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„Das stille Monster“ Willian Pacho | ABC-Z

Die Frankfurter Eintracht hat sich im europäischen Fußball einen guten Namen erworben. Mehr noch als der kontinuierliche Aufstieg, der durch den Gewinn der Europa League und der nun zweiten Teilnahme an der Champions League augenfällig geworden ist, steht die Eintracht für große finanzielle Erfolge auf dem Transfermarkt.

Die Beispiele für günstig kaufen, sportlich entwickeln und teuer verkaufen sind hinlänglich bekannt. Es könnte der Branche jedoch darüber hinaus bewusst werden, dass die Frankfurter Millionenseller nicht hielten, was sich die Klubs von ihnen versprachen.

Viele erfüllten die Hoffnungen nicht

Luka Jovic, für über 60 Millionen Euro an Real Madrid abgegeben, ist das plakativste Fehlinvestment. Aber auch Randal Kolo Muani (95 Millionen Euro, PSG), Sébastien Haller (45 Millionen Euro, West Ham), Jesper Lindström (32 Millionen Euro, SSC Neapel), André Silva (23 Millionen Euro, RB Leipzig), Filip Kostic (14 Millionen Euro, Juventus Turin), Djibril Sow (10 Millionen Euro, FC Sevilla) und Ante Rebic (6,5 Millionen Euro, AC Mailand) erfüllten – in unterschiedlichem Ausmaß – die Hoffnungen nicht.

Bei Omar Marmoush, der im Winter für 75 Millionen Euro zu Manchester City gewechselt ist, ist es für ein Urteil noch zu früh. Der Ägypter deutete auch bei seinem neuen Arbeitgeber mehrmals seine überragenden Fähigkeiten an. Bislang hebt er das Offensivspiel der Briten aber noch nicht konstant auf ein neues Level – was sich aber in der neuen Saison durchaus ändern könnte.

Es gibt einen Profi, der das drohende Vorurteil „aus Frankfurt kommt nichts Gutes“, ad absurdum führt: Willian Pacho. Die 40 Millionen Euro, die Paris Saint-Germain für den Abwehrspieler auf den Tisch legte, haben sich schon amortisiert. Der 23 Jahre alte Innenverteidiger aus Ecuador wird in Paris als das Puzzleteil angesehen, das PSG fehlte, um die Champions League zu gewinnen, was mit Messi, Neymar und Mbappé nicht gelungen war.

Vielseitig und vielbeachtet: Willian Pacho (links) hat sportlich jede Menge Abwehrwaffen in seinem Arsenal – auch bei der Klub-WM.
Vielseitig und vielbeachtet: Willian Pacho (links) hat sportlich jede Menge Abwehrwaffen in seinem Arsenal – auch bei der Klub-WM.Reuters

Und auch bei der Klub-WM, bei der PSG am Sonntag (18.00 Uhr MESZ im F.A.Z.-Liveticker zur Klub-WM und bei DAZN) im Achtelfinale auf Inter Miami trifft, ist er aus der Startelf nicht wegzudenken. Mannschaftskapitän Marquinhos sagte zuletzt über seinen Innenverteidiger-Partner: „Es ist eine Freude, neben ihm zu spielen, er gehört heute schon zu den Größten.“ Nach dem 5:0 im Königsklassen-Finale gegen Inter Mailand hatte der Brasilianer gescherzt: „Ich habe auf Pachito gewartet, damit ich endlich die Champions League gewinnen kann.“

Den 31 Jahre alten brasilianischen Nationalspieler und den Neuankömmling aus Frankfurt verbindet seit ihrem ersten gemeinsamen Tag in Paris ein besonderes Verhältnis: Marquinhos hat den Ecuadorianer wie einen kleinen Bruder aufgenommen. Weil Pacho so ein lieber Kerl ist, aber vor allem auch deswegen, weil er versprach, seinen persönlichen Ehrgeiz nach dem größten Titel zu befriedigen. Der Ecuadorianer hat die Disziplin, Seriosität, Sachlichkeit und Kopfballstärke in die Abwehr gebracht, an der es PSG gemangelt hatte, um gegen die Top-Klubs zu bestehen.

