorganisationen sind in Großbritannien mit dem Versuch gescheitert, den Export von Bauteilen für Kampfjets vom Typ F-35 an Israel für illegal erklären zu lassen. Der Londoner High Court wies die Klage ab und erklärte zur Begründung, es handele sich um eine Frage der nationalen Sicherheit.
Die palästinensische Gruppe Al-Hak und das in Großbritannien ansässige Global Legal Action Network hatten angeführt, die britische Regierung habe gegen nationales und internationales Recht verstoßen und sich an Gräueltaten gegen Palästinenser mitschuldig gemacht, indem sie die Lieferung wesentlicher Komponenten für die Kampfflugzeuge an Israel zugelassen habe. “Nach unserer Verfassung ist diese äußerst heikle und politische Frage eine Angelegenheit der Exekutive, die dem Parlament und letztlich den Wählern gegenüber demokratisch rechenschaftspflichtig ist, und nicht der Gerichte”, schrieben die Richter Stephen Males und Karen Steyn in ihrem 72-seitigen Urteil.
Die britische Regierung hatte im vergangenen Jahr etwa 30 von 350 bestehenden Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter ausgesetzt, die für den Krieg im Gazastreifen bestimmt waren. Es bestehe ein “eindeutiges Risiko”, dass die Güter für Verstöße gegen das Völkerrecht verwendet werden könnten, erklärte sie zur Begründung.
Im zwölftägigen Luftkrieg mit Israel sollen im Iran nach neuesten forensischen Daten rund 935 Menschen getötet worden sein. Das sagte der iranische Justizsprecher Asghar Jahangir laut staatlichen Medien. Unter den Opfern seien auch 38 Kinder und 132 Frauen. Die Zahl der Verletzten wurde vom Gesundheitsministerium vor wenigen Tagen mit 4.870 angegeben.
Das in den USA ansässige Menschenrechtsnetzwerk HRANA berichtete am Wochenende von fast 1.190 Toten, darunter mindestens 436 Zivilisten. Die Aktivisten stützen sich auf Informanten und öffentlich zugängliche Quellen.
Bei einem israelischen Angriff im Süden des Gazastreifens sind einem Medienbericht zufolge mindestens 13 Palästinenser getötet worden sein. Dutzende weitere seien verletzt worden, als die Armee auf Menschen in der Nähe eines Verteilungszentrums für humanitäre Hilfsgüter gefeuert habe, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa. Ein israelischer Armeesprecher sagte, man prüfe den Bericht. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben derzeit nicht.
Laut Wafa waren am Morgen auch zehn Menschen bei israelischem Bombardement im Bereich eines Lagerhauses im Süden der Stadt Gaza getötet worden. Die Gaza Humanitarian Foundation (GHF) hatte ähnliche Berichte über tödliche Vorfälle in ihren Hilfszentren in der Vergangenheit dementiert. Die umstrittene Stiftung hatte ihren Einsatz im vergangenen Monat nach einer fast dreimonatigen israelischen Blockade von Hilfslieferungen begonnen. Nach eigenen Angaben hat sie seitdem mehr als 50 Millionen Mahlzeiten an Menschen in dem umkämpften Küstenstreifen verteilt.
Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hat wegen Gewalt radikaler Siedler im Westjordanland gegen die Sicherheitskräfte ein Dringlichkeitstreffen einberufen.
Vertreter aller Sicherheitsorgane sollten daran teilnehmen, teilte Katz nach Angaben seines Büros mit. In der Nacht hatten Dutzende jüdischer Extremisten im besetzten Westjordanland eine israelische Militäreinrichtung attackiert und in Brand gesetzt.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 gibt es im Westjordanland verstärkt Gewalt radikaler Siedler gegen Palästinenser. Der israelische Sender Channel 13 sprach von “jüdischem Terror”. Der Armee wird immer wieder vorgeworfen, sie gehe nicht entschlossen genug gegen solche Angreifer vor.
Der Iran will nach dem Krieg mit Israel weiter am landeseigenen Atomprogramm festhalten. “Solange die Islamische Republik Iran Mitglied des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NPT) ist, muss sie in der Lage sein, ihre Rechte wahrzunehmen”, erklärte Außenamtssprecher Ismail Baghai in Teheran. “Die Rechte Irans als Mitglied dieses Vertrags sind völlig klar – darunter das Recht auf die friedliche Nutzung der Kernenergie”, so Baghai.
