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Telefonat zwischen Trump und Putin: Warum benutzen sie auf Fotos solche Uralt-Telefone? – Panorama | ABC-Z

Neben dem Duschschlauch und dem Stromkabel gehört die Telefonschnur bereits seit Jahrzehnten zu den bei Krimiautoren beliebtesten Gegenständen. Etwa in Hans Habes Roman „Das Netz“, wo das Callgirl Hertha Enzian mittels einer solchen ein trauriges Ende findet. In François Ozons Krimikomödie „8 Frauen“ wiederum ist es die Durchtrennung eines ebensolchen Kabels, welche einen Notruf bei der Polizei verhindert.

Seit den 1960er-Jahren hat sich in Krimis wie im Fernsprechwesen allgemein die sogenannte „Wendel-Telefonschnur“ durchgesetzt, auch „Spiralkabel“ genannt. Dieser Tage ist sie wieder recht häufig zu sehen, als Illustration zum Thema „Putin und Trump haben miteinander telefoniert“. Die dazu von den Nachrichtenagenturen verbreiteten Motive zeigen die Präsidenten mit knochenartigem Hörer – und Spiralkabel.

Entwickelt wurde die in einer zylindrischen Helix gewundene Schnur einst zur Verbesserung der Bewegungsfreiheit, führend soll dabei ein Schweizer „Kabelkonfektionär“ gewesen sein. Das sich selbst zusammenziehende Wendelkabel sollte im analogen Zeitalter Stolperfallen verhindern, der Bereich rund um den Festnetzanschluss gehörte in Privathaushalten zu den unfallträchtigsten. Gegen Schlaufenbildungen (auch „Gekrangel“, „Gedrille“ oder „Verhedderung“ genannt) sind allerdings auch Spiralkabel nicht gefeit, was man laut dem österreichischen Schriftsteller Heimito von Doderer auf eine (fiktive) Geheimfirma zurückführen kann, die sich auf derlei „Alltagstücken“ spezialisiert hat. Im wahren Leben lässt sich durch das Eindrehen sogenannter „Wirbel“ zwischen Schnur und Hörer das Schlimmste meist verhindern.

Der Bundespräsident telefoniert auch übers Festnetz, allerdings mit „ganz normalen Telefonen“

Politisch gesehen stand das Spiralkabel einst für Aufbruch und Neuanfang. Denn waren bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem Fernsprecher mit glatten, meist mit schwarzem Gewebe überzogenen Schnüren im Einsatz, so läutete das mit Polyvinylchlorid überzogene moderne Ringelkabel international eine neue Ära ein. Jedes Foto, auf dem ein Politiker nicht etwa – wie der sowjetische Regierungschef Nikita Chruschtschow – womit auch immer wütend auf ein Rednerpult haute, sondern lediglich friedlich einen Hörer in die Hand nahm, beruhigte die Menschen. Denn es war die Zeit des Kalten Krieges. Zudem erleichterte die Verbindung „Hörer-Spiralkabel-Basisgerät-Wandbuchse“ auch Privatleuten die Kommunikation, selbst über große Distanzen hinweg. In Filmszenen und auf Fotos ließen Bildergestalter das Spiralkabel entweder lasziv hinunterhängen oder setzten es, wie in Pedro Almodóvars Film „Fessle mich!“, als Mordwaffe ein.

Beim Bundespräsidialamt in Berlin ist in diesem Zusammenhang jedenfalls zu erfahren, dass das Festnetz mit abhörgesicherter Leitung in der internationalen Politik auch weiterhin eine wichtige Rolle spielt. Jedoch mit „ganz normalen, zeitgemäßen Telefonen“, nicht etwa mit „Antiquitäten“, wie es hier heißt. Immerhin scheinen Washington und Moskau mittlerweile auf Holzkästen mit Handkurbel und Wählscheiben auf Bakelit zu verzichten.

Ob Trump und Putin auch in Zukunft auf Spiralkabel setzen? In ihren Schlössern, Zügen, Flugzeugen? Vielleicht sind sie es ja einfach so gewohnt. Und vielleicht haben sie einen gewissen Hang zu Filmen mit Paul Newman, Al Pacino und Robert De Niro. Die Gefahr aber könnte sein, dass sie sich, wie in den Sketchen von Loriot oder Mr. Bean, darin verheddern. Und doch gilt, trotz allem: lieber eine uralte, stinkende Kabelschnur als überhaupt keinen Draht.

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