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SPD fordert Vorbereitung von AfD-Verbotsverfahren | ABC-Z

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SPD fordert Vorbereitung von AfD-Verbotsverfahren


Bild: dpa/dts

Die SPD peilt ein Verbot der AfD an, die sie für “klar rechtsextremistisch” hält. Eine Bund-Länder-Gruppe soll Belege für eine Verfassungswidrigkeit sammeln. Das hat der Parteitag der Sozialdemokraten in Berlin beschlossen.

  • Bund-Länder-Gruppe soll Belege für Verfassungswidrigkeit der AfD sammeln
  • Beschluss auf SPD-Parteitag in Berlin einstimmig
  • Über Verbotsantrag müsste Bundesverfassungsgericht entscheiden
  • Koalitionspartner CDU ist skeptisch
  • AfD in Brandenburg laut Umfrage deutlich stärkste Partei

Der SPD-Parteitag hat sich klar für die Vorbereitung eines AfD-Verbotsverfahrens ausgesprochen. Die Delegierten beschlossen am Sonntag einstimmig in Berlin einen Antrag des Parteivorstands, der zur Sammlung von Belegen für die Verfassungswidrigkeit die Einsetzung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe fordert. Bei ausreichenden Belegen will die SPD dann darauf dringen, dass “unverzüglich” ein Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt wird.

Parteiverbote: Karslruher Maßstäbe

Holger Wöckel (l-r), Thomas Offenloch, Rhona Fetzer, die Vorsitzende Christine Langenfeld, Astrid Wallrabenstein und Peter Frank vom Zweiten Senat des Bundesverfassungsgericht kommen in den Verhandlungssaal. (Quelle: dpa/Anspach)

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  • Laut Grundgesetz sind Parteien Verfassungswidrig, die “nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden”. Entscheiden muss das Bundesverfassungsgericht, den Verbotsantrag können Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung stellen.
  • Eine Partei müsste eins der zentralen Grundprinzipien – Menschenwürde, Demokratie oder Rechtsstaat – beeinträchtigen oder abschaffen wollen. Eine erste Voraussetzung für ein Verbot sind also verfassungsfeindliche Ziele. Doch es geht nicht um ein Verbot von Gesinnung oder Weltanschauung, wie das Gericht in seinem NPD-Urteil 2017 betonte, sondern um aktives Handeln. Die Schwelle zur Bekämpfung der freiheitlichen Demokratie muss überschritten sein.
  • Weitere Voraussetzung ist, dass eine Partei eine “aktiv kämpferische, aggressive Haltung” gegenüber der demokratischen Ordnung einnimmt. Im Urteil zur KPD definierte das Verfassungsgericht das so: Eine Partei müsse “planvoll” das Funktionieren dieser Ordnung beeinträchtigen und sie später beseitigen wollen.
  • Außerdem muss sie, als dritte Voraussetzung, zumindest eine Chance haben, ihre antidemokratischen Ziele durchzusetzen – da das bei der NPD nicht der Fall war, scheiterte deren Verbot.

“Wehrhafte Demokratie heißt handeln”

Verabschiedet wurde ein Antrag mit dem Titel “Wehrhafte Demokratie heißt handeln: Jetzt AfD-Verbotsverfahren vorbereiten – und die Menschen zurückgewinnen”. Darin wird die AfD als “klar rechtsextremistisch” bezeichnet. Die Belege für eine Verfassungswidrigkeit seien “erdrückend”, heißt es. “Der völkische Flügel dominiert die Partei.” Mit Forderungen nach einer “Remigration” von Menschen mit Migrationshintergrund verletze die AfD Grundgesetz und Menschenwürde. Sie verfolge die Strategie, “das Vertrauen in unsere parlamentarische Demokratie systematisch zu untergraben”, und wolle “die freiheitlich-demokratische Grundordnung abschaffen”.

