Trump verkündet das Ende des 12-Tage-Krieges – wirklich? | ABC-Z

Washington. US-Präsident lässt erst Bomben regnen, Iran rächt sich ein bisschen – und plötzlich soll Frieden sein zwischen Tel Aviv und Teheran.
Gestern noch Sorge vor einem Flächenbrand im Nahen Osten mit dem Potenzial zum Dritten Weltkrieg – heute Waffenstillstand zwischen Israel und Iran? Dazwischen Donald Trump, der das Kostüm des Kriegsherrn, der erst mit über einem Dutzend Mega-Bomben die Atomanlagen Teherans eindecken lässt und vom Sturz der klerikalen Mullahs schwadroniert, mit dem des Friedensstifters so schnell wechselt, dass einem schwindelig wird.
Man muss die Achterbahnfahrt, die am Montag aus dem Nahen Osten heraus die Welt in Atem hielt, nicht auf Anhieb verstehen – aber das an eine überdrehte Netflix-Serie erinnernde Geschehen, wie Trump es darbietet, ist offenbar die neue Wirklichkeit im 21. Jahrhundert.
Statt Gegenwehr präsentieren die USA die Friedensbedingungen
Nur wenige Stunden, nachdem der Iran in einer Art Pseudo-Vergeltung (Wir bestrafen euch, aber wir warnen euch rechtzeitig) für das Füsilieren von Fordo & Co. Raketen auf die größte US-Basis im Nahen Osten (Katar) abgefeuert hatte, erklärt der amerikanische Präsident nicht etwa die harsche Bestrafung des wackelnden Regimes. Sondern die Rahmenbedingungen für einen zügigen Waffenstillstand, dem sowohl der Iran als auch Israel bereits zugestimmt hätten.
Gestern Kriegsherr, heute Friedensfürst? Donald Trump hat am Montag Freund und Feind verwirrt.
© AFP | BRENDAN SMIALOWSKI
Der Krieg, dem Trump sofort ein griffiges Label verpasste – „12-Tage-Krieg” – sei damit de facto beendet. Wie bitte? Achtung! Anschnallen: Zuerst werde der Iran ab Mitternacht (von Montag auf Dienstag) für zwölf Stunden die Waffen schweigen lassen. Danach werde Israel für zwölf Stunden selbiges tun. Macht zusammen 24 Stunden ohne Raketen, Zerstörung und Tote.
Trump: Nach Ablauf einer Frist solle Frieden als beendet gelten
Nach Ablauf dieser Frist, so Trump, dürfe der Krieg dann als vollständig beendet betrachtet werden, erklärte Trump. Natürlich nicht in einer ausgefeilten Rede. Sondern in einem seiner inflationären Beiträge auf seinem Kommunikationsportal Truth Social. Wer nicht mitgerechnet hat: In Europa wäre das militante Treiben, das Israel am 13. Juni begonnen hatte, damit am Mittwochmorgen vorbei. Wäre.
Schönheitsfehler bisher: Weder die Regierung in Tel Aviv noch die in Teheran haben den Überraschungs-Coup durch offizielle Erklärungen beglaubigt. Aber es gab auch kein Dementi.
Wie gebannt schauten Fernsehsender wie Zeitungsredaktionen dagegen auf das Infotainment Trumps: „In der Annahme, dass alles so funktioniert, wie es soll – und das wird es – möchte ich beiden Ländern, Israel und Iran, gratulieren: Zu ihrem Durchhaltevermögen, ihrem Mut und ihrer Intelligenz, einen Konflikt zu beenden, der als der 12-Tage-Krieg in die Geschichte eingehen sollte.” Besser jedenfalls als die andere Perspektive: „Das ist ein Krieg, der noch Jahre hätte andauern können, und der den ganzen Nahen Osten hätte zerstören können, aber so kam es nicht – und so wird es nicht kommen.”
Wirklich?
