Sport

Nations League: Sie würden einfach gerne mal was gewinnen | ABC-Z

In der 68.
Minute passierte das, worauf ein großer Teil in der Allianz Arena den ganzen Abend
gewartet hatte und wofür sich unzählige Fans warm gerufen hatten: “Siuuuuuu”. Cristiano Ronaldos ikonischer Jubelschrei wurde in der U-Bahn gerufen, beim
Aufwärmen vor dem Spiel und auch noch lange nach dem Spiel. In München war am
Mittwoch Ronaldomania. Man müsste mal untersuchen, wer von wem mehr vergöttert
wird: der Papst von Katholiken oder Ronaldo von Portugiesen.

Sie lieben
ihn für all das, was er geleistet hat, auch wenn er mit 40 Jahren schon lange
nicht mehr so schnell laufen kann wie früher und erst recht nicht mehr so viel. Aber
den Ball ins Tor bringen, das kann er noch. Und so drückte Cristiano Ronaldo in der 68. Minute des Nations-League-Halbfinals den Ball zum 2:1 über die Linie. Und obwohl er sonst kaum etwas beitrug, etwa als Einziger seines Teams nicht mit verteidigte, gewann Portugal dank seines Treffers und spielt am
Sonntag noch mal in München. Im Finale. Die deutsche Mannschaft muss dagegen nach
Stuttgart, zum Spiel um Platz drei. 

Generation Vorrunden-Aus

Der Bundestrainer hat oft betont, wie wichtig diese Nations League sei, deren Finalrunde in diesen Tagen in Deutschland gespielt wird. Julian Nagelsmann nennt sie Mini-EM. “Wir müssen ein Verständnis dafür entwickeln, wie es sich anfühlt, Titel zu gewinnen”, sagte er direkt vor dem Spiel im ZDF. Große Teile seiner Mannschaft kennen dieses Gefühl nicht mehr. Joshua Kimmich, der Kapitän, machte gegen Portugal sein 100. Länderspiel. Titel hat er mit Deutschland dabei bisher einen gewonnen, den Confed Cup 2017. Danach hat er drei Turniere mitvergeigt. Wie Leon Goretzka, Leroy Sané und Serge Gnabry gehört er zur Generation Vorrunden-Aus, die gerne mal was gewonnen hätte. Und wenn auch nur diese Mini-EM.

Daraus wird aber wieder nichts. Die Deutschen verloren verdient, weil nichts zu sehen war von der Energie und der Wucht, mit der sie zuletzt Italien niedergerungen hatten. Gut
möglich, dass manche am Fernseher den Schlusspfiff gar nicht mehr
mitbekamen, weil sie vorher auf dem Sofa eingenickt waren – so ein müder
Sommerkick war das von beiden Teams. Kann sie einen Gegner wie Portugal nicht überpowern, ist die deutsche Mannschaft aktuell unterlegen. Vor allem, da doch ein Element vom Italienspiel übrig geblieben war: die taktischen Aussetzer.

Rahmen ohne Tür

Ein paar Beispiele: Jonathan
Tah
verließ seinen Platz in der Abwehr und grätschte in der ersten Halbzeit weit in der gegnerischen
Hälfte am Ball vorbei. Als Ronaldo den folgenden Konter abschloss, setzen die
portugiesischen Fans hörbar zum Siuu an, mussten den Jubel aber noch mal schlucken. Waldemar Anton lief ins Leere. Und die Doppelsechs aus Aleksandar Pavlović und
Leon Goretzka ist de facto eine Nullsechs, ein Rahmen ohne Tür. Beide haben ihre Stärken nun mal nicht in der Defensive.

Die Deutschen hatten Glück, dass Portugal selten die Kraft aufbrachte,
anzugreifen. Julian Nagelsmann legte
bald sein Hemd ab und fuchtelte nur noch im grünen T-Shirt rum, um seine
Mannschaft irgendwie zu organisieren. Was so halb funktionierte.

Dass man
auch mit 1,98 Metern unauffällig sein kann, bewies Nick Woltemade bei seinem Nationalmannschaftsdebüt.
Seinen Hype gesteigert hätte er trotzdem fast durch einen Treffer, doch seinen Schuss
hielt der sehr gute portugiesische Torwart Diogo Costa, genau wie den von Leon Goretzka zwei Minuten später.


Kicken kann er – Der Fußball-Podcast
:
Ist der Hype um Nick Woltemade berechtigt?

Und sonst so?

Nach einer
guten halben Stunde jubelten die Ersatzspieler auf der deutschen Bank – weil
Robin Koch den für einige deutsche Spieler viel zu schnellen Pedro Neto im
letzten Moment im Strafraum gestoppt hatte. Danach passierte in Halbzeit eins nichts mehr.

Die Saison
war lang, die Sommerpause ist nah. Kurz vor dem Urlaub geht nicht mehr viel, das kennt jeder Arbeitnehmer. Oder wie Nagelsmann
es sagte: “Wir waren schon sehr schläfrig.” Stimmt, die Portugiesen aber auch.

Back to top button