EZB im Lockerungszyklus: Was die achte Zinssenkung in Folge für Sie bedeutet | ABC-Z

Die Europäische Zentralbank hat erneut an der Zinsschraube gedreht. Was erstmal keine gute Nachricht für Sparer ist. Kreditnehmer sollten hingegen etwas profitieren. Bei der Immobilienfinanzierung dürfte die Sache hingegen anders aussehen. Alles Wissenswerte lesen Sie hier.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Einlagensatz erneut gesenkt. Parken Banken Geld bei der EZB, erhalten sie dafür künftig einen viertel Prozentpunkt weniger – nämlich 2,00 Prozent Zinsen.
Darauf, was die Zinssenkung für Verbraucher bedeutet, haben Vergleichsportale einen kritischen Blick geworfen. Betrachtet wurden die Bereiche Baufinanzierung, Geldanlage, Girokonto und Ratenkredite.
Festgeldkonten
Die EZB-Entscheidungen von Juli, September, Oktober und Dezember 2022 sowie Februar, März, Mai und Juli 2023 hatten für steigende Zinsen auf Festgeldkonten gesorgt. Damit ist es seit Längerem vorbei. Im November 2024 brachten Termingelder mit zwei Jahren Laufzeit im Schnitt noch 3,39 Prozent Zinsen, aktuell liegen sie bei 2,00 Prozent, wie eine Auswertung des Vergleichsportals Verivox zeigt. Allerdings lag die Inflationsrate zuletzt in Deutschland bei 2,1 Prozent. Infolgedessen ist der Realzins einer durchschnittlich verzinsten zweijährigen Festgeldanlage erneut negativ.
Laut Verivox preisen die Banken in ihren Festgeldkonditionen bereits mit einigem Vorlauf ein, wie sich die Zinsen nach ihrer Einschätzung künftig entwickeln werden. Weil die meisten Marktteilnehmer bislang davon ausgingen, dass sich die aktuelle Zinssenkungs-Phase allmählich ihrem Ende nähert, ging es für die Festgeldzinsen zuletzt nur noch moderat nach unten. Die Phase der sogenannten inversen Zinsstruktur ist vorerst zu Ende. Infolgedessen bringen langfristige Termineinlagen wieder höhere Zinsen als Anlagen mit kürzeren Laufzeiten.
Für ein einjähriges Festgeld mit deutscher Einlagensicherung sind laut FMH-Finanzberatung bei der schwedischen Klarnabank derzeit 2,73 Prozent Zinsen zu holen. Die Haitong Bank bietet via Weltsparen 2,66 Prozent mit einer gesetzlichen Einlagensicherung bis 100.000 Euro durch den portugiesischen Einlagensicherungsfonds. Bei der deutschen SWK Bank gibt es für denselben Zeitraum 2,4 Prozent.
Bei Laufzeiten von drei Jahren bietet die italienische Banca Progetto via Weltsparen mit 2,80 Prozent derzeit die höchsten Zinsen. Bei der deutschen Grenke Bank sind es 2,50 Prozent. Und wer sein Geld aktuell für 10 Jahre entbehren kann, bekommt in Deutschland bei der PBB Direkt 3,0 Prozent Zinsen. Bei der Rediem Capital aus Schweden sind es via Weltsparen 2,85 Prozent.
Tagesgeld
Die Durchschnittszinsen bundesweit verfügbarer Angebote für Tagesgeld sind seit Anfang Februar um 0,29 Prozentpunkte abgestürzt. Bundesweit verfügbare Angebote bringen im Schnitt aktuell 1,27 Prozent. Das zeigt eine aktuelle Analyse von Verivox.
Auch bei den regionalen Kreditinstituten sind die Tagesgeldzinsen im Mai weiter gesunken. Wegen des bereits erheblich niedrigeren Ausgangsniveaus fiel der Rückgang hier zwar weniger stark aus. Doch noch immer müssen sich Sparer bei Sparkassen und Volksbanken im Schnitt mit deutlich niedrigeren Zinsen begnügen als bei überregionalen Banken.