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US-Medien berichteten kurz vor Trumps Sensations-Beitrag, dass der Iran keinen Waffenstillstandsvorschlag erhalten habe und im übrigen auch keinen Grund dafür sehe. Aus Israel war zu diesem Zeitpunkt lediglich überliefert, dass man dort anpeilt, alle Feindseligkeiten gegen den Iran bis zum Wochenende abzuschließen; denn bis dahin habe man seine Ziele erreicht.
Vance: Trump habe israelischen Premierminister zur Waffenruhe überredet
Wie die Blitz-Annäherung zwischen Israel und Iran bewerkstelligt wurde, so sie denn authentisch sein sollte, blieb diffus. Vize-Präsident JD Vance erklärte im Fernsehen, dass Trump Israels Premierminister Benjamin Netanjahu zur Einstellung aller militanten Aktivitäten überredet habe. Trump habe darauf den Emir von Katar gebeten, die gleichen Anstrengungen mit der iranischen Seite zu unternehmen. Später sickerte durch, dass Außenminister Marco Rubio und Trumps Allzweck-Sonder-Emmissär Steve Witkoff die iranische Seite bearbeiteten. Die Botschaft, die sie mitbrachten: Netanjahu sei einverstanden, wenn der Iran mitspielt.

Iranische Raketen über Doha in Katar – alles nur Show. Die Amerikaner waren vorgewarnt.
© IMAGO/Anadolu Agency | IMAGO/Stringer
Zuvor hatte der Iran als Antwort auf die spektakuläre Bombardierung seiner Atomanlagen in Fordo, Isfahan und Natanz durch Bunker brechende US-Bomben zur Gesichtswahrung die größte US-Militärbasis im Nahen Osten – Al-Udeid in Katar am Persischen Golf – attackiert.
Aber in einer Form, die mit symbolisch noch harmlos beschrieben wäre. Katar, traditionell dem Iran verbunden, wie auch die amerikanische Seite wurden weit im Vorfeld von Teheran vorgewarnt, um zu verhindern, dass Menschen zu Schaden kommen. Auf Al-Udeid sind 10.000 Amerikaner stationiert. Wäre auch nur einer verletzt oder getötet worden, so hieß es aus Regierungskreisen, hätte Trump „die Hölle entfacht”.
Iranische Raketen wurden von US-Abfangsystemen abgewehrt
Sämtliche Raketen, die das Regime abfeuern ließ, wurden von US-Abfangsystemen rechtzeitig neutralisiert. Niemand wurde verletzt oder sogar getötet. Würde Trump trotzdem massiv darauf antworten und so möglicherweise eine Eskalation befördern?
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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Im Gegenteil. „Ich möchte dem Iran dafür danken, dass er uns frühzeitig informiert hat, wodurch keine Menschenleben zu beklagen sind und niemand verletzt wurde“, schrieb Trump auf Truth Social und fügte hinzu: „Vielleicht kann der Iran nun zu Frieden und Harmonie in der Region übergehen, und ich werde Israel enthusiastisch dazu ermutigen, dasselbe zu tun.“
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Trump konnte sich bei seinen wie im Fieber geschriebenen Kommentaren einen Seitenhieb auf das aus seiner Sicht am Boden liegende Mullah-Regime nicht ersparen. Was die Iraner in Katar veranstaltet hätten, mokierte er sich, sei eine „sehr schwache Reaktion” gewesen, „die wir erwartet haben und der wir sehr wirksam begegnet sind.“
Khamenei: „Werden uns keiner Aggression unterwerfen“
Geradezu handzahm fiel die Reaktion des zuletzt aus Angst, getötet zu werden, tagelang abgetauchten Religionsführers Ali Khamenei aus: „Wir haben niemanden angegriffen und werden niemals akzeptieren, von irgendjemandem angegriffen zu werden“, erklärte der Ayatollah, „wir werden uns keiner Aggression unterwerfen – das ist die Logik der iranischen Nation.“
Trump würde das nicht unterschreiben. Für ihn hat sich der Iran nicht nur unterworfen – er ist gebrochen.