RB Leipzig: Jetzt neu in Leipzig: Bescheidenheit | ABC-Z

Am Dienstag teilte RB Leipzig auf seinen Kanälen in den Sozialen Netzwerken ein Bild. Darauf zu sehen: eine Energy-Dose, na klar, ein markiger PR-Spruch (“A piece of us”) und eine Basecap mit dem Logo des Klubs. Moment! War das nicht das Markenzeichen von Jürgen Klopp? Jenem menschgewordenen Vulkan, der nun im Fußballkosmos von Red Bull tätig ist? Wird er etwa Trainer in Leipzig?
Falls jemand deswegen in Schnappatmung verfallen sein sollte, dann höchstens kurz, denn wenig später löste RB auf, dass es um einen ziemlich gegenteiligen Cappy-Träger geht. Am Dienstag machte der Klub offiziell, worüber seit etwa zwei Wochen schon alle berichteten: Ole Werner, der ehemalige Trainer des SV Werder, übernimmt den letzten offenen Trainerposten der Bundesliga.
Bei den Fans löste die Personalie bislang keine wirklichen Jubelstürme aus. Dieser schnöde, kalte Analytiker aus dem Norden? Ist ja nett, dass er in Kiel und Bremen gute Arbeit gemacht hat, aber in Leipzig sieht man sich als dauerhaften Champions-League-Anwärter, mit etwas mehr Glanz als das Bundesligamittelmaß vom Osterdeich.
Was für ein Coup Fàbregas gewesen wäre!
Nachdem Leipzig zunächst Cesc Fàbregas haben wollte und auch andere Namen gehandelt wurden, klingt Werner nach der kleinen Lösung. Andererseits könnte er genau deshalb der richtige sein. Weil der Klub verstanden zu haben scheint, dass er sich neu erfinden muss, um nicht dauerhaft im Mittelfeld zu versinken. Werner repräsentiert eine Tugend, die RB verloren gegangen ist. Eine Tugend, die nicht so recht zum Image der Leipziger passen mag, aber einst zum Aufstieg beitrug: Bescheidenheit.
Vor 86 Tagen entließ RB Leipzig den lange erfolgreichen Marco Rose. Das Ziel war es, irgendwie die Saison zu retten und noch die Champions League zu erreichen. Daraus wurde nichts, denn auch Jürgen Klopps Intimus Zsolt Lőw konnte aus dem Team nichts herausholen, was reif für die Königsklasse wäre.
Nach dem letzten Saisonspiel, an dem gegen den VfB Stuttgart mal wieder eine Führung verspielt wurde, fasste Lőw treffend zusammen: “Die Mannschaft muss eine Mannschaft werden.” Auch der Conference-League-Startplatz ging verloren und Lőw sprach aus, was allen klar war: “Wir sind an einem Punkt angelangt, wo wir anhalten und schauen müssen, was wir richtig und was wir falsch gemacht haben.”
Da war schon der spanische Weltmeister Cesc Fàbregas vom italienischen Erstligisten Como 1907 als Wunschtrainer auserkoren worden. Treffen fanden statt, gegenseitiges Interesse wurde bekundet. Der Name hat Gravitas und der ehemalige Weltklassespieler gilt als heiße Aktie auf dem Trainermarkt. Was ein Coup das für Leipzig gewesen wäre!
Doch Anfang Juni untersagte der indonesische Besitzer von Como einen Wechsel. Nur wenige Tage zuvor hatte Werder Bremen Ole Werner vor die Tür gesetzt, nachdem der 37-Jährige deutlich gemacht hatte, höhere Ambitionen als das Bundesliga-Mittelfeld zu hegen und seinen bis 2026 laufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen.
Öffnet der Name Klopp doch nicht so viele Türen?
So kam auf einmal zusammen, was vielleicht auf den ersten Blick nicht zusammen passte. Wobei, nach allem, was zu hören ist, vor allem Jürgen Klopp in die Personalie involviert gewesen sein soll. Seine Aufgabe als Head of Global Soccer ist aktuell unter anderem, losgelöst vom Tagesgeschäft die Spieler- und Trainermärkte zu beobachten. Um im Fall des Falles die passenden Personalien zu besorgen.
Nachdem sich die Trainersuche aber einige Wochen hingezogen hatte, unkten manche, dass der Name Klopp wohl doch nicht so viele Türen öffnet, wie gedacht. Andererseits könnte auch eine andere Wahrheit eine Rolle spielen: Ohne Champions League ist der Standort Leipzig für die allerbegehrtesten Spieler und Trainer offenbar nicht mehr wahnsinnig attraktiv.
Mit drei Kandidaten hat sich der Sportgeschäftsführer Marcel Schäfer nach Informationen von ZEIT ONLINE getroffen. Einer davon war Fàbregas, ein Zweiter war Werner. Auf ihn fiel die Wahl. Vielleicht erst mal eine Zweckehe? Immerhin verbindet beide Seiten, dass sie höhere Ambitionen hegen, als der sportliche Status quo bietet. Auffällig ist, dass der Vertrag zunächst nur für zwei Jahre geschlossen wurde.
Andererseits könnte Werner dem Club etwas zurückgeben, was ihn lange ausgezeichnet hat: Ehrgeiz und Bescheidenheit. Das klingt zunächst etwas seltsam, weil der Hauptsponsor mit viel Geld die sportliche Entwicklung anstieß und extrem beschleunigte. Andererseits waren aus dem Team damals selten Extravaganzen bekannt.