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Kulturfonds Bayern: Steuergelder für ein Projekt, das es nicht gibt – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z

Wenn Geld aus dem Kulturfonds Bayern fließt, ist das den Stimmkreisabgeordneten allemal eine Pressemitteilung wert: Der „Verein Futurevision e.V. aus Geretsried“ erhalte 11 100 Euro für das Projekt „Kunst- und Klimagarten Gelting“, eine „Fortsetzungsmaßnahme“ zur kulturellen Bildungsarbeit im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, verkündeten Thomas Holz (CSU) und Florian Streibl (Freie Wähler) am Mittwoch unisono.  Bereits im Vorjahr war das auf zwei Jahre angelegte Projekt mit 23 000 Euro aus dem Kulturfonds bedacht worden. Was sich auf Rückfrage in den Büros der Landtagsabgeordneten nicht erfahren ließ: Wer steht hinter dem Verein? Und wo, bitte, ist der Kunst- und Klimagarten Gelting?

„Nie gesehen, nie gehört“, lautet die einhellige Antwort von Kulturschaffenden und Kommunalpolitikern in Geretsried und Wolfratshausen. Zwischen den beiden Städten an Isar und Loisach liegt das Dorf Gelting und ein gleichnamiges Gewerbegebiet. Ein Verein namens Futurevision ist dort bislang weder mit Ausstellungen noch mit Mitmachangeboten in Erscheinung getreten. Ein Garten? Wenigstens eine Homepage? Fehlanzeige.

Was also passiert mit den Steuergeldern, die aus der Staatskasse nach Gelting fließen? Es ist immerhin das einzige Projekt im Landkreis, das aus dem  „Kulturfonds Bayern 2025 – Kulturelle Bildung“ gefördert wird.

Das Kultusministerium teilt auf Anfrage mit, es gehe bei dem Projekt um „partizipative und künstlerische Workshops zu den Themen Klimawandel, gesunde Ernährung, regenerative Landwirtschaft und transformative Lebensweisen“.  Und weiter: „Professionell angeleitet erstellen Kinder, Jugendliche und erwachsene Laien Zeichnungen, Malereien, Skulpturen, literarische Texte und innovative Gartenkonzepte.“

Das Ministerium sei nicht befugt, Namen oder Kostenpläne herauszugeben, erklärt der Pressesprecher. Die Fachstelle habe den Förderantrag geprüft. „Die Bewilligung und Auszahlung nach Projektfortschritt sowie die Abrechnung der Fördermittel erfolgen durch die örtlich zuständige Regierung von Oberbayern.“ Eine schriftliche Anfrage an diese bleibt bis Freitagmittag unbeantwortet.

Den Verein, das kann man im Handelsregister nachlesen, haben Silke Kraus und Benedikt Müller 2013 gegründet. Silke Kraus, das ergibt eine weitere Internetrecherche, leitet seit 2020 eine Unternehmensberatung in Wolfratshausen. Ihr Name: Futurevision. „Mit Kreativität, Mut und Entschlossenheit begleiten wir Menschen und Unternehmen bei ihrer Weiterentwicklung zu einer nachhaltigen Lebens-, Arbeits- und Wirtschaftsweise“, heißt es auf der Homepage. Silke Kraus, „CEO und Sustainable Leadership Consultant“, stellt sich vor als „innovative Change-Makerin und ergebnisorientierte Lösungsfinderin mit Hands-on-Mentalität“.

„Man hat mich schon vorgewarnt“, sagt die Unternehmerin

Einen Anruf nimmt sie freundlich entgegen: „Man hat mich schon vorgewarnt“, sagt sie. Wer genau? „Das Kultusministerium.“ Alles Weitere würde sie gerne vertraulich besprechen, sonst müsse sie das Gespräch abbrechen. Ein paar Informationen teilt sie dann doch. Es gebe ein großes Problem mit dem Projekt, sagt sie. „Mir wurde der Grund unter den Füßen weggezogen.“ Das Grundstück, das sie für ihr Projekt in Gelting erworben habe, solle für eine Renaturierungsmaßnahme verwendet werden. „Der Freistaat hat mich enteignet.“ Sie sei auf der Suche nach Alternativen.

Auf diesem Grundstück wolle sie dann „vor allem mit Kindern und Jugendlichen“ arbeiten, sie „aus dem Modus der Angst“ holen und in einen „Modus der aktiven Gestaltung“ bringen. Es gehe ihr darum, „positive Visionen von Zukunft zu denken und sich auszumalen“, sagt sie, „deshalb heißt mein Unternehmen und auch mein Verein Futurevision“. Die Frage, wo sie bereits entsprechende Erfahrung mit Kindern und Jugendlichen gesammelt habe, beantwortet sie vage.  Sie werde „von verschiedenen Trägern“ beauftragt. Zum Beispiel? „In Hessen habe ich einmal ein Projekt in einem Zukunftsdorf gemacht.“

Expertise hat Kraus als einstige Mitarbeiterin des Bundesministeriums für Bildung und Forschung mit Förderanträgen. Auf der Homepage ihres Consulting-Unternehmens empfiehlt sie sich als Executive-Coach: „Die Umsetzung Ihrer Vision erfordert eine größere Investition? (…) Auf Wunsch verschaffen wir Ihnen Zugang zu öffentlichen Fördermitteln in Form von nicht rückzahlbaren Zuschüssen, mit denen sie ihr unternehmerisches Risiko deutlich senken können.“

Ihr Projekt in Gelting habe für sie derzeit keine Priorität, sagt sie. Die Gelder aus dem Kulturfonds habe sie noch nicht abgerufen. Das Kultusministerium sei mit einer zeitlichen Verschiebung einverstanden. Einzelheiten müsse sie noch besprechen. „Wir sind ein kleiner Verein, wo wenig Leute etwas machen. Wenn ich dazu komme, dann kläre ich das.“

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