Großer Triumph: Pacho krönt sich mit dem Champions-League-Pokal.
Großer Triumph: Pacho krönt sich mit dem Champions-League-Pokal.AP

In der Branche war es eine Überraschung, dass PSG auf Pacho setzte, die Defensive-Probleme zu lösen. Die Pariser waren bisher dafür bekannt, glamourösere Spieler zu verpflichten. In Frankfurt spielte der Südamerikaner nach einer herausragenden Vorrunde eine nicht so prickelnde Rückrunde. Aber die Fachleute erklärten das mit der Müdigkeit, die die ständigen Flugreisen zur Nationalmannschaft mit sich brachte und der allgemeinen Formkrise der Eintracht.

Dass Eintracht-Trainer Dino Toppmöller Pacho schon nach wenigen Wochen für ein Abwehr-Juwel hielt, machte er indirekt deutlich: „Ich würde mich freuen, wenn Pacho länger als eine Saison bleiben könnte, und uns im nächsten Sommer nicht wieder die besten Spieler weggekauft werden.“ Toppmöller hatte bei dieser Aussage im September 2023 unter dem frischen Eindruck des kurzfristigen Verkaufs von Kolo Muani gestanden. Wenige Monate später sprach Toppmöller in Bezug auf Pacho von „Weltklasse-Potential“.

Nach seiner ersten Saison in Paris kann man den Zusatz „Potential“ weglassen. Unter der Anleitung von Trainer Luis Enrique und an der Seite von Marquinhos hat sich Pacho immens weiterentwickelt. Dass ihm im Gegensatz zu seiner Frankfurter Rückrunde so gut wie keine Flüchtigkeitsfehler mehr unterlaufen, hat auch mit dem Weltklassepartner Marquinhos zu tun, der ihm Sicherheit gibt und ein gutes Beispiel liefert. Dass er im Spielaufbau und im Spielverständnis große Fortschritte gemacht hat, verdankt er Trainer Enrique – und natürlich seiner eigenen Auffassungsgabe und seinem Antizipationsvermögen.

„Unsere Innenverteidiger haben es schwer“

In einem Interview mit einem französischen Internetportal beschrieb Enrique einmal sein Anforderungsprofil: „Unsere Innenverteidiger haben es schwer, weil wir von ihnen viele Dinge mit dem Ball fordern. Normalerweise erobern sie den Ball und geben ihn an einen Mittelfeldspieler. Bei uns müssen sie selbst Mittelfeldspieler sein und den Ball nach vorne spielen. Dazu muss er ein kompletter Abwehrspieler sein – im Raum, am Mann und in der Luft verteidigen können. Und dazu muss er auch noch schnell sein.“ Auf Pacho träfe alles zu.

Kongeniale Partner: „Pachito“ und Marquinhos liegen sich in den Armen.
Kongeniale Partner: „Pachito“ und Marquinhos liegen sich in den Armen.Huebner

Der 23-Jährige ist von seinem Trainer begeistert: „Er weiß, wie er mit den Spielern sprechen muss.“ Luis Enrique habe ihm das Vertrauen geschenkt, das er brauche, und den Druck genommen, den er sich selbst gemacht habe: „Er will, dass ich versuche, mehr mit meinem schwächeren Fuß zu spielen, und sagt, dass er mir die Fehler nachsieht, die ich dabei mache.“

Pacho ist dabei gewachsen, mittlerweile traut er sich Steilpässe über 30, 40 Meter, die auch mit einer befriedigenden Quote ankommen. Seine größte Stärke hat er sich bewahrt, sein präzises Timing im Zweikampf, er findet fast immer den richtigen Moment, die Aktion des Gegners zu blocken. Ansonsten stellt er den ballführenden Gegenspieler nur, drängt ihn Richtung Seitenlinie und gibt seiner Abwehrreihe Zeit, sich zu formieren. Zusammen mit seiner Athletik, Dynamik und Kopfballstärke hat Pacho so viele Abwehrwaffen in seinem Arsenal, dass er auf Abschreckungsmaßnahmen gut verzichten kann, die andere Verteidiger in ihrem Repertoire haben.

„Über allem steht der Respekt vor anderen“

Kein Stürmer muss bei ihm um seine Gesundheit fürchten, Provokationen sind ihm fremd: „Meine Mutter hat mir gesagt: Über allem steht der Respekt vor anderen. Und so verhalte ich mich. Auf dem Spielfeld und daneben.“ Marquinhos nennt ihn deshalb das „stille Monster.“

Das brasilianische Idol sieht in seinem fünf Zentimeter größeren kleinen Bruder seinen legitimen Nachfolger als Abwehrchef von PSG: „Obwohl Pachito so gut ist, ist er noch jung. Da wird noch viel mehr von ihm kommen.“

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