Kultur

Diese Bäume kann man (teilweise) essen | ABC-Z

Mit dem Geruch von Zimt hat alles angefangen. Bei einer Autofahrt kam das Aroma Ute Ritschel zufällig in die Nase, als sie in der Nähe einer Bäckerei unterwegs war. Der Geruch hat die Kuratorin und Kulturmanagerin nicht mehr losgelassen. Für Fundstücke aus der Natur interessiert sich Ritschel ohnehin, denn die Leiterin des Internationalen Waldkunst Zentrums in Darmstadt richtet alle zwei Jahre den Waldkunstpfad aus, für den Gastkünstler im Forst südlich der Stadt Werke erschaffen. So fing die Kulturanthropologin an, Zimt zu sammeln.

Dabei trug sie nicht nur Packungen mit fertig gemahlenem Gewürzpulver zusammen. Auf dem Tisch im Garten des Waldkunstzentrums an der Ludwigshöhstraße präsentiert sie Zimtstangen jeder Größe, etwa die in der Küche üblichen zarten Stäbchen der aromareichen Rinde. Doch zur Sammlung gehört auch ein Stück aufgerollter Rinde, das so lang ist wie ein Unterarm und mehrere Zentimeter dick. So sieht das delikate Gewürz wie ein kleiner Knüppel aus.

Geschmackvoll: Der Kuchen ist mit Birkenzucker gesüßt, der aus Rinde gewonnen wird.Frank Röth

Daneben steht eine Schale aus rötlichem Holz – dieses stammt vom Zimtbaum. Hat man eine verschließbare Dose aus Zimtholz und gibt Zucker hinein, wird er zu Zimtzucker, nimmt also das Aroma an, ohne dass Pulver hinzugegeben werden muss, wie Ritschel erläutert.

In den Garten des Waldkunstzentrums hat sie an einem Sommerabend Gäste zu ihrem Vortrag „Hölzer, die man essen kann“ mit Verkostung eingeladen. Es geht also darum, wie Bäume schmecken und was der Wald dem Menschen zu geben hat. Dabei geht es um Aromazutaten, die meist als Gewürz dienen. In ein Stück Holz beißen muss an diesem Abend keiner der Besucher.

Die Substanz der Bäume ist nicht essbar, wie Ritschel erläutert. Denn der Mensch kann Zellulose, aus dem Holz zu rund der Hälfte besteht, nicht verdauen. Ein Baum taugt also nicht als Nahrung. Teile von Bäumen sind allerdings tatsächlich essbar, zum Beispiel Palmherzen, die in der asiatischen Küche beliebt sind. Dafür muss der Palme ein Ast abgeschnitten und geschält werden.

Was man aus Zimt und Lakritz machen kann

Vieles, was Bäume hervorbringen, kann ein Mensch mit Genuss zu sich nehmen. Verschiedene Beispiele für die Verwendung von Zimt stehen auf dem Gartentisch, vor allen Gebäck: Schnecken aus Schweden, die man im Supermarkt kaufen kann, außerdem selbst gebackene kleine Plätzchen, deren Aroma intensiver ist.

Eine zweite weit verbreitete Aromazutat von einem Baum ist Süßholz, das Lakritz den Geschmack verleiht. Die Proben für die Gäste reichen von Süßigkeiten von Haribo bis zu schwedischen Pastillen mit einem durchdringenden, fast scharfen Geschmack, der an Pfefferminze erinnert.

Aromatisch: Besucherinnen bei der Verkostung von aus Hölzern gewonnenen Nahrungsmitteln
Aromatisch: Besucherinnen bei der Verkostung von aus Hölzern gewonnenen NahrungsmittelnFrank Röth

Ein Kuchen, von dem Stücke angeboten werden, wurde mit Birkenzucker gesüßt. Der sieht wie Haushaltszucker aus Zuckerrüben aus und kann auch so verwendet werden. Er kann aus Birkenrinde gewonnen werden. Die Rinde ist im Prinzip essbar, jedenfalls ist sie nicht giftig wie etwa die Eibe, wie Ritschel berichtet.

Genießbar ist auch das Harz von Bäumen. Dazu zählt zum Beispiel Ahornsirup, der nicht nur süß, sondern aromatisch schmeckt. Auch die Nadeln von Nadelbäumen können als Aromazutat verwendet werden, wie etwa in Skandinavien üblich.

Ein weiteres Beispiel für den Geschmack eines Nadelbaums bietet die Kuratorin ihren Gästen an: einen Schluck Zirbenschnaps. Dieser wird in den Alpen mit den weichen Zapfen der Zirbelkiefer aromatisiert und schmeckt so, wie es im Nadelwald nach dem Regen riecht.

Nur von einem Baum findet sich keine Probe auf dem Tisch am Waldkunstzentrum. Ritschel erzählt von einem Gehölz namens Yacaratiá, der in der Provinz Misiones in Argentinien gedeiht. Es ist essbar, weil es keine Zellulose enthält. Nur beeilen muss man sich damit, weil die Substanz, die zu 90 Prozent aus Flüssigkeit besteht, nach dem Abbrechen vom Baum sehr schnell verdirbt.

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