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Champions-League-Finale: Was in München bei den Fan-Festen los ist – München | ABC-Z

Kann einen noch irgendwas überraschen an so einem Fußballnachmittag in München? Am Abend treffen für Ballsport-Interessierte mit Inter Mailand und Paris Saint-Germain die beiden derzeit besten Fußball-Teams des Kontinents aufeinander, und im Stadion wird es sicher aufregend und höchstwahrscheinlich auch überraschende Momente geben. Aber Stunden vorher am Austragungsort? Ist doch meist alles schon sehr gleichförmig. Fanzonen und Gegröle, Fahnen schwenkende Mailänder hier, Schal kreiselnde Paris-Unterstützer dort, dazwischen viel Bier und Zigarettenrauch, verfeinert mit eingängigen Melodien und inhaltlich überschaubaren Lied-Texten. So kann man sich täuschen.

Natürlich ist eine Veranstaltung wie diese bis ins letzte Detail kommerzialisiert, die Fanmeilen aus Sicherheitsgründen nach Mannschaften getrennt. Bei den Italienern am Odeonsplatz wird genauso niederländisches Bier ausgeschenkt wie am Königsplatz, wo sich die Franzosen treffen. Aber das ist nur der flüchtige Blick. Schaut man genauer hin und spricht man zum Beispiel mit Roberto, der mittags beim Franziskaner an der Oper steht, wird es gleich interessant.

Der 56-Jährige sucht mit Freunden und Familie gerade einen Platz zum Mittagessen, hat schon ein wenig diese „città bella e pulita“ bewundert, die schöne und saubere Stadt, und unterstützt seine Mitfans leise beim Singen eines Inter-Songs. Der allerdings beinhaltet keine Verunglimpfung anderer Vereine oder die ewige bedingungslose Liebe zum Club. Der Text sagt: Liebe Leute, ich bin so weit gefahren, dafür müsst ihr jetzt gefälligst auch gewinnen. Das sind mal emanzipierte Fußball-Gesänge. 500 Kilometer sind es bei Roberto.

Am Königsplatz treffen sich die französischen Fans.
Am Königsplatz treffen sich die französischen Fans. (Foto: Franck Fife/AFP)
Die aus Italien hingegen am Odeonsplatz.
Die aus Italien hingegen am Odeonsplatz. (Foto: Annegret Hilse/REUTERS)

Bei Figo sogar deutlich mehr. Der 35-jährige Anwalt, der im schwarzblau gestreiften Inter-Trikot ein paar Meter nebendran steht, hätte vielleicht am allermeisten Grund, den Song mitzusingen, allerdings spricht er kein Wort Italienisch. „Ich bin gestern aus Schanghai nach Mailand geflogen und jetzt hierhergefahren“, lässt er per Übersetzungs-App erklären. 10 000 Kilometer. Für 90 Minuten Fußball im Stadion, sprich: ohne eine Zeitlupe und immer aus der Totalen.

Es schlendern weitere Inter-Fans in Trikots vorbei, einer knabbert Cantucci, das heimische Süßgebäck. Die Italiener scheinen selbst zu ihrer nördlichsten Stadt kein kulinarisches Vertrauen zu haben. Wer kann schon mit einer Schweinshaxe im Bauch lautstark auf die Neapolitaner schimpfen, was eine elfköpfige Gruppe aus Mailand, Genua und Savona ziemlich synchron hinbekommt.

Wobei grundsätzlich eine eher interessierte als ablehnende Stimmung herrscht zwischen den Fan-Gruppen. Es eint eben, wenn man die Sprache nicht kann und sich mit dem Handy durch eine Stadt navigieren muss. Camel zum Beispiel steht am Karolinenplatz und starrt auf sein Display. Sieben Stunden mit dem Auto war der 29-Jährige aus Paris hierher unterwegs, jetzt will er wenigstens noch einmal schnell zum Marienplatz, um nicht nur den Münchner Fußball-Rasen gesehen zu haben.

Da lässt es Tom schon entspannter angehen. Der 26-Jährige ist am Freitagabend in einen Bus in Paris gestiegen und an diesem Morgen in München wieder aus. Mit Trikot und Fahne schlendert er gen Königsplatz. Bis er am Sonntagmorgen um sechs Uhr in den Bus zurück an die Seine steigt, wird er 870 Euro investiert haben. „Ja, ist schon verrückt“, sagt er. Aber seine Eltern seien auch schon PSG-Fans gewesen. Kann man nichts machen, soll das wohl heißen, liegt am Erbgut. „Ich bin schon ziemlich nervös, aber auch glücklich.“ Weil er hier ist, ein Ticket hat und sein Team im Finale spielen darf.

Und es ist für Fußball-Liebhaber auch ein schöner Tag. Gesänge ohne Ausschreitungen, zumindest am Nachmittag, Sonne ohne Schatten, Bier ohne Ende und die Aussicht auf das reale Erleben eines historischen Moments. „Ici c’est Paris“ ist der Slogan der Franzosen. Hier ist Paris. Eine elegantere Form des deutschen Fußball-Liedguts wie „Hier regiert der TSV“ 1860 München oder „FCB“ vulgo Bayern München, je nach Vereinsfarbe.

Am Nachmittag ist München auf jeden Fall mal Mailand und Paris zusammen, also ganz blau in einträchtiger Vorfreude auf das abendliche Sportereignis neben dem Klärwerk in Fröttmaning.

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