Investitionsoffensive der Bundesregierung: Wie gibt man 500 Milliarden richtig aus? | ABC-Z

Es ist kein schöner Name, den die Menschen im Berliner Bezirk Pankow für ihre aus eher traurigen Gründen berühmteste Schule gefunden haben. Das Gymnasium am Europasportpark war zuletzt so kaputt, dass es nur noch “Trümmerschule” hieß. Ein Großteil der alten Fenster drohte herauszubrechen. Doch statt sie zu sanieren, wurde erst einmal ein Holztunnel auf dem Schulhof errichtet, um die Schüler vor herabfallendem Schutt zu schützen. Nach Protesten und einer Demo beschloss die Stadt schließlich, 40 Millionen Euro für die Sanierung auszugeben.
“Wirklich happy” sei er gewesen, als Schüler und Lehrer für die Zeit der Bauarbeiten in ein ehemaliges Umspannwerk umquartiert werden konnten, sagt Jörn Pasternack, der für Schulen verantwortliche Bezirksstadtrat. Allerdings ist der CDU-Politiker für etwa 70 weitere Schulen im Bezirk zuständig, von denen viele ebenfalls sanierungsbedürftig sind. Das ist typisch für Deutschland: 55 Milliarden Euro umfasst der bundesweite Investitionsrückstand allein bei Schulen laut dem Deutschen Institut für Urbanistik. Damit machen Schulen den größten Anteil des gesamten Rückstands von 186 Milliarden Euro in den Kommunen aus.
Für den Bezirksstadtrat Pasternack ist klar: Berlin muss jetzt Geld in die Hand nehmen. Weil die Stadt wächst – und weil über Jahre versäumt wurde, Gebäude wie Schulen instand zu halten. Deswegen findet er gut, dass sich Union und SPD auf Bundesebene geeinigt haben, sehr viel Geld für Investitionen bereitzustellen: 500 Milliarden Euro, schuldenfinanziert. Sie sollen über zwölf Jahre ausgegeben werden, 37 Milliarden Euro noch in diesem Jahr, 58 Milliarden im kommenden. Vergangenen Dienstag hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf für diesen Sonderschuldentopf (“Sondervermögen”) beschlossen.
Mit dem Geld sollen Autobahnen und Bahnstrecken saniert werden und Schulen wie die in Pankow. 100 Milliarden sind für die Länder und Kommunen reserviert. Er wisse nicht, sagt Jörn Pasternack, wie viel davon in seinem Bezirk ankomme. “Aber ich hoffe inständig, dass diese Gelder auch wirklich verbaut und nicht verkonsumiert werden.”
500 Milliarden, das sind etwa 6.000 Euro pro Einwohner oder die Baukosten für 70 Berliner Flughäfen. Das klingt angesichts des Sanierungsstaus erst mal gut. Doch viele, die sich mit Staatsfinanzen auskennen, teilen Pasternacks Sorge: dass das Sondervermögen zweckentfremdet werden könnte, etwa, um höhere Sozialausgaben zu finanzieren. Einer von ihnen ist Clemens Fuest. Der Präsident des Münchner ifo Instituts hatte sich im Februar gemeinsam mit drei weiteren Ökonomen für mehr Schulden ausgesprochen. Aber schon damals hatten sie betont, dass die Mittel nicht zweckentfremdet werden dürften. Fuest fordert, dass die Bundesregierung vor dem Losbuddeln eine zentrale Frage beantwortet: Wie soll die Infrastruktur 2040 aussehen? Es brauche einen Plan.
“Wir wollen, dass bald jeder im Alltag spürt, dass Deutschland wieder besser funktioniert”, sagt Bundesfinanzminister Lars Klingbeil der ZEIT. “Deshalb investieren wir in gute Kitas und Schulen, moderne Bahnstrecken, Brücken, Krankenhäuser und bezahlbaren Wohnraum.” Der SPD-Politiker sagt aber auch, dass Geld allein nicht hilft: “Damit das auch überall im Land zügig passiert, muss viel schneller geplant, genehmigt und gebaut werden.”