Nach dem Terrorangriff der Hamas auf den Süden Israels vom 7. Oktober 2023 mussten Zehntausende Israelis ihre Wohnorte verlassen. Ab August sollen sie keine Mietbeihilfen für Ersatzwohnungen mehr erhalten, wie das israelische Kabinett laut Medienberichten am Sonntag beschlossen hat.
Für die Ortschaften entlang der Grenze zum Gazastreifen gebe es keine Sicherheitsbedenken hinsichtlich der Rückkehr ihrer Bewohner mehr. Ausgenommen sind Bewohner von sechs Kibbuzim, in denen der Wiederaufbau noch nicht weit genug fortgeschritten sind.
Auch Bewohner aus anderen Orten, die aufgrund ihrer Arbeit, des Studiums oder der psychischen Gesundheit nicht unmittelbar zurückkehren können, sollen demnach über Juli hinaus für einen begrenzten Zeitraum Anspruch auf Beihilfen haben.
Israel ist Außenminister Gideon Saar zufolge an der Aufnahme offizieller diplomatischer Beziehungen mit Syrien und dem Libanon interessiert. Über die Zukunft der von Israel besetzten Golanhöhen werde es in einem Friedensabkommen jedoch keine Verhandlungen geben, sagte er auf einer Pressekonferenz.
Israel hatte die strategisch wichtigen Golanhöhen 1967 im Sechstagekrieg von Syrien erobert und später annektiert, was international überwiegend nicht anerkannt wird.
Israels Außenminister Gideon Saar stellte klar, dass es in einem Friedensabkommen jedoch keine Verhandlungen über die Golanhöhen geben werde.
Die iranische Regierung hat US-Präsident Donald Trump vorgeworfen, seine Haltungen in der Frage der Wirtschaftssanktionen gegen die Islamische Republik ständig zu wechseln. Mit Verweis auf widersprüchliche Stellungnahmen Trumps sagt der Sprecher des Teheraner Außenministeriums, Esmaeil Baghaei: “Diese Äußerungen von Trump sollten eher im Kontext psychologischer und medialer Spiele gesehen werden als ein ernsthafter Ausdruck für Dialog oder Problemlösung.”
Das iranische Außenministerium hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) wegen seiner Äußerungen zum Krieg mit Israel scharf kritisiert. Ministeriumssprecher Ismail Baghai verurteilte Merz’ “Drecksarbeit”-Zitat und zog gar Parallelen zur Nazizeit: “Ich hätte niemals gedacht, dass der Bundeskanzler Deutschlands eine Sprache verwendet, die benutzt wurde, um die rassistischen Taten Hitlers zu rechtfertigen”, sagte Baghai in Teheran.
Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben die von einer iranischen Zeitung verbreiteten “Drohungen” gegen den Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, verurteilt. “Wir fordern die iranischen Behörden auf, von Schritten abzusehen, die die Zusammenarbeit mit der IAEA beenden könnten”, heißt es in der Erklärung der Außenminister der sogenannten E3-Gruppe, Johann Wadephul, Jean-Noël Barrot und David Lammy.
Die Unterzeichner mahnten den Iran, die vollständige Zusammenarbeit unverzüglich wieder aufzunehmen und dabei die Sicherheit des IAEA-Personals zu gewährleisten. Die ultrakonservative iranische Zeitung “Kayhan” hatte Grossi unter Bezug auf Israel beschuldigt, “Spion des zionistischen Regimes” zu sein, und dessen Hinrichtung gefordert.
Dutzende jüdische Siedler haben in der Nacht zu Montag ein regionales Hauptquartier der israelischen Armee in den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten bei Ramallah angegriffen. Dabei wurden nach Angaben der Armee ein Zivilist verletzt und eine Sicherheitsanlage zerstört, die “Systeme zur Abwehr terroristischer Anschläge und zur Aufrechterhaltung der Sicherheit” enthielt. Die entstandenen Schäden gefährdeten die Sicherheit der Zivilbevölkerung, sagte die Armee. Sie kündigte hartes Durchgreifen an.
US-Präsident Donald Trump hat betont, dass es keine Gespräche mit dem Iran gebe, und er der Führung in Teheran “nichts” anbieten werde. Er bekräftigt zudem, die USA hätten die iranischen Atomanlagen “vollständig ausgelöscht”. Am Freitag hatte Trump bereits Medienberichte zurückgewiesen, wonach seine Regierung darüber beraten habe, dem Iran mit bis zu 30 Milliarden Dollar beim Aufbau eines zivilen Atomprogramms zu helfen.
