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Keine Euroleague, weniger Budget: Nach Euroleague-Aus: Auf Alba Berlins Basketballer wartet eine Zäsur | ABC-Z

Stand: 11.06.2025 10:56 Uhr

Nach der Saison ist vor der Saison. Zwei Wochen nach dem frühen Playoff-Aus, ist bei Alba Berlin ein komplizierter Sommer angelaufen. Fehlende Euroleague-Reize, ein sinkendes Budget und US-Unis erschweren den Umbruch. Von Jakob Lobach

  • Alba Berlins Basketballer stehen vor dem größten Umbruch seit Jahren
  • Der Abschied aus der Euroleague hat einschneidende Effekte auf den Spieleretat
  • Sportdirektor Himar Ojeda braucht mehr denn je Geduld bei der Kaderplanung
  • Zahlungskräftige US-Colleges stellen den gesamten deutschen Basketball vor Probleme

Tim Schneider, Jonas Mattisseck, Malte Delow – in den vergangenen Jahren bildete das Trio von Alba Berlin eine Art Heiligtum des Berliner Basketballs. Selbst in Zeiten großer Umbrüche waren die gebürtigen Berliner stets feste Säulen. Drei Eigengewächse, die symbolisch für die fruchtbare Jugendarbeit des Vereins stehen, die ihm auch in schweren Zeiten ein erschütterungsfestes Fundament bieten.

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“Einer der schwersten Sommer”

Folglich wurde man bei Alba Berlin ordentlich durchgeschüttelt, als Tim Schneider vergangene Woche nach 14 Jahren und 477 Spielen seinen Abschied aus Berlin verkündete. Es war ein erstes Symptom der Zäsur, die den Verein in diesem Sommer erwartet. Ein Umbruch, in dem es allen voran auf den lange hochgelobten, zuletzt allerdings oft kritisierten Sportdirektor Himar Ojeda ankommen wird. Der allerdings muss sich mit einem sinkenden Budget und den Folgen des Euroleague-Abschieds herumschlagen.
 
“Es ist einer der schwersten Sommer, die ich bislang hatte”, sagt Ojeda im Gespräch mit rbb|24. Dabei musste dieser bereits in den vergangenen Sommern bei seiner Kaderplanung zunehmend sparen. In anderen Worten: Er musste auf das Entwicklungspotenzial junger Talente setzen. Das einzige, aber unüberwindbar große Problem: Anders als seine früheren Wetten – namentlich beispielsweise Luke Sikma, Johannes Thiemann oder Simone Fontecchio – gingen die jüngsten nicht auf.
 
Noch unerfahrene Akteure wie Gabriele Procida und Mateo Spagnolo, aber auch erprobte Anführer wie Louis Olinde ließen ihre großen Potenziale weitestgehend unausgeschöpft. Nun steht ein Verbleib in Berlin mindestens infrage, so wie bei vielen anderen Alba-Akteuren auch. Bei Edelwerfer Matt Thomas und Big Man Yanni Wetzell ist er nahezu augeschlossen, und selbst der Alba auch persönlich sehr verbundene Martin Hermannsson dürfte nur schwer zu halten sein.

Albas Kader wird verkleinert

Bestätigen will Himar Ojeda zwar noch keine weiteren Abgänge, gleichzeitig sagt er: “Das sind Spieler, die weiterhin in der Euroleague spielen wollen und um das Geld wissen, das die Teams ihnen dort bezahlen können.” Für Spieler wie sie ist Alba spätestens jetzt, wo man die große Bühne der Euroleague gegen die Champions League getauscht hat, nur noch bedingt interessant.
 
Die Folge der anstehenden Abschiede ist, dass Alba wohl mit mehr neuen als bekannten Gesichtern in die kommende Saison gehen wird. Außerdem werden es vermutlich nur noch zwölf statt zuletzt 15 sein. Aber auch diese zwölf Spieler müssen erst einmal gefunden werden. “Durch die Euroleague gehörten wir auf dem Markt zuletzt zu einer Gruppe direkt nach den Top-Teams wie Madrid oder Fenerbahce”, sagt Ojeda, “jetzt messen wir uns mit den Klubs im Eurocup, in der Champions League und der finanzstarken spanischen Liga.”

