Politik

Aufgeteilter Luftraum bremst das Wachstum | ABC-Z

Es ist nicht die Luftverkehrsteuer, die Fraport-Vorstandschef Stefan Schulte auf längere Sicht Sorgen bereitet, obwohl sie aktuell die Branche in Deutschland gegenüber der internationalen Konkurrenz benachteiligt. Es ist auch nicht die arg schleppend hochfahrende Produktion von klimaneu­tralem Kerosin, auf die die Airlines angewiesen sind, um Quotenvorgaben zu erfüllen. In beiden Fällen sieht der Vorstand der Betreibergesellschaft des größten deutschen Flughafens in Frankfurt die Chance auf Lösungen in absehbarer Zeit. Wirklich heikel für den wieder wachsenden Luftverkehr ist Schulte zufolge auf lange Sicht der nach wie vor zerklüftete europäische Luftraum, wie er jetzt vor Journalisten sagte.

Der schon Ende der Neunzigerjahre als Ziel ausgegebene „Single European Sky“ ist noch immer Fiktion. Tatsächlich ist der Luftraum über Europa auch heute noch durch etliche nationale Flugsicherungen und den von diesen jeweils mit unterschiedlichen Systemen kontrollierten Sektoren zerteilt – wenngleich nicht mehr so kleinteilig wie vor Jahrzehnten. Der Ukrainekrieg hat zusätzlich zu mehr militärischen Flugbewegungen geführt, was die zivile Luftfahrt noch mehr einschränkt. Die Folgen: kostspielige Umwege, Verspätungen und höhere Schadstoffemissionen.

Schon aufgrund der geopolitischen Situation rechnet Schulte auch nicht mit schnellen Fortschritten, was den einheitlichen Luftraum über Europa betrifft – eher mit einer Zuspitzung, etwa durch mehr groß angelegte Luftmanöver der NATO wie „Air Defender“ im Jahr 2023. Aber auch unabhängig von diesen aktuellen Herausforderungen müsse der europäische Luftraum neu organisiert werden, sagte Schulte. Es gebe schlicht zu viele Akteure im System. Belastend wirke sich zudem aus, dass es für die Flugsicherungen immer schwieriger werde, ausreichend Fluglotsen zu rekrutieren.

Schulte sieht Terminal 3 voll im Plan

Mit Blick auf den Sommerreiseverkehr sieht Schulte den Engpass also nicht mehr wie in früheren Jahren am Boden, sondern in der Luft. Etwa bei den Luftsicherheitskontrollen sei man in Frankfurt inzwischen mit modernen Scannern bestens aufgestellt. So setze der Frankfurter Flughafen als weltweit erster Flughafen der Welt einen Walk-through-Scanner im Regelbetrieb ein. Statt nur zu piepsen, zeigen diese Geräte den Kontrolleuren an, wenn sich ein Gegenstand beispielsweise in der Hosentasche eines Passagiers befindet, sodass dieser im Anschluss nicht mehr von oben bis unten abgetastet werden muss.

Auch das Frankfurter Terminal 3 sieht Schulte voll im Plan. Bei dem privat finanzierten Vier-Milliarden-Euro-Projekt arbeiten mehr als 300 Firmen zusammen, koordiniert von der Konzern-Tochter Fraport Ausbau Süd GmbH. Das neue Terminal soll im nächsten Jahr in Betrieb gehen mit einer Kapazität von 19 Millionen Passagieren. Das wird Fraport ermöglichen, das Terminal 2 für eine Sanierung zu schließen. Diese Arbeiten sollen 2027 oder 2028 beginnen, wieder koordiniert von der Ausbau-Tochter.

Was die Erwartungen für das aktuelle Jahr betrifft, äußerte sich Schulte verhalten positiv: Der Luftverkehrsmarkt in Deutschland und Kerneuropa sei vergleichsweise saturiert, aber auch dort werde man Wachstum sehen. In Frankfurt erwartet er eine leichte Erholung der Passagierzahlen um vier bis fünf Prozent. Sowohl in Frankfurt als auch am zweiten großen deutschen Luftverkehrsdrehkreuz München dürften 90 Prozent des Aufkommens von 2019 erreicht werden, dem letzten Jahr vor der Corona-Pandemie. Frankfurt verzeichnete damals einen Rekord von mehr als 70 Millionen Passagieren. Eine Rückkehr zu diesem Niveau erwartet der Fraport-Chef erst 2027.

Mit der Recovery-Rate von 90 Prozent liegen die beiden großen Drehkreuze Schulte zufolge noch erheblich besser als kleinere Verkehrsflughäfen wie Berlin, Hamburg oder Stuttgart, wo die Rate 75 bis 80 Prozent betrage. Dort wirke sich die Luftverkehrsteuer noch belastender aus als etwa in Frankfurt, weil die Steuer zu einem Rückgang der Punkt-zu-Punkt-Verbindungen vor allem der Low-Cost-Airlines geführt habe, die in Frankfurt nie eine große Rolle gespielt hätten.

Im internationalen Vergleich seien die Standortkosten an allen deutschen Flughafen zu hoch, resümierte Schulte. Selbst innerhalb der EU seien sie „mit Abstand die höchsten“. Für einen Flug von Frankfurt nach New York seien die Steuern und staatlich geregelten Gebühren rund dreimal so hoch, wie wenn man von Paris aus fliege. Von der neuen Bundesregierung erwartet Schulte, dass die angekündigte Kostenentlastung nun auch tatsächlich kommt.

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