Den höchsten Zinssatz bietet derzeit laut FMH die französische Consorsbank mit 2,80 Prozent (begrenzt auf drei Monate). Bei der spanischen Openbank und bei der estnischen Bigbank sind 2,75 Prozent fix für drei Monate zu holen. Alle genannten Angebote richten sich nur an Neukunden.
Ratenkredite
Mit den noch immer einigermaßen hohen Zinsen für Sparer bleiben auch Verbraucherkredite nicht günstig. Denn wenn die Festgeldzinsen auf relativ hohem Niveau verbleiben, werden von jeher auch die Ratenkredite nicht wesentlich günstiger. Unerfreulich aus Sicht der Verbraucher, denn die Banken nutzen die Festgeld- und Tagesgeldanlagen zur Refinanzierung von Konsumentenkrediten. Derzeit liegen die Zinsen für ein solches Darlehen mit 60 Monaten Laufzeit laut FMH im Schnitt bei 7,01 Prozent.
Ein Vergleich der Konditionen lohnt sich aber. Denn die Spanne der Angebote liegt aktuell zwischen 4,99 und 11,83 Prozent.
Bauzinsen
Laut FMH liegt der Durchschnittszinssatz für ein Zehn-Jahres-Darlehen bei derzeit 3,61 Prozent. Je nach Anbieter schwanken diese zwischen 3,24 und 4,94 Prozent pro Jahr.
Dabei beeinflusst die EZB-Entscheidung die Bauzinsen nur indirekt. Wichtigster Indikator sind die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen. Denn sie bestimmen maßgeblich die Renditen für Pfandbriefe, die wiederum von Banken für die Refinanzierung von Immobilienkrediten genutzt werden.
Max Herbst, Inhaber der FMH-Finanzberatung, gibt zu bedenken, dass, wenn die EZB es schafft, die Inflation in einem Korridor zwischen 2 und 2,5 Prozent zu halten, sich die Bauzinsen zwischen 3 und 3,5 Prozent bewegen – normalerweise. Der Experte geht aber davon aus, dass die hohen Renditen von US-Staatsanleihen auch die Renditen der Bundesanleihe hochziehen werden. Vor allem dann, wenn der deutsche Staat anfängt, sich massiv Gelder auf dem Kapitalmarkt zu beschaffen. Daher geht er davon aus, dass zukünftig eher 4 Prozent Zinsen fürs Baugeld zu berappen sind.
Wer vor der Entscheidung für eine längere oder kürzere Zinsbindung steht, sollte sich überlegen, welche Zinsentwicklung er erwartet. Geht man davon aus, dass die Zinsen in fünf Jahren deutlich niedriger sein werden als heute, empfiehlt sich eine kurze Laufzeit. Geht man hingegen davon aus, dass sich die Zinsen eher nach oben bewegen, wäre eine langfristige Absicherung von 20 Jahren sinnvoll. Sicherheit kostet Geld, schafft aber langfristige Gewissheit über die eigene Belastung.
Dispozinsen beim Girokonto
Wer gerade etwas klamm ist, überzieht nicht selten sein Konto und nutzt den Dispokredit, um den Engpass zu überwinden. Was meist keine gute Idee ist, vor allem aber in Zeiten hoher Zinsen nicht. Abgesehen davon bleiben auch die Dispozinsen trotz Zinssenkung hoch, da sich die Geldinstitute am EZB-Leitzins orientieren. So liegt der Durchschnittszins eines Dispokredits derzeit laut FMH bei 10,98 Prozent. Der Zins für die Überziehung des Disporahmens beträgt demnach 12,28 Prozent. Abgesehen davon sollte Schuldnern klar sein, dass der Dispokredit zum Girokonto meist der teuerste Kredit der Bank ist. Sie sollten ihn nur ausnahmsweise und für kurze Zeit in Anspruch nehmen.