Im Umbruch gefodert: Sportdirektor Himar Ojeda (l.) und Geschäftsführer Marco Baldi | Bild: IMAGO/camera4+

Albas Etat schrumpft ebenfalls

Die größte Herausforderung ist der deutlich kleinere Spieleretat, mit dem die Berliner in die kommende Saison gehen werden. “Wir zahlen so viel Miete wie sonst kein Klub in Europa”, gab Geschäftsführer Marco Baldi jüngst auf Albas Webseite an. Hinzu kommen sinkende Ticketerlöse durch weniger Heimspiele in der Champions League gegen weniger attraktive Gegner sowie geringere Sponsorengelder und fehlende Einnahmen aus der verkorksten Vorsaison.
 
Das finanzielle Loch, das dadurch entsteht, ist laut Ojeda einschneidend. Der rund acht Millionen Euro große Etat, den Alba inklusive Sozialabgaben vergangene Saison für seine Männermannschaft hatte, dürfte diesen Sommer folglich um mehrere Millionen schrumpfen.
 
Damit werden auch die Träume rund um die großen deutschen Basketballnamen erst einmal zu Illusionen. Noch im vergangenen Sommer tuschelten Albas Anhänger hoffnungsvoll über die Weltmeister Johannes Voigtmann und Maodo Lo. Diesen Sommer könnte der hoch veranlagte, aber international unerfahrene Norris Agbakoko Albas deutscher Königstransfer bleiben. Die Abgänge von Schneider und dem eingebürgerten Wetzell zu ersetzen, bezeichnet Ojeda als “nahezu unmöglich”.

Albas abgewandertes Eigengewächs: Elias Rapieque | Bild: IMAGO/camera4+

Vorfreude trotz vieler Herausforderungen

Unter anderem, weil sich Elias Rapieque jüngst an ein US-College verabschiedete. Als eines von zuletzt vielen Alba-Eigengewächsen entschied der 21-Jährige sich gegen die Basketball Bundesliga (BBL) und für das noch größere Geld. Allein in diesem Sommer taten es ihm vier weitere deutsche Top-Talente gleich. Himar Ojeda spricht von jeweils 500.000 bis 1,5 Millionen Euro, die das Quintett um Rapieque und Vechtas Johann Grünloh in den USA jährlich verdienen werde. In der BBL, auch im erweiterten Kreis der deutschen Nationalmannschaft, würden solche Summen die 18- bis 21-Jährigen schlagartig zu Top-Verdienern machen.
 
Trotz all dieser komplizierten Aspekte in Ojedas schwerem Sommer erklärt der Spanier glaubhaft, sich auch auf die kommenden Wochen und Monate zu freuen. Schließlich bedeutet ein Umbruch auch stets, dass man einen nur bedingt ausbalancierten Kader korrigieren und etwas Neues gestalten kann. Und wenngleich sich dies in den vergangenen Sommer als schwierig erwies, hat Albas Sportdirektor in der Vergangenheiten auch schon mehrfach bewiesen, dass er hierzu sehr wohl in der Lage ist – zum Beispiel im Sommer 2018, als er im Eurocup das spielerische Grundgerüst für Albas Aufstieg und Jahre in die Euroleague baute.
 
Hoffnung macht hierbei, dass Alba laut Ojeda trotz der budgetären Kürzungen weiterhin den zweithöchsten Etat der BBL haben wird – und natürlich die NBA Europe, die am Horizont herumwabert. Die wurde von Alba zuletzt auch offiziell zum großen Ziel erklärt und könnte bei dessen Erreichen in einigen Jahren für die nächste große, dann positivere Berliner Basketball-Zäsur sorgen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 09.06.2025

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