Die SPD werde sich deshalb “auf allen Ebenen für die Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD vor dem Bundesverfassungsgericht” einsetzen, heißt es in dem Beschluss. Klar sei aber auch, dass ein Verbot “in keiner Weise die politische Auseinandersetzung mit ihrem Gedankengut” ersetzen könne. Eine Parteiarbeitsgruppe soll ein deshalb Konzept entwickeln, um der Politik der AfD inhaltlich und praktisch etwas entgegenzusetzen. Ziel der SPD soll es dabei sein, AfD-Wählerinnen und -Wähler dauerhaft zurückzugewinnen.

Merz bisher “skeptisch”

Die Forderung nach Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD waren lauter geworden, nachdem das Bundesamt für Verfassungsschutz die Partei als gesichert rechtsextrem eingestuft hatte. Wegen des juristischen Vorgehens der AfD dagegen liegt die Einstufung aber vorerst auf Eis [tagesschau.de]. Über ein Parteiverbot müsste auf Antrag von Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Auch die Grünen hatten sich zuletzt für eine Arbeitsgruppe ausgesprochen. “Wir müssen frühzeitig handeln, bevor diese Partei weiter systematisch unsere Demokratie untergräbt”, sagte ihr Parteichef Felix Banaszak den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Kanzler Friedrich Merz sieht die Rufe nach einem Verbotsverfahren aber “sehr skeptisch”. Nach Ansicht des CDU/CSU-Parlamentsgeschäftsführers Steffen Bilger (CDU) reichen die bisherigen Erkenntnisse für einen Verbotsantrag nicht aus. Und: “Spätestens nach dem “Compact”-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts muss zudem jedem klar sein, welche hohen rechtlichen Hürden ein Verbotsverfahren hätte”, sagte er den Funke-Zeitungen. Erst vor wenigen Tagen hatte das Bundesgericht das Verbot des rechtsextremen Magazins für rechtswidrig erklärt.

Thüringer Innenminister: “Wann, wenn nicht jetzt?”

Auf dem SPD-Parteitag warnten mehrere Redner, die AfD wolle die Demokratie abschaffen – und sie sei nicht mehr weit entfernt vom Schritt in eine Regierung. Der Thüringer Innenminister Georg Maier zeigte sich zuversichtlich, dass der Partei Verfassungsfeindlichkeit nachzuweisen sei. Wenn die Beweislage gut und stabil sei, müsse das Verbotsverfahren eingeleitet werden. “Wer, wenn nicht wir? Wann, wenn nicht jetzt?”, fragte Maier.

Natürlich berge ein Verbotsantrag auch Risiken, das zeige das gescheiterte Verfahren um die NPD, räumte der Innenminister ein. “Aber ich bin inzwischen der Auffassung, dass das Risiko, nichts zu tun, mittlerweile deutlich größer ist als das Risiko, vor Gericht eine Niederlage zu kassieren.”

AfD bei BrandenburgTrend klar stärkste Partei

In Brandenburg kann die AfD bei der Sonntagsfrage immer mehr an Zustimmung gewinnen. Laut BrandenburgTrend von infratest dimap im Auftrag von rbb24 Brandenburg aktuell und Antenne Brandenburg käme die AfD mit 32 Prozent auf einen Höchstwert, das sind zwei Prozent mehr zu letzten Umfrage.

Die SPD rutschte bei der Sonntagsfrage auf 23 Prozent ab und verliert 5 Prozentpunkte im Vergleich zu Dezember. Das BSW kam auf 9 Prozent und büßt 3 Punkte ein. Die CDU kam auf 14 Prozent, das ist ein Punkt weniger. Die Linke erreichte 9 Prozent, die Grünen lagen bei 5 Prozent. Das ist das Ergebnis des BrandenburgTrends

Bei der Bundestagswahl im Februar war die AfD zweitstärkste Kraft nach der Union geworden. Sie ist zudem in 14 von 16 Landesparlamenten vertreten und in Teilen Ostdeutschlands stärkste Kraft.

In vier Bundesländern wird die AfD von den dortigen Verfassungsschutzbehörden bereits als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Dies sind Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg.


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