Nach einem geheimen Briefing für US-Abgeordnete zu Schäden an den iranischen Atomanlagen durch die Angriffe der USA sind neue Details bekannt geworden. CIA-Direktor John Ratcliffe erklärte bei dem Briefing in der vergangenen Woche, dass die Angriffe die einzige iranische Metallverarbeitungsanlage zerstört und damit dem iranischen Atomprogramm einen gewaltigen Rückschlag versetzt hätten, wie aus Regierungskreisen verlautete.
Ratcliffe habe den Kongressvertretern auch mitgeteilt, dass nach Einschätzung der Geheimdienste der größte Teil des angereicherten Urans des Irans wahrscheinlich unter den Trümmern der Atomanlagen Isfahan und Fordo begraben liege. Diese beiden Anlagen waren Ziel der US-Angriffe. Und selbst wenn das Uran noch intakt sei, könne der Iran aufgrund des Verlusts der Metallumwandlungsanlage in den nächsten Jahren keine Atombombe bauen, sagte eine Gewährsperson.
Der Leiter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, hatte zuvor in der CBS-Sendung “Face the Nation” gesagt, dass die drei für die Anreicherung von Uran geeigneten iranischen Atomanlagen “in hohem Maße zerstört” worden seien. Trotzdem sei Teheran mit den Überresten in der Lage, sein Atomprogramm wieder aufzunehmen.
Israels Angriffe im Iran haben nach Aussagen des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu “weitreichende regionale Möglichkeiten” eröffnet, einschließlich der Befreiung der Geiseln im Gazastreifen. “Zunächst einmal müssen wir die Geiseln befreien”, sagte Netanjahu laut Medien beim Besuch einer Einrichtung des Inlandsgeheimdienstes.
Seine Äußerung wurde laut der “Times of Israel” von heimischen Medien so interpretiert, dass Netanjahu jetzt die Rückkehr der Geiseln priorisiere – vor allem anderen wie dem Sieg über die Hamas. “Natürlich müssen wir auch das Gaza-Problem lösen und die Hamas besiegen, aber ich glaube, dass wir beide Aufgaben bewältigen werden”, wurde Netanjahu zitiert.
Hintergrund seiner Äußerungen sei, dass sich Israel zunehmendem Druck seitens der USA ausgesetzt sehe, eine Einigung zur Beendigung des seit mehr als 20 Monaten andauernden Krieges zu erzielen, schrieb die “Times of Israel”.
Der Iran macht eine Wiederaufnahme der Gespräche mit den USA über sein Atomprogramm von einem Verzicht Washingtons auf weitere Angriffe abhängig. Die USA müssten weitere Angriffe auf den Iran ausschließen, wenn sie die diplomatischen Gespräche wieder aufnehmen wollen, sagte Irans stellvertretender Außenminister Madschid Tacht-Rawantschi dem britischen Sender BBC. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump habe über Vermittler mitgeteilt, dass sie zu Verhandlungen zurückkehren wolle, aber keine klare Position zur “sehr wichtigen Frage” weiterer Angriffe bezogen.
Trump hatte beim NATO-Gipfel neue Gespräche mit dem Iran für diese Woche angekündigt, allerdings keine Details genannt. Er hatte kürzlich die extrem gesicherten iranischen Atomanlagen angreifen lassen. Auf die Frage, ob er Irans Atomanlagen erneut bombardieren lassen würde, falls es wieder Sorgen über Teherans Urananreicherung gebe, sagte Trump am Freitag: “Sicher, ohne Frage, absolut.” Der Iran dürfe keine Atomwaffen haben.
Ein einflussreicher iranischer Kleriker hat US-Präsident Donald Trump indirekt mit dem Tode gedroht. Der Ajatollah Nasser Makarem Schirasi nannte Trump zwar nicht direkt beim Namen, wies aber in einer religiösen Stellungnahme darauf hin, Drohungen gegen den iranischen Führer Ali Chamenei würden als Fluch und Sünde gelten und im Islam mit dem Tod bestraft werden. Trump hatte vor knapp zwei Wochen indirekt Chamenei gedroht und gesagt, dieser sei ein leichtes Ziel: “Wir werden ihn nicht ausschalten (töten!), zumindest nicht im Moment.”
Ajatollah Nasser Makarem Schirasi sagte laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna auf die Frage eines Gläubigen zu Trump in seinem Büro in Ghom: “Personen oder Regime, die eine islamische Herrschaft angreifen oder deren religiöse Führer bedrohen oder gar gegen sie vorgehen, gelten als ‚Mohareb‘ (Feinde Gottes/Krieger gegen Gott).” Daher sei es die Pflicht der Muslime, diese “Feinde” zur Rechenschaft zu ziehen.