Kommunen im Landkreis Ebersberg kritisieren Verpackungssteuer-Verbot – Ebersberg | ABC-Z

Kaffeebecher, Pizzakartons oder Plastiklöffel: Wer in der Gastronomie Essen zum Mitnehmen holt, sorgt damit häufig auch dafür, dass eine Menge Verpackungsmüll anfällt. Um dieses Problems Herr zu werden, erwägen einige Gemeinden in Deutschland die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer. Seit Tübingen 2022 eine solche eingeführt hatte, und ein dortiges Schnellrestaurant im November 2024 vor dem Bundesverfassungsgericht mit einer Beschwerde abblitzte, reißt die Debatte um die Einführung einer solchen Steuer nicht ab. Denn auch anderswo wäre durch das Urteil aus Karlsruhe der Weg für Kommunen frei, dem Tübinger Beispiel zu folgen – theoretisch zumindest.
Praktisch benötigt es dafür aber auch die Zustimmung der Landesregierungen. Und in Bayern ist die nicht zu erwarten, im Gegenteil: Vor zwei Wochen hat die Staatsregierung beschlossen, ihren Gemeinden keine Zustimmung zu etwaigen geplanten Steuern zu erteilen, die Rechtsgrundlage dafür soll durch eine Novelle des Kommunalabgabengesetzes geschaffen werden. Nach Ansicht der Staatsregierung würde eine solche Steuer nämlich die ohnehin gebeutelte Gastronomiebranche im Freistaat zusätzlich belasten. Außerdem würde eine solche Maßnahme nur schwer administrierbar sein, argumentierte Bayerns Innen- und Kommunalminister Joachim Herrmann (CSU).
Bayernweit reagierten die Kommunen darauf mit gemischten Gefühlen. Die Verpackungssteuer wäre ein gutes Mittel gewesen, große Müllfluten einzudämmen, ebenso sei es gerade für kleine Kommunen eine zusätzliche Einnahmequelle gewesen und in Summe kostengünstiger als die Müllentsorgung, so äußerte sich etwa Jonas Glüsenkamp, stellvertretender Bürgermeister von Bamberg. Das erscheint logisch: wo weniger Müll entsteht, gibt es auch weniger Müll zu entsorgen. Auch in Gemeinden mit großem Tourismusaufkommen, wie etwa Starnberg, lohne sich eine Steuer besonders.
Gemeinden im Landkreis winken ab
Doch im Landkreis Ebersberg ist die Stimmung eine andere, wie ein Rundruf der SZ in einigen Rathäusern ergab. Zorneding beispielsweise sieht von einer solchen Steuer ab, wie Bürgermeister Piet Mayr (CSU) erklärt. Überschlagsmäßig würden sich die erzielten Steuern und der Aufwand für die Einnahme für seine Gemeinde wohl die Waage halten, so Mayr. In der Gemeinde gebe es ohnehin kaum Gastronomiebetriebe, die nicht bereits auf Mehrwegverpackungen setzten. Dennoch sei es nicht gut, dass die Staatsregierung hier in kommunale Belange eingreifen wolle, findet der Zornedinger Bürgermeister.
Leonhard Spitzauer (CSU), Bürgermeister von Vaterstetten, sieht das ähnlich: Auch er sei ein Anhänger des Föderalismus und dafür, dass Kommunen vor Ort entscheiden dürfen, was für sie am besten ist. Davon abgesehen steht eine Verpackungssteuer auch nicht auf seiner To-do-Liste. Das seien nur zusätzliche Kosten für Verbraucher, für Kommunen und in seinen Augen ein „Bürokratiemonster“. Er betont, dass Vaterstetten bereits ein geringeres Restmüllaufkommen habe, dank eines Markensystems, welches die Gemeinde im Mülltrennen und -reduzieren unterstützen soll. Wer weniger Abfall erzeugt, bezahlt durch dieses System auch weniger.
:Trenne und spare
Die Müllgebühren sind zuletzt stark gestiegen. Landkreis, Kommunen und Bürger können aber etwas dagegen tun: Müll vermeiden natürlich, aber auch richtig trennen. Was es dabei zu beachten gilt – und was eher nicht.
Obwohl sich die Steuer etwa wegen mehrerer Gaststätten in Parsdorf vergleichsweise lohnen könnte, sieht Spitzauer hier keine kommunale Lösung. „Da werden Konzerne wie McDonalds ja wahnsinnig, wenn sie in jedem Ort unterschiedlichen Regelungen folgen müssen.“ Er sei jedoch dankbar, nun im Gemeinderat nicht darüber diskutieren zu müssen, da es für seine Gemeinde kein gewichtiges Thema darstelle.
Ebersberger Bürgermeister Proske sieht größeres Problem im Einzelhandel
Auch kein Thema ist die Steuer für Ebersberger Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos). Denn der Kreisstadt fehle es für die Verwaltung an personeller Kapazität. Zudem gebe es schon genug kommunale Steuern. Sinnvoll sei es dennoch, Einwegverpackungen zu reduzieren, allerdings sei das zum Teil auch „Charaktersache“. Er habe jedoch bereits Gaststätten angeschrieben, um den Verpackungsverbrauch in der Gastronomie zu senken, aber ein einheitliches System für Mehrwegverpackungen einzuführen, bleibe schwierig.
Er sei es jedenfalls leid, dass es Forderungen gebe, das Thema auf „unterster Ebene“ zu regeln. Vielmehr müsse die Bundesregierung oder sogar die Europäische Union eine Regelung finden, meint Proske. Überhaupt sei das Problem in der Gastronomie vergleichsweise klein – anders als in Supermärkten, wo Verpackungen viel weiter verbreitet seien. Der Hebel müsse daher eher dort angesetzt werden, zeigte sich der Bürgermeister überzeugt.
Die Bürgermeisterin von Markt Schwaben, Walentina Dahms (CSU) ist ebenso der Meinung, dass ihre kleine Gemeinde aus einer Verpackungssteuer kaum einen Nutzen ziehen könnte. Das betreffe größere oder touristische Orte mehr. Ihr sei es dennoch wichtig, die Bürgerinnen und Bürger für die Mülltrennung und -vermeidung zu sensibilisieren. Wie alle Gemeinden hätten auch sie mit Müll zu kämpfen, aber das liege hauptsächlich an der falschen Entsorgung und dann auch an Einzelnen: „Bei manchen klappt das mehr, bei anderen weniger.“
Auch Jan Paeplow (CSU), Bürgermeister von Kirchseeon, betont, dass Verpackungen und Müll im öffentlichen Raum ein Thema sei, das die Gemeinde täglich betreffe und an dem es zu arbeiten gelte. Er habe sich mit der Verpackungssteuer befasst und überlegt, inwieweit man das auf Kirchseeon anwenden könnte, genaue Berechnungen oder Maßnahmen habe er sich bisher aber nicht überlegt. Er sei prinzipiell dafür, solche Themen vor Ort zu regeln und zu klären.