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Nahost-Liveblog: ++ Ärzte ohne Grenzen kritisieren Verteilzentren ++ | ABC-Z


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Stand: 27.06.2025 15:01 Uhr

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen bezeichnet die Verteilstellen der umstrittenen “Gaza Humanitarian Foundation” als “Todesfallen”. Israels Armee greift erneut Ziele im Libanon an.

Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick:

Mehr als 70 Tote sind nach palästinensischen Angaben durch israelische Angriffe innerhalb eines Tages im umkämpften Gazastreifen registriert worden. Das von der islamistischen Terrororganisation Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium meldete 72 Tote sowie 174 Verletzte in den vergangenen 24 Stunden. Das Ministerium unterscheidet nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten. Die Angaben lassen sich derzeit nicht verifizieren.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen hat die Hilfs-Verteilstellen der umstrittenen “Gaza Humanitarian Foundation” (GHF) als “Todesfallen” bezeichnet. Das von Israel und den USA unterstützte GHF-Verteilprogramm sei “ein als humanitäre Hilfe getarntes Massaker”, schreibt die Organisation in einer Stellungnahme.

Sie fordert ein sofortiges Ende des Hilfsprogramms, eine Rückkehr zu Verteilmechanismen der UN und eine Aufhebung der Blockade des Gazastreifens. Ärzte ohne Grenzen (MSF) werfen der Gaza Humanitarian Foundation vor, mit ihrem Verteilsystem die Palästinenser im Gazastreifen zu entmenschlichen.

Die Notleidenden würden vor die Wahl gestellt, weiter zu hungern oder für minimale Hilfe ihr Leben zu riskieren. Zudem zwinge die Verteilweise tausende ausgehungerte Palästinenser, lange Wege bis zu einem der vier GHF-Verteilpunkte zurückzulegen und “um Essensreste zu kämpfen”.

Libanesische Fernsehsender zeigen Bilder von heftigen Explosionen und von zerstörten Häusern. Die israelische Luftwaffe hat den Berichten zufolge mehr als 20 Angriffe auf Ziele in der Nähe der Stadt Nabatieh im Süden des Landes geflogen, berichtet ARD-Korrespondent Moritz Behrendt aus Tel Aviv

Im vergangenen November war eigentlich ein Waffenstillstand zwischen Israel und dem Libanon in Kraft getreten. Dieser sah unter anderem vor, dass sich die Hisbollah aus dem Grenzgebiet zu Israel zurückzieht. Die israelische Armee hat seit November mehrere hundert Luftangriffe auf das Nachbarland geflogen.

Der libanesische Ministerpräsident Salam verurteilte die neuerlichen Luftschläge als Verstoß gegen die Waffenstillstandsvereinbarung und als Verletzung der Souveränität seines Landes.

Der Iran hat die weitgehende Sperrung seines Luftraums trotz der Waffenruhe mit Israel erneut verlängert. Die Maßnahme gelte zunächst für einen weiteren Tag bis Samstag, 14 Uhr Ortszeit (12.30 Uhr MESZ), berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Irna unter Berufung auf einen Ministeriumssprecher.

Einige Lockerungen und Überfluggenehmigungen gelten aber bereits, und zwar für den Osten des Landes. Der Flughafen in Teheran, Hauptziel internationaler Flüge, bleibt weiterhin geschlossen. Das Tracking-Portal Flightradar verzeichnete vereinzelte Flüge im Osten und entlang der Südostküste Irans.

Der iranische Außenminister Abbas Araghtschi hat Erwartungen an einen baldigen Beginn von Atomverhandlungen mit den USA gedämpft. Es gebe “keine Vereinbarung über die Wiederaufnahme der Gespräche”, sagte Araghtschi in einem Interview des iranischen Staatsfernsehens. “Es wurde kein Zeitpunkt festgelegt, es wurde kein Versprechen abgegeben, und wir haben noch nicht einmal über die Wiederaufnahme der Gespräche gesprochen.”

Der Iran hat angekündigt, dass die am Samstag geplante Trauerfeier für die bei den israelischen Angriffen getöteten Militärchefs und Atomwissenschaftler “historische” Ausmaße haben soll. Zunächst werde es eine Zeremonie auf dem berühmten Platz der Revolution im Zentrum von Teheran geben, sagte Religionsvertreter Mohsen Mahmudi im Staatsfernsehen. “Danach wird die Prozession der Märtyrer zum Platz der Freiheit ziehen” – dieser liegt rund elf Kilometer entfernt.