Das klingt nach einem großen Versprechen – aber nicht nach einem ausgearbeiteten Plan. Dabei ist das Risiko, sich bei Investitionsvorhaben zu verzetteln, in Deutschland erfahrungsgemäß groß: Der endlose Neubau des Flughafens BER und die kostspielige Vergrabung des Stuttgarter Hauptbahnhofes sind nur zwei Beispiele.
Um einen konkreten Plan zu entwickeln, ergibt es also Sinn, sich einmal im Land umzuschauen. Und nach Beispielen dafür zu suchen, wo der Bau von Brücken, Bahntrassen und Schulen schon heute gut gelingt. Lässt sich etwas daraus lernen zur Frage, wie man 500 Milliarden Euro am besten ausgibt – und welche Zugeständnisse und Kompromisse dafür nötig sind?
Die Schule
In Braunschweig steht seit Kurzem eine Schule, die besonders schnell fertig wurde und trotzdem nicht teurer wurde als geplant: Die Helene-Engelbrecht-Schule für mehr als 1.000 Schülerinnen und Schüler hat 30 Millionen Euro gekostet und wurde in nur 21 Monaten gebaut. Ende vergangenen Jahres fand die Übergabe eines symbolischen goldenen Schlüssels statt. In Braunschweig gibt es insgesamt 80 Schulen, von denen viele erneuert oder erweitert werden müssen, das ist hier nicht anders als in Berlin-Pankow. “Vor einigen Jahren haben wir gemerkt: Wir müssen uns anders aufstellen, sonst kriegen wir dieses immense Bauprogramm nicht auf die Straße”, sagt Carsten Beddig, Leiter der Abteilung für Konzeption und Projektentwicklung bei der Stadt.
Nur so einfach ist das nicht. Ein Grund dafür ist das öffentliche Vergaberecht, das in den vergangenen 20 Jahren immer komplizierter wurde. An dieser Stelle sollte man einmal kurz aus Braunschweig herauszoomen und ins Vergaberecht blicken. Denn wenn der Staat 500 Milliarden Euro ausgeben will, muss er dafür unzählige Aufträge an unzählige Unternehmen vergeben. Max Stanko ist Fachanwalt für Vergaberecht bei der Wirtschaftskanzlei Advant Beiten und berät kommunale Bauämter und Ministerien dabei, öffentliche Ausschreibungen für Infrastrukturprojekte zu formulieren. Eigentlich, so erzählt es Stanko, solle das Vergaberecht öffentliche Auftraggeber vor überhöhten Preisen schützen. Bloß seien die Vorgaben mittlerweile so komplex, dass Städte und Gemeinden schnell verzweifeln könnten, sagt der Jurist.
Viel Zeit und Nerven koste die Bauämter etwa das “vergaberechtliche Leitbild”, besonders mittelstandsfreundlich zu sein. Kommunen sind dazu angehalten, die einzelnen Teilaufgaben separat auszuschreiben. Die Idee: Je kleinteiliger die Aufträge, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass sich auch kleinere und mittelständische Firmen bewerben können. Das sorgt für mehr Wettbewerb und schafft Arbeitsplätze bei örtlichen Firmen. In der Praxis führe das aber oft zu teuren Verzögerungen, sagt Stanko. Eine Alternative sei es, das gesamte Bauprojekt an einen Generalunternehmer zu vergeben, der dann eigenständig Subunternehmen beauftragt. “Bauverzögerungen gehen dann zulasten des Unternehmens und nicht zulasten der Kommune”, erklärt Stanko.
Braunschweig ist diesen Weg gegangen: auch weil die Verwaltung für den Bau der Helene-Engelbrecht-Schule in Eigenregie keine Kapazitäten sah. Der Stadtrat beschloss, den Bau und die Instandhaltung der Schule für die nächsten 20 Jahre als Komplettpaket auszuschreiben. Eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung hatte ergeben, dass der Bau so nicht nur schneller fertig, sondern auch etwas günstiger würde. Zwar bindet man sich bei diesem Vorgehen für eine lange Zeit an ein Unternehmen. Aber die “Termin- und Kostentreue” der Partnerfirmen spreche für sich, sagt Dirk Franke, der das Gebäudemanagement der Stadt leitet.
