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Tödlicher Messerstich in Freising: 44-Jährige wegen Mordes verurteilt – Bayern | ABC-Z

Spät hat sie sich zu einem Geständnis durchgerungen, aber nicht zu spät. Am sechsten Verhandlungstag hatte die 44-jährige Angeklagte eingeräumt, im März 2024 ihren 73 Jahre alten Lebensgefährten in dessen Wohnung in Freising erstochen zu haben. Nach einem Streit hatte sie ihm von hinten ein Messer mit einer zwanzig Zentimeter langen Klinge mit großer Wucht in den Rücken gestoßen. Das Opfer schaffte es noch bis auf die Straße, wo es am eigenen Blut erstickte und leblos zusammenbrach.

Dabei habe sie nicht heimtückisch und aus Habgier gehandelt, betonen ihre Verteidiger am Donnerstag, dem siebten und letzten Prozesstag am Landgericht Landshut. Sie sprechen von „purer Paranoia“ und einem „Augenblicksversagen“ nach einem sehr heftigen Streit zwischen Täterin und Opfer, unter dem Einfluss „eines Cocktails aus allen möglichen Substanzen“. Ein Plan habe der Tat nicht zugrunde gelegen – auch wenn ein Testament des Opfers existiert, in dem die 44-Jährige als Alleinerbin vorgesehen ist.

Die Verteidigung plädiert auf Totschlag und verminderte Schuldfähigkeit. Sie beantragt eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Die als Schwurgericht tagende Erste Strafkammer des Landgerichts folgt dem nicht. Sie verurteilt die Angeklagte wegen Mordes zu zwölf Jahren Gefängnis. Die 44-Jährige, die in ihrem letzten Wort betont hat, es tue ihr leid und sie habe das Opfer geliebt, nimmt das Urteil gefasst zur Kenntnis.

Das Gericht ist wie der Staatsanwalt davon überzeugt, dass es „kein Totschlag, sondern Mord war“, wie Vorsitzender Richter Ralph Reiter in seiner Urteilsbegründung erläutert. Anders als der Staatsanwalt sowie die beiden Vertreter der Nebenklage, die sowohl das Mordmerkmal der Habgier als auch der Heimtücke als erfüllt ansehen, geht die Kammer nur von Letzterem aus. Auch eine verminderte Schuldfähigkeit könne aufgrund der Umstände in der Tatnacht nicht ausgeschlossen werden, so der Vorsitzende.

Statt einer lebenslangen Freiheitsstrafe, wie vom Staatsanwalt beantragt, verhängt das Gericht nur zwölf Jahre. Aber „sechs Jahre wegen Totschlags, das wird dieser Tat nicht gerecht“, sagt der Richter während der Urteilsbegründung zur Angeklagten. Diese senkt daraufhin ihren Kopf.

Zeugen hatten im Laufe der Hauptverhandlung von einer „toxischen On-off-Beziehung“ zwischen Opfer und Täterin gesprochen. Letztere habe ihren 30 Jahre älteren Partner oft beschimpft, gedemütigt und ohne offensichtlichen Grund verlassen. Der Ingenieur, der seiner Partnerin nach Aussagen von Freunden und Bekannten „verfallen“ war, nahm sie immer wieder zurück.

Es sei „eine sehr ambivalente Beziehung“ gewesen, sagt der Richter

Die Kammer gehe davon aus, „dass zwischen den beiden eine sehr ambivalente Beziehung bestand, die ein Klischee bedient“, sagt der Vorsitzende: „Sie war eine deutlich jüngere Frau mit Bezug zum Rotlichtmilieu, und er ein deutlich älterer Mann. Das hat nicht zusammengepasst.“ Ob diese Partnerschaft aus Sicht der Angeklagten aber „nur zweckgebunden“ war, ob es ihr also nur ums Geld ging, sei nicht erwiesen.

Klar sei, dass die Angeklagte „eine schwierige Persönlichkeit“ habe. Der Vorsitzende verweist auf die von einem Gutachter bestätigte „psychische Grunderkrankung“ und „paranoide Gedanken“ der 44-Jährigen. Nach Ansicht des Staatsanwalts schließt die bei der Angeklagten diagnostizierte „Mischform aus schizophrener Psychose und drogenbedingter Psychose eine geplante Tat aber nicht aus“, wie er mit Bezug auf einen Sachverständigen betont.

Die Kammer dagegen sieht „keine sorgfältige, von Habgier und Heimtücke getriebene Tatplanung“, wie der Richter erläutert. Bei einer Planung versuche man, sich einer Verfolgung zu entziehen. Die 44-Jährige wurde jedoch kurz nach der Tat von der Polizei schlafend in der Wohnung des Angeklagten angetroffen. Das Gericht geht aber davon aus, dass das Opfer „arg- und wehrlos“ war, als es nach dem Streit von hinten erstochen wurde. Daher sei das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt.

Vom Vorwurf der Vergewaltigung durch das Opfer nimmt die Angeklagte in der Verhandlung wieder Abstand

Habgier könne nicht als überlagerndes Merkmal festgestellt werden. Zur Tat hätten nicht nur die Finanzen, also die Aussicht auf das Erbe, geführt, sagt der Vorsitzende. Man müsse auch den Streit, die psychische Erkrankung, den nachgewiesenen Drogenkonsum und den nicht auszuschließenden Alkoholkonsum in Betracht ziehen, „man muss also das ganze Bündel sehen“. Deshalb könne man eine verminderte Schuldfähigkeit nicht ausschließen. Ob es bei dem Streit in der Tatnacht „um Geld gegangen ist oder um paranoide Gedanken, wissen wir nicht“, sagt der Richter. Die Angeklagte soll immer wieder die Befürchtung geäußert haben, ihr Lebenspartner wolle sie vergiften.

Das Geständnis, auch wenn es spät kam, „hat restliche Zweifel beseitigt und durchaus Stellenwert“. Unrühmlich sei das Nachtatverhalten. Mit aus der Haft geschmuggelten Briefen hat die Angeklagte offenbar versucht, einen Obdachlosen zu finden, der sich für Geld als „Ersatztäter“ zur Verfügung stellt. Zudem legte sie sich nach der Tat nackt auf die Couch, um eine Vergewaltigung durch das Opfer vorzutäuschen. Davon habe sie Abstand genommen „und das Opfer mit rehabilitiert“, so der Richter.

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