Kann man den Ikea Kleiderschrank Pax wirklich in 20 Minuten einrichten? | ABC-Z

Anleitungen lügen gerne. Rezepte für „Leckere Pasta in unter zehn Minuten“ sind so realitätsfern wie die Behauptung, dass man Wohnzimmerfenster mit einer Wischbewegung in Nullkommanichts streifenfrei sauber bekommt. In solchen Fällen ist klar: Es dauert auf jeden Fall länger. Endgegner in diesem Zeitfresserspiel ist der Aufbau von Möbeln, genauer gesagt von Kleiderschränken wie dem Ikea-Klassiker Pax.
Pax ist in der höchsten Ausführung so hoch, dass man als Durchschnittsfrau nie wieder ohne Leiter an das oberste Fach gelangen wird. Das realisiert man meist dann, wenn man es nach Stunden geschafft hat, das Ding auf die Seitenwände zu stellen. Manchmal realisiert man dann auch, dass man das stützende Teil am Schrankboden vergessen hat, und muss alles noch einmal auseinanderbauen. Danach wiederum gibt man sich meist geschlagen und verschiebt das Anbringen der Türen auf den nächsten Tag.
Können Wunder Wirklichkeit werden?
Ein Freund, der gerade umzieht, gibt sich dem Faktencheck hin. Es geht bei ihm um zwei Korpusse, 75 Zentimeter breit, 236 Zentimeter hoch, die besagte höchste Ausführung. Wir sind zu dritt, Ikea macht keine Angaben dazu, wie viele Hände für die angepeilten 20 Minuten gebraucht werden. Wir messen die Zeit, es ist 15.09 Uhr.
Schon der erste Schritt ist leichter: Die Seitenwände des Schranks und die Rückwand sind jetzt ein zusammenhängendes und für den Transport gefaltetes Teil. Man stellt es gleich am Anfang auf, schiebt es dann auseinander und an die richtige Stelle. Laut Ikea braucht man für den neuen Korpus kein Werkzeug. Ganz korrekt ist das nicht. Ohne Leiter geht wenig, und ein Gummihammer für widerspenstige Plastik-Nupsis schadet auch nicht, wie wir lernen werden.
Der Durchschnittsumzieher scheitert an den Schubladen
Was aber stimmt: Die Zahl der zu verbauenden Komponenten ist überschaubarer, ein Paar Stabilisatoren für die Ecken, fast alles ist aus Plastik, fast keine Schrauben sind mehr nötig. Und so haken wir die Plastikteilchen an ihrem vorgesehenen Platz ein. Nicht alles lässt sich sofort millimetergenau ineinanderstecken, aber der Gummihammer hilft. Erst kommen die dünnen Spanplatten an die Reihe, sie stabilisieren die Wände unten im 90-Grad-Winkel. Dann folgen die oberen Ecken inklusive Schrankoberseite. Die Leiter stellt man dafür einfach in den Schrank.
Kurz vor Ende kommt der Inbusschlüssel doch zum Einsatz, aber unseren Fortschrittsenthusiasmus kann er nicht hemmen. Ein paar Schrauben noch hier und da, Leiter raus, Schrankboden rein, fertig. Die Uhr zeigt 15.32 Uhr. Den zweiten Schrank schaffen wir dann sogar in rund zehn Minuten, getrieben von unserem frischen Gedächtnis, aber wie gesagt: Wir sind auch zu dritt.
Ein bisschen lügt die Zeitangabe aber doch, besser gesagt, sie geht nicht auf Offensichtliches ein – wieder ähnlich wie Pasta-Rezepte, die verschweigen, dass es für „feingeschnittene Paprika“ eben auch ein paar Minuten Vorbereitung braucht. Der in 20 Minuten aufgebaute Pax dürfte – zumindest für Durchschnittsumzieher – an der Nachbereitung scheitern: Denn zu ihm gehören natürlich auch noch Schubladen und Schranktüren.
An deren Aufbau hat sich nur teilweise etwas verändert. Für die Schubladen braucht man noch immer die speziellen Schrauben und runden Gehäuse, die man in den Seitenteilen festdreht, die Korpusverbinder. Und Ikea hat zwar auch die Montage der Türen vereinfacht, Schienen oder Scharniere und schwere Schranktüren können einen aber trotzdem noch in den Wahnsinn treiben. Allerdings: Der Wahn dürfte milder ausfallen, wenn man noch auf der Welle des anfänglichen Erfolgs reitet.