Die Firma Goldbeck bekam den Zuschlag und baute die Schule – und zwar vor allem mit Fertigteilen, die mit eingebauten Fenstern und Verkabelungen angeliefert werden. Manche Architekten schimpfen das Plattenbau. Beddig betont die positiven Seiten: “Sobald die Bauteile zusammengefügt sind, ist der Rohbau auch schon trocken.”
Und so wird in Braunschweig im August bereits der nächste Schlüssel übergeben: Eine neue Grundschule wird eröffnet, “in Blitzgeschwindigkeit” gebaut, wie die Lokalzeitung attestiert. Jörn Pasternack, der Stadtrat in Berlin-Pankow, will in Zukunft denselben Weg gehen.
Die Brücke
Einige Hundert Kilometer weiter südwestlich, im sauerländischen Rahmedetal lässt sich ein ähnliches Phänomen besichtigen. Die alte Autobahnbrücke, die das Tal überspannte, musste Ende 2021 wegen lebensgefährlicher Baumängel von einem Tag auf den anderen gesperrt werden. Zwei Jahre später wurde sie gesprengt.
Hunderte Lastwagen quälen sich seitdem jeden Tag durch das enge Tal bei Lüdenscheid. Die gute Nachricht: Die neue Brücke dürfte nicht nur wie geplant im Frühjahr 2026 fertig werden, was sehr schnell wäre für ein solches Bauvorhaben. Sie wird mit 170 Millionen Euro wohl auch so teuer sein wie geplant – ebenfalls ein kleines Wunder.
Das sei gelungen, weil die vielen Behörden, die an einem Neubau beteiligt sind, parallel statt nacheinander gearbeitet hätten, sagt Elfriede Sauerwein-Braksiek, die bei der bundeseigenen Autobahn GmbH für den Neubau verantwortlich ist: “Die Not war so groß, dass alle an einem Strang gezogen haben.”
Viel Zeit sei auch gespart worden bei den Aufträgen. “Normalerweise machen wir als Auftraggeber eine sehr detaillierte Leistungsbeschreibung, auf die sich die Bauunternehmen dann bewerben”, sagt Sauerwein-Braksiek. Bei der Rahmedetalbrücke habe es nur einen groben Vorentwurf gegeben: “Wir wollen eine Brücke, so lang, so breit, so hoch.” Die Detailarbeit erledigten die Bieter, die dafür einen finanziellen Ausgleich erhielten, sofern sie nicht zum Zug kamen.
Ein Vorzeigeprojekt, das aber nicht alles löst: Die Rahmedetalbrücke ist nur eine von 60 Talbrücken entlang der als Sauerlandlinie bekannten Autobahn. Die 59 anderen sind auch nicht gut in Schuss, müssen saniert werden, wie so viele öffentliche Bauwerke, die im Wirtschaftsboom der 1960er-Jahre entstanden sind.
Und mit den Brücken, Straßen und Schulen ist es allein nicht getan. Es gibt noch einen Bereich der Infrastruktur, in dem der Investitionsrückstand sogar mehr als 100 Milliarden Euro ausmacht: die Bahn mit ihren Gleisen, Stellwerken und Bahnhöfen. Für viele verspätungsgeplagte Reisende ist sie so etwas wie der Inbegriff der Infrastrukturkrise im Land. Dabei gibt es auch auf der Schiene Fortschritte, die sich zu imitieren lohnen.
Die Bahntrasse
Die Riedbahn etwa zeigt, was möglich ist, wenn der übliche Ablauf beim Planen und Bauen durchbrochen wird. Der 70 Kilometer lange Streckenabschnitt zwischen Mannheim und Frankfurt ist stark frequentiert und war extrem störanfällig.