Israel hätte Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei getötet, wenn sich während des Krieges zwischen beiden Ländern die Gelegenheit dazu geboten hätte. “Wenn wir ihn im Visier gehabt hätten, hätten wir ihn ausgeschaltet”, sagte Verteidigungsminister Israel Katz dem Radiosender Kan. Die israelische Armee habe auch intensiv nach Chamenei gesucht – ihn aber nicht gefunden.

“Chamenei ist tief in den Untergrund gegangen und hat den Kontakt zu den Kommandeuren abgebrochen … deshalb war es letztlich unrealistisch”, sagte Katz am Donnerstagabend dem Radiosender Kan. Zuvor hatte er im Fernsehsender Channel 13 gesagt, Israel werde die Tötungsversuche einstellen, weil “es einen Unterschied zwischen der Zeit vor und nach dem Waffenstillstand gibt”.

Israelische Medien berichteten von sechs Personen, die wegen des Verdachts der Zusammenarbeit mit dem israelischen Geheimdienst hingerichtet worden seien. Verschiedene Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen 8.000 und 20.000 Juden im Iran leben, vor allem in den Städten Teheran und Schiraz. Demnach hätte der Iran die zweitgrößte jüdische Bevölkerung der Region nach Israel.

Im Iran sollen seit Beginn des israelischen Angriffs am 13. Juni mindestens 700 Personen festgenommen worden seien, weil sie angeblich Verbindungen zu Israel pflegen. Darunter seien auch Rabbiner und religiöse Führer, schrieb die französisch-iranische Organisation “Femme Azadi”, die iranische Frauen im Exil vertritt, auf der Plattform X. Die Vorwürfe gegen die Festgenommenen entbehrten jedoch jeder Grundlage.

Die seit langem angespannten Beziehungen zwischen Spanien und Israel steuern auf einen neuen Tiefpunkt zu. Das Außenministerium in Madrid bestätigte Medienberichte, dass es den Geschäftsträger der israelischen Botschaft in Madrid, Dan Poraz, einbestellt habe. In der Diplomatie gilt dies als scharfe Form des Protests.

Poraz habe eine “inakzeptable Erklärung über die spanische Regierung” veröffentlicht, teilte das Ministerium mit. Israels Botschaft hatte Spanien auf der Plattform X einen “antiisraelischen Kreuzzug” vorgeworfen, weil es die iranischen Angriffe auf Israel nicht verurteilt habe und stattdessen eine Aussetzung des Partnerschaftsabkommens zwischen der EU und Israel gefordert hatte. 

Eine Botschafterin hat Israel derzeit nicht in Madrid, weil sie schon 2024 aus Protest gegen die Ankündigung einer Anerkennung Palästinas durch Spanien abgezogen worden war.

Die israelische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben Stellungen der Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon angegriffen. Es habe sich um einen Teil eines unterirdischen Stützpunkts gehandelt, zitierten israelische Medien einen Armeesprecher. Die Hisbollah habe versucht, unterirdische Stellungen wiederherzustellen und damit gegen die Waffenstillstandsvereinbarung verstoßen.

Aus Sicherheitskreisen in Beirut war zu hören, es habe mindestens fünf schwere Luftschläge auf Hügeln nahe der Stadt Nabatije gegeben. Über Tote und Verletzte gab es zunächst keine Angaben.

Nach dem Krieg mit Israel will der Iran alle Ausländer ohne gültigen Aufenthaltstitel ausweisen – darunter viele Afghanen. Häuser und Wohnungen, die an Afghanen vermietet sind, sollen beschlagnahmt oder versiegelt werden, berichtet die iranische Nachrichtenagentur Mehr unter Berufung auf einen Brigadegeneral der Grenzpolizei. 

Im Zuge des Kriegs mit Israel hatten Irans Sicherheitsdienste auch Afghanen für Sabotageakte und verdeckte Operationen verantwortlich gemacht. In dem Land leben nach unterschiedlichen Schätzungen mehrere Millionen Afghanen, viele ohne legalen Aufenthaltsstatus. In den Metropolen arbeiten viele von ihnen im Niedriglohnsektor, etwa in kleinen Supermärkten oder auf Baustellen. 

