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Sport-Spitzen im Sportausschuss: Ungeduld auf beiden Seiten | ABC-Z

Eine gute Gelegenheit, um über die „Weichenstellungen für den Sport in den nächsten Jahren“ zu sprechen, wie Thomas Weikert das sagte, war es allemal. Die neue Regierung seit ein paar Wochen im Amt, der Haushaltsentwurf gerade vom Kabinett verabschiedet, und der Sportausschuss hatte sich zu Beginn der Legislatur gleich mal einige Sport-Spitzen geladen, um sich ein Stimmungsbild zu verschaffen.

Neben Weikert, dem Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), war auch Hans-Jörg Michels da, der neue Präsident des Deutschen Behindertensportverbands (DBS), und Johannes Herber, der Geschäftsführer von Athleten Deutschland. Und weil Christiane Schenderlein drei Wochen nach ihrem – inhaltlich eher unverbindlichen – Antrittsbesuch als Staatsministerin gleich wieder vorbeischaute, war es schon ein kleiner Gipfel am Mittwoch im Paul-Löbe-Haus.

Wenn die Politik bei dieser Gelegenheit also dem Sport den Puls fühlte, dann spürte sie vor allem eines: Unruhe. Man könnte auch sagen: Ungeduld. Denn wenngleich Weikert dahin gehend antichambrierte, dass „Sport und Politik sich als Partner verstehen“, mit dem Ziel, „Deutschland in Bewegung zu bringen“, hängt vom Ende der vorherigen Regierung noch ein anderes Gefühl nach: das des auf der Strecke Stehen- (oder Stecken-)Geblieben-Seins.

„Wir brauchen die Bundesmilliarde, und zwar jährlich“

Herber nutzte die Gelegenheit zu einem Appell, gleich die ganze Sportförderung neu zu denken. „Sorgen Sie für Klarheit“, rief er den Abgeordneten zu, und: „Machen Sie es anders.“ Das Ziel der Athleten ist schon länger eine umfassende nationale Spitzensportstrategie im Sinne eines erfolgreichen Sports, in die „natürlich“ auch eine Olympiabewerbung einzubetten sei. Derzeit gebe es aber nicht einmal Konsens darüber, was „erfolgreich“ bedeute. Medaillen? Breite? Vielfalt? Identifikation? „Wir wollen aktuell alles, bekommen aber zu wenig“, lautete sein Fazit. Damit ging es – ungewöhnlich genug in diesem Kontext – nicht mal ums Geld, wobei die Einrichtung des Zentrums für Safe Sport, die Herber besonders wichtig war, schon auch daran hängt.

Im Mittelpunkt hatte die Mittel-Frage zuvor bei Weikert gestanden. Zwar begann der DOSB-Chef seinen Fünf-Punkte-Katalog, bei dem er den Abgeordneten mit der Frage „Was können Sie tun?“ jeweils konkrete Handlungsempfehlungen an die Hand gab, mit den Olympischen und Paralympischen Spielen, die er einen „Katalysator für einen gesellschaftlichen Wandel zu mehr Bewegung, Zusammenhalt und Zuversicht“ nannte. Am unruhigsten wirkte er aber bei Punkt zwei, der Forderung nach der sogenannten Bundesmilliarde (oder „Sportmilliarde“): „Wir brauchen die Bundesmilliarde, und zwar jährlich“, sagte er. In Verbindung mit der Qualifikation des Sports für das Sondervermögen für die Länder gebe es die „einmalige Chance, eine echte Modernisierungsoffensive zu starten“, sagte er.

Das Problem ist nur: Aktuell fragt sich nicht nur Weikert, mit wie viel der Sport eigentlich rechnen kann. Aus der Milliarde jährlich, wie sie einmal in Aussicht gestellt war, wurde zuerst eine in der ganzen Legislatur, und nun ist nicht abzusehen, ob es die überhaupt wird. Das Glas sei „halb voll beziehungsweise halb leer“, sagte Weikert, und auch wenn außerhalb des Sports mancher findet, dass diesem durchaus nicht schlecht eingeschenkt wurde, sollte das heißen: bei Weitem nicht gut genug.

In jedem Fall hat der Sport diesbezüglich gerade einige Fragen an die Politik: Auf welchem Weg etwa kommt das Sondervermögen eigentlich an den Sportler beziehungsweise den Sportplatz? Wofür konkret sollen die 100 Millionen verwendet werden, die vom kommenden Jahr an zusätzlich im Sportetat stehen? Wer entscheidet letztlich über die 40 Millionen, die darüber hinaus jährlich ans Bauministerium fließen, und warum landete das Geld nicht direkt im Sport? Was ist davon zu halten, dass dessen Etat derzeit noch im Innenministerium von Alexander Dobrindt geführt wird und nicht bei der Staatsministerin? Die wiederum wirbt in inhaltlichen Detailfragen bislang um Geduld.

Was noch auffiel: dass es umgekehrt auch in der Politik eine gewisse – wachsende? – Ungeduld mit dem Sport zu geben scheint. Weikert musste ein paar Nachfragen zum olympischen Bewerbungsprozedere beantworten, das nun schon einige Wendungen hinter sich hat. Ob es etwa sinnvoll ist, den Prozess mit vier Bewerbern als Langstrecke bis September 2026 anzulegen – nicht nur aus Gründen des Ressourceneinsatzes, auf den Jens Lehmann von der Union hinauswollte, sondern auch mit Blick auf die internationale Wahrnehmung und die damit verbundenen Chancen.

Es komme ihr vor, als „kreisen wir innerdeutsch um uns selbst“, sagte Bettina Lugk, die neue sportpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Weikert versuchte, diese Bedenken zu zerstreuen. International werde nicht nach der konkreten Stadt gefragt, sondern nach einer deutschen Bewerbung als solcher – und diese würde „gerne gesehen“. Bei der Frage hingegen, wie eigentlich das Gremium aussehe, das die sogenannte sportfachliche Prüfung der vier Bewerber vornimmt, sagte er so gut wie nichts, was wohl auch etwas über den Prozess und seinen obersten Hüter verriet.

Als Herber später aufzählte, was der deutsche Sport brauche, „klare Ziele, klare Führung, klare Prinzipien“, war zwar die Politik angesprochen. Aber es ist kein Geheimnis, dass diese Punkte gerade auch im Sport ein Thema sind.

Und damit noch zum zweiten Punkt der Tagesordnung: Ungeduld war auch bei der Vorschau auf die World University Games, die in knapp drei Wochen beginnen, zu erkennen, auf den ersten Blick sogar in ihrer positiven Form, der Vorfreude. Organisatoren wie Abgeordnete schienen es kaum erwarten zu können, dass die Wettkämpfe losgehen. Auch weil der Vorlauf einer voller Hindernisse war? Unter anderem war Düsseldorf als Austragungsort ab-, Berlin eingesprungen. Bestimmt aber, weil man sich (also den Steuerzahler) dieses Event – wie auch die World Games 2029 in Karlsruhe – ganz schön etwas kosten lässt. Die Zahl hatte der Vertreter des Innenministeriums schnell parat: 67,5 Millionen Euro vom Bund und noch einmal so viel vom Land.

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