Bis zum vergangenen Juli. Da sperrte die Deutsche Bahn den Abschnitt zur Generalsanierung. Fünf Monate später gab der Staatskonzern die Gleise schon wieder frei, früher wären für so ein Projekt fast zwei Jahre veranschlagt worden. Für die Bahn ist die Riedbahnsanierung das, was für den Hamburger SV der Bundesligaaufstieg ist: ein Erfolg, sehnlich erwünscht, kaum für möglich gehalten. Heute verzeichnet die Bahn auf der Strecke ein Drittel weniger Störungen. Die Regionalzüge fahren zehn Prozentpunkte pünktlicher, und auch der Fernverkehr sammelt weniger Verspätungsminuten als im Jahr zuvor, die Pünktlichkeit habe sich um rund ein Drittel verbessert. Wie ist das möglich?
“Weil wir alle Prozesse gestrafft haben”, sagt Philipp Nagl, Chef der DB Infrago, der Infrastrukturtochter der Bahn. Bei der Planung und auch beim Bauen. Anstatt wie sonst erst die Gleise, danach die Weichen und anschließend die Signalanlagen zu sanieren, tauschten die Baufirmen alles auf einmal aus. Nur durch dieses Vorgehen habe man sicherstellen können, dass die Strecke in den nächsten fünf Jahren nicht mehr für Bauarbeiten gesperrt werden müsse, erklärt Nagl.
Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass die Bahn ihr Tempo etwas gekostet hat: mit 1,5 Milliarden Euro war die Sanierung am Ende dreimal so teuer wie geplant. Es hätten sich nur wenige Unternehmen beworben, sagt Nagl, bei den kommenden 41 Korridorsanierungen könne man sich bei den Ausschreibungen mehr Zeit lassen. Dort war der politische Druck nicht so groß. Das Durchatmen scheint auch aus einem anderen Grund sinnvoll: Der Bundesrechnungshof monierte bereits, dass die Riedbahnsanierung nur möglich gewesen sei, weil von anderen Schienenprojekten Fachleute und Baugeräte abgezogen worden seien – wodurch diese sich verzögert hätten. Philipp Nagl will trotzdem an dem Konzept der Generalsanierungen festhalten. “Es gibt keine Alternative”, sagt er.
Das Gas-Terminal
Es ist einer der größten Erfolge der Ampelregierung, wenn er auch beinahe unterging im lautstarken Dauerstreit: Die Gasversorgung in Deutschland blieb nach dem Einmarsch der Russen in die Ukraine auch deswegen stabil, weil an der Küste in kurzer Zeit Terminals installiert wurden, über die Flüssiggas (LNG) ins Land kommen konnte. Bereits zehn Monate nach Russlands Angriff, im Dezember 2022, ging etwa das Terminal Wilhelmshaven provisorisch ans Netz. Was entscheidend war? “Beschleunigte Verfahren und viel persönlicher Einsatz des Teams”, sagt Philipp Steinberg, der im Bundeswirtschaftsministerium als Leiter der dafür neu gegründeten Abteilung “Wirtschaftsstabilisierung und Energiesicherheit” verantwortlich war.
Vier Monate nach Kriegsausbruch beschloss der Bundestag das LNG-Beschleunigungsgesetz. Das legt fest, welche Vergabeverfahren beschleunigt und welche Einspruchsfristen verkürzt werden und wo es Ausnahmen von der Umweltverträglichkeitsprüfung gibt. “Die Devise war: Macht alles, was man rechtlich noch irgendwie vertreten kann, wir müssen das Land am Laufen halten”, erinnert sich Steinberg.
Als beim Terminal-Bau in Wilhelmshaven alte Kampfmittel im Wasser gefunden wurden und sie umplanen mussten, wurden die um einige Meter angepassten Baupläne nicht noch einmal zeitraubend öffentlich ausgelegt – wie sonst üblich. Und wenn manches doch sperrig lief, dann habe “auch mal der Robert Habeck oder sogar der Olaf Scholz bei Behördenleitern oder der Kommunalpolitik angerufen”, sagt Steinberg.
Was lässt sich lernen aus dem Projekt? Schließlich wird Friedrich Merz nicht bei jedem Infrastrukturprojekt zum Hörer greifen können, wenn es mal nicht läuft. Es sei gut, sagt der Jurist, dass Verfahren entschlackt würden, so wie es die EU entschieden habe und auch die neue Regierung plane.