Bei Israels Angriff auf das berüchtigte Ewin-Gefängnis in der iranischen Hauptstadt Teheran sind Berichten zufolge mehrere Zivilisten ums Leben gekommen. Unter den Toten waren unter anderem eine Sozialarbeiterin und ihr Sohn, wie die Tageszeitung Shargh berichtet. Erst drei Tage nach dem Angriff seien die Leichen aus den Trümmern geborgen worden.

Am Montag hatte die israelische Luftwaffe Teile der Haftanstalt Ewin bombardiert – laut israelischer Darstellung ein symbolischer Schlag gegen Irans Regierung. Iranische Aktivisten und ehemalige Insassen reagierten mit scharfer Kritik: Der Angriff gefährde das Leben politischer Gefangener und verhöhne deren Schicksal. In Ewin sind auch mehrere Europäer inhaftiert, die der Iran immer wieder als Druckmittel in internationalen Verhandlungen nutzt.

Laut den SOS-Kinderdörfern nimmt die Ernährungsnot im Gazastreifen dramatische Ausmaße an: Inzwischen litten viele Kinder an akuter schwerer Mangelernährung, die rasch zum Tod führen könne, sagte eine Mitarbeiterin vor Ort, deren Name aus Sicherheitsgründen nicht genannt wurde. An Lebensmittel-Verteilungsstellen komme es immer wieder zu Konflikten und Todesfällen. “Mütter und Väter haben ihr Leben verloren, nur weil sie versucht haben, ihre Familien zu ernähren”, so die Helferin. Zum Kochen fehle es an Treibstoff, sodass die Menschen dafür inzwischen Plastik verbrennen würden.

Auch im Camp der SOS-Kinderdörfer in Rafah könnten Kinder nur eingeschränkt versorgt werden. “Nachts wach ich auf und frage mich, wie lange wir überhaupt noch Essen für die Kinder haben”, sagte die Mitarbeiterin. Es brauche dringend einen dauerhaften humanitären Korridor, um die Zivilbevölkerung zu schützen.

Die EU-Staats- und Regierungschefs fordern von Israel eine bessere Versorgung der palästinensischen Bevölkerung in Gaza und von der Hamas eine Freilassung der israelischen Geiseln. “Der Europäische Rat fordert einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza und die bedingungslose Freilassung aller Geiseln, um zu einer dauerhaften Beendigung der Feindseligkeiten zu gelangen”, erklärten die Staats- und Regierungschefs am Donnerstagabend in Brüssel in den Schlussfolgerungen nach einer Diskussion über den Nahen Osten. “Israel muss seinen Verpflichtungen nach dem Völkerrecht, einschließlich des humanitären Völkerrechts, uneingeschränkt nachkommen.” Zudem wird die Siedlergewalt gegen Palästinenser im Westjordanland kritisiert.

US-Außenminister Marco Rubio und der pakistanische Ministerpräsident Shehbaz Sharif haben am Donnerstag (Ortszeit) ein Telefongespräch über die Förderung eines dauerhaften Friedens zwischen Israel und dem Iran geführt. “Die beiden Staatsmänner bestätigten die Bedeutung der Zusammenarbeit zur Förderung eines dauerhaften Friedens zwischen Israel und dem Iran”, so das US-Außenministerium in einer Erklärung. Pakistan hatte die Angriffe Israels und der USA auf den Iran verurteilt.

Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) sieht auch die Europäer bei möglichen Verhandlungen mit dem Iran über dessen Atomprogramm in einer guten Position. “Wir haben ein ganz gutes Blatt”, sagte Wadephul in der ZDF-Talksendung Maybrit Illner. Die Europäer könnten mit dem sogenannten Snapback-Mechanismus Sanktionen gegen Teheran auslösen. “Wir haben einen echten Trumpf. Das weiß man in Washington und das werden wir gemeinsam abgestimmt nutzen.” Ziel sei es weiter, zu einer Verhandlungslösung zu kommen. 

Der Iran will laut Angaben seines Außenministers prüfen, ob Gespräche mit den USA im Interesse des Landes seien. Auf eine Drohung von Irans oberstem Führer Chamenei reagierten die USA gelassen.

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