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DFB-Team vor der Nations League: Neue Startelf gesucht – Sport | ABC-Z

Das Wort zum Wochenende sprachen Rudi Völler und Julian Nagelsmann höchst gelassen aus. Kaum, dass sie die Spieler im altbekannten und bestens geschätzten Teamquartier in Herzogenaurach empfangen hatten, bestritten der Sportdirektor und der Chefcoach der Nationalmannschaft am Freitagnachmittag schon ihre erste Begegnung mit der sogenannten öffentlichen Meinung. Der Befragung durch das Pressecorps hielten sie so unerschrocken und zwanglos stand, wie es dem derzeit überaus stabilen Befinden des Nationalteams entspricht.

Die Abwesenheit von Einwänden und skeptischen Erkundungen beim Begrüßungstermin mit den Medien zeugt davon, dass mittlerweile eine Menge Vertrauen in Nagelsmann und seine Improvisationskünste besteht. Denn der Bundestrainer nahm zwar am fränkischen Schauplatz einen großen Kader in Empfang, um am Nachmittag mit dem ersten Training in die Vorbereitung auf das Nations-League-Finalturnier zu starten. Vollständig ist diese Auswahl aber keineswegs, aus Verletzungs- und Fitnessgründen fehlen etliche Spieler, die am Mittwoch in München beim Halbfinal-Match gegen Portugal in die virtuelle Wunschelf gepasst hätten: Antonio Rüdiger, Nico Schlotterbeck, Kai Havertz, Jamal Musiala, Tim Kleindienst, Angelo Stiller. Fünf aus dem genannten halben Dutzend hatten im März Anteil am phänomenalen 3:3 gegen Italien gehabt.

Besonders der Ausfall von Kleindienst erwischt das Nationalteam an einem kritischen Punkt. Jahrelang haben Nagelsmann und seine Vorgänger nach jenem Frontstürmer gefahndet, der sowohl nach moderner Art flexibel mitspielt als auch nach klassischer Manier im Strafraum Beute macht. Der Mönchengladbacher Kleindienst hat diesen Anspruch auf erstaunlich befriedigende Weise erfüllt – und nun? Kommt plötzlich ein 23 Jahre alter Nick Woltemade zur DFB-Elf, dem Rudi Völler einen ähnlich steilen Werdegang verheißt, obwohl er als Angriffsspitze eine junge Entdeckung ist: „Noch vor einem halben Jahr hat er um den Mittelstürmer herumgespielt.“ Inzwischen hat Woltemade genügend Argumente für eine neue Bestimmung gesammelt, Völler zählte auf: „Wucht, Eleganz, Spielverständnis, Technik, Tore.“ Fazit: Mit verbessertem Kopfballspiel habe Woltemade „eine ganz große Karriere vor sich“. Und das Gute daran: Besseres Kopfballspiel lässt sich trainieren.

Ter Stegen wird gegen Portugal im Tor stehen

Ob Woltemade im Wettkampf um den Nations-League-Pokal eine Chance habe, sein Debüt zu geben, wurde Nagelsmann gefragt. „Klar, sonst wäre er nicht hier“, lautete dessen Antwort. Doch inzwischen ist der deutsche Bundestrainer wieder in der glücklichen Lage, sich seinen Torjäger selbst aussuchen zu dürfen. Außer dem Anfänger Woltemade reisten am Freitag auch die bewährten Berufsangreifer Deniz Undav und Niclas Füllkrug an. Beide haben in Herzogenaurach Gelegenheit, romantische Erinnerungen an den vergangenen EM-Sommer aufzufrischen, aber ihre Rückkehr ist ein keineswegs selbstverständliches Saisonfinale. Undav machte in Stuttgart lange Zeit eine unschöne Formschwäche zu schaffen, Füllkrug kam in seinem ersten Jahr bei West Ham United in London wegen Verletzungen erst ab April zur Geltung. Seitdem war er zwar meist als Einwechselspieler, dafür aber regelmäßig zum Einsatz. Dem Bundestrainer reichte das, um den Angreifer erstmals seit der EM wieder zu nominieren.

Im Frankenland musste Füllkrug erstmal aufs Fahrrad steigen – und zur ersten Trainingseinheit radeln, die vor Publikum stattfand. 4000 Zuschauer sahen ein seriöses Übungsprogramm, das mehr als nur dem Zeitvertreib diente, und außerdem einen Mann, der sicherlich froh war über das freundliche Willkommen im Kreis der Nationalelf. Marc-André ter Stegen, 33, kann es gerade ganz gut brauchen, nachdem er zuletzt nach einem knappen Jahr verletzungsbedingter Absenz erleben musste, dass für ihn im Tor beim FC Barcelona kein Platz mehr war. Auf der Reise nach Deutschland begleiteten ihn obendrein Gerüchte katalanischer Medien, sein Klub plane die Zukunft womöglich ohne ihn. Beim DFB-Team wurde er mit offenen Armen empfangen: „Marc wird die Nummer Eins sein“, erklärte Nagelsmann und meinte damit nicht die Trikotnummer, sondern eine ausdrückliche Stammplatzgarantie.

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