Schließlich braucht es dann die passenden Leute, “die mit Energie solche Projekte zum Erfolg bringen wollen”. Denn bei Großprojekten würden Entscheidungen oft nach Ermessen gefällt. “Und da, wo Beamte Ermessensspielraum haben, wählen sie meist die maximale Absicherung, was viel Zeit kostet”, sagt Steinberg.
Geld ist gut, aber das allein reicht nicht. Es kommt auf die Menschen an. Das ist eine Erfahrung, die man am anderen Ende der Republik teilt.
Der Solarpark
Danyal Bayaz war Unternehmensberater und ist inzwischen Finanzminister des Landes Baden-Württemberg. Wenn man den Grünen-Politiker fragt, ob ihn das Sondervermögen freue, kommt er schnell mit einer anderen Zahl: Ein Sechstel des Staatshaushaltes von Baden-Württemberg werde Jahr für Jahr nicht abgerufen. Planungen und Genehmigungen würden zu lange dauern, ob im Land oder vor Ort in den Kommunen.
“Die sich daraus ergebenden sogenannten Ausgabenreste werden steigen, wenn der Staat noch das Sondervermögen obendrauf kippt und sich sonst nichts ändert”, sagt Bayaz. Wie es besser gehen könnte? Bayaz kennt ein paar Vorzeigebeispiele, gerade beim Thema Energie.
Der halbstaatliche Energieversorger EnBW kann viel schneller bauen als früher. Dauerte die Genehmigung eines Windparks im Jahr 2022 noch 36 Monate, sind es mittlerweile etwa acht. Das Land hat die Genehmigungsverfahren beschleunigt – und setzt mehr auf digitale Daten anstatt wie früher auf Aktenordner. Dabei helfen Start-ups wie das Berliner Unternehmen Rulemapping Group, das die Vorprüfung neuer Windkraftanlagen in einem Pilotprojekt im Landkreis Neckar-Odenwald digitalisiert hat. Die Prüfung dauert so nur noch wenige Wochen, früher waren es durchschnittlich eineinhalb Jahre. Nahe Biberach geht dieser Tage der größte Solarpark des Bundeslandes ans Netz. Auch er schneller als geplant, ohne Preiserhöhungen. Was man gelernt hat aus solchen Projekten?
Bund, Land und Kommunen sollten sich gut abstimmen, sagt Bayaz. Denn es gebe schlicht nicht genügend Leute, die planen, nicht genügend Maschinen und Arbeiter, die bauen können, was alles ansteht – wodurch auch die Preise steigen könnten. Und im Zweifel müssten Politik und Verwaltung mehr das Gemeinwohl im Blick haben als die Einzelfallgerechtigkeit, beim Menschen wie beim Tier.
Beim Solarpark Biberach etwa drohte die Baustelle von Frühjahr bis Herbst wegen brütender Feldlerchen stillzustehen. Die EnBW konnte den Baustopp nur abwenden, indem die beauftragten Firmen drum herumbauten. Das sei aber nicht immer möglich, räumt Bayaz ein. Der Grünen-Politiker fordert deswegen, was man von seiner Partei eher selten hört: ein pragmatischeres Verständnis von Umweltschutz. “Es muss darum gehen, die Population einer Art zu schützen und nicht jedes Individuum.”
Und die Politik müsse auch den Bürgern gegenüber konsequenter sein. “Wir erleben bei allen möglichen Investitionen von Staat und Wirtschaft das Prinzip bei Anwohnern: nicht vor meiner Tür”, sagt Bayaz. Egal ob bei Stromleitungen, Windrädern, neuen Straßen oder Fabriken. Diese Haltung könnten die Sondermilliarden nicht ändern. “Damit wir schnell etwas besser machen in der deutschen Infrastruktur, braucht es auch mehr Standfestigkeit der Politik gegenüber Einzelinteressen.” Soll heißen: Wenn das viele Geld zügig investiert werden soll, braucht es auch, nun ja, mehr Rücksichtslosigkeit.
Hinweis: Der vollständige Name des Berliner Unternehmens Rulemapping lautet Rulemapping Group, wir haben den Text entsprechend angepasst.