Sind Helene Fischers Texte zweideutig? Ist das Fernsehen zu woke? | ABC-Z

Die Information, dass Howard Carpendale kürzlich Helene Fischers Riesenhit „Atemlos“ kritisiert hat, müssen wir hier nachreichen: Das Lied verwende „die unterste Form von Groove, die es überhaupt gibt“, klagte er. Darüber berichtete auch „Die Aktuelle“, deren Leserin Anna-Sophia B. aus Dortmund ihm jetzt recht gibt: „Dass ,Atemlos‘ überbewertet ist, finde ich auch“, schreibt sie. „Wenn man den Text genauer anhört, ist er außerdem total zweideutig! Dass sich Helene für so etwas verkauft hat . . .“
Grund genug auch für uns, den Text mal genauer anzuhören: Geht es am Ende gar nicht, wie wir dachten, um einen Dauerlauf zu später Stunde, dessen Teilnehmer sich irgendwann „atemlos durch die Nacht“ quälen? Ist mit „großes Kino für uns zwei“ gar nicht die Blockbuster-Vorstellung gemeint, die sich Fischer und ihr Mitläufer gönnen?
Erst jetzt entdecken wir verstörende Zeilen wie „Deine Augen ziehen mich aus“ (was mögen derweil wohl seine Hände machen?) und „Lust pulsiert auf meiner Haut“ – und fragen uns bang, was tatsächlich gemeint sein mag mit: „Fall in meine Arme und der Fallschirm geht auf“. Wenigstens verzichtet sie auf die Metapher, dass sie gleich an seiner Reißleine zieht.
900-mal „Nein“
Nein, nein, nein, solche Dinge können wir nicht gutheißen. Womit wir übrigens Fischers Kollegen Matthias Reim zitieren, der mit „Das Neue“ über seine junge Partnerin gesprochen hat: „Als Christin mit der Idee kam, mit mir ein Kind zu bekommen, sagte ich ,Nein, nein, nein‘. Aber auch nur fünf Minuten.“ In diesen fünf Minuten dürfte er auf rund 900 „Nein“ gekommen sein. Danach, beide haben heute ein Kind, hat er offenbar „Ja, ja, ja“ gesagt. Hm, bei „ja, ja, ja“ müssen wir gleich wieder an „Atemlos“ denken.
Noch mehr Ausdauer hat Bob Dylan, 84, laut „Bild“ der „Weltstar, der auch nach über 600 Songs noch singt“. Wir haben ja gehört, dass Dylan-Konzerte manchmal etwas länger dauern, das wäre dann aber wirklich eine stolze Leistung; kein Wunder, dass seine Stimme leicht ins Krächzende geht.
Ein weiterer Sänger, Damiano David, wurde laut „Bunte“ nach dem Eurovision-Sieg 2021 mit seiner Band Måneskin von der „neidischen Konkurrenz“ zu einem Drogentest genötigt, „den Damiano problemlos bestand. Heute ärgert er sich: ,Ich hätte für immer die Rockikone sein können, die nicht widerstehen konnte.‘“
Schade! Da David erst 26 ist, hätte er dafür noch die Chance, dank exzessiven Alkohol- und/oder Drogenkonsums wie Hendrix, Joplin oder Winehouse in den ikonischen Klub 27 aufgenommen zu werden. Auch das aber sollte er sich gut überlegen, der Preis für die Mitgliedschaft ist sehr, sehr hoch.
Ganz klein und unwichtig
Gar nicht scharf auf den Ikonenstatus ist Sarah Connor, die „Bunte“ erzählt, warum es sie immer wieder ins Meer zieht: „Im Wasser habe ich das Gefühl, ganz klein und unwichtig zu sein. Niemanden interessiert da, wer ich bin.“ Womit Connor dort dann nachvollziehen kann, wie es rund 99 Prozent ihrer Mitmenschen ergeht, die dieses Gefühl auch dann verspüren, wenn sie an Land sind.

Nicht genug gewürdigt fühlt sich Schauspielerin Tina Ruland, die in „Bunte“ berichtet, mit ihren 58 Jahren weniger Rollen zu bekommen: „Und seitdem unsere Gesellschaft sehr woke ist, muss man auch fragen – und ich darf so provokant sein: Welche Chancen habe ich als eher typisch deutsch aussehende Frau derzeitig in der Film- und TV-Landschaft?“ Jetzt, da sie es sagt, fällt es uns auch auf: Von „Tatort“ bis Pilcher sehen wir auf Bildschirm und Leinwand eigentlich nur noch schwarze, genderfluide Darsteller mit Kopftüchern. Aber, wenn wir so provokant sein dürfen: Für eine typisch deutsch Aussehende sollte doch irgendwo zumindest ein Part als blonde Nazibraut drin sein.

Ganz andere Sorgen hatte Oliver Wnuk, als er nach der Rückkehr von einem Dreh seine Berliner Wohnung „leer geräumt“ vorfand, was für ihn laut „Freizeitwoche“ erst mal ein Schock war. „,Aber dann kommt die Leichtigkeit: Lass los! Du brauchst das alles nicht‘, erzählt der Schauspieler.“ Sollte sich der Einbrecher die Philosophie zu eigen machen, kriegt Wnuk sein Eigentum vielleicht sogar zurück.
Reife, saftige Ohrfeigen
Cornelia Poletto kocht inzwischen wieder gemeinsam mit ihrem Ex-Mann Remigio, der „Bunte“ erzählt: „Also, wir sind es schon gewohnt zu streiten.“ Seine Ex-Frau bestätigt: „Ja, ja. Früher sind schon viele reife Pfirsiche geflogen.“ Die Wahl der Lebensmittel will bei so etwas gut bedacht sein, essreife Avocados etwa könnten zu mörderischen Waffen werden. Gar nicht zu reden von den reifen, saftigen Ohrfeigen, welche Madame Macron angeblich ab und an ihrem Gatten kredenzt.
Was uns jetzt keine Ruhe lässt: Haben wir nicht nur bei „Atemlos“, sondern auch bei anderen deutschen Schlagern Zweideutigkeiten überhört? Roland Kaisers Wunsch zum Beispiel, „manchmal möchte ich schon mit dir eine Nacht das Wort ,Begehren‘ buchstabieren“, kam uns schon immer eigenartig vor. Selbst bei einer Lese-Rechtschreib-Schwäche nämlich sollte man nach ein paar Minuten wissen, an welche Stelle das „h“ gehört – und spätestens dann dürfte sich eine solche Nacht ungemein ziehen.