„Von Drohungen der USA ist nichts geblieben“ | ABC-Z

Berlin. Europa ist isoliert mit seinen Sanktionen gegen Russland – das war der Tenor in der Talkrunde von Markus Lanz am Dienstagabend.
Wie geht es nun weiter nach dem Telefonat zwischen US-Präsident Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin, das war die große Frage am Dienstagabend im ZDF-Talk von Markus Lanz. Die Antwort fiel aus europäischer und ukrainischer Perspektive sehr ernüchternd, um nicht zu sagen, pessimistisch aus.
CNN-Korrespondent: „Trump will, dass Putin sein Freund ist“
Die Chemie zwischen den Telefonierenden habe gestimmt, man wolle sofort Verhandlungen, der Vatikan solle dabei eine Rolle spielen – so das Ergebnis des Gesprächs, wie es der CNN-Korrespondent Frederik Pleitgen zusammen fasste. Russland sei „sehr zufrieden“ mit dem Telefonat. „Von den Drohungen der USA ist nichts geblieben. Trump zeigte Ehrfurcht und Demut vor Putin, er will, dass Putin sein Freund ist“, meinte Pleitgen.
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Dabei habe Russland keinerlei Interesse daran, dass die Waffen schweigen. „Putin spielt auf Zeit.“ Und er habe es geschafft, die USA und Europa gegeneinander auszuspielen. Die von den Europäern angekündigten Sanktionen werden in Russland kaum ernst genommen. Längst sei das Hauptthema in Moskau jetzt, unter welchen Spielregeln ein wirtschaftlicher Deal mit den USA auf den beidseitigen Märkten, in der Arktis, bei den Seltenen Erden, Öl und Gas aussehen könne. „Was sollen Sanktionen da bringen?“
Keine Anzeichen für zerrüttete Wirtschaft: Löhne steigen in Russland
Im Übrigen zeichnete Pleitgen auch kein Bild von einer zerrütteten Wirtschaft in Russland, die Sanktionen hätten eben nicht durchgeschlagen. In der Kriegswirtschaft hätten die Leute mehr Kaufkraft, Soldaten erhielten einen Sold von umgerechnet bis zu 3000 Dollar, statt einem Niedriglohn von 200 Dollar. Auch Betriebe zahlten deswegen höhere Löhne, in Moskau werde vielerorts neu gebaut, der Kauf von Konsumgütern laufe.
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Auch die Journalistin Karin Mößbauer („The Pioneer“) stellte die Frage, wie sinnvoll denn Sanktionen seien, wenn sie von den USA konterkariert werden. Und ob Kanzler Friedrich Merz nicht zu schnell gewesen sei mit seinem Ultimatum für einen 30-tägigen Waffenstillstand gegenüber Russland und der Androhung von Sanktionen, die dann keiner ernst nehme.
Russisches Öl kommt über Indien
Einer solchen Analyse musste Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) teilweise widersprechen. Es habe ja keiner gesagt, dass die Sanktionen die Wirtschaft Russlands massiv schädigen würden. Sie würden aber schon die Kriegsführung von Putin beeinträchtigen. Auf den Vorhalt von Markus Lanz, dass es seit 2022 schon 6500 Sanktionen der USA gegen Russland gegeben habe und 2000 der EU ohne durchschlagenden Erfolg, meint Frei, dass es nicht auf die Quantität, sondern die Qualität ankomme.
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Die EU habe jetzt die Pflicht, das im Rahmen mögliche Diplomatische auch zu tun und sie habe in den vergangenen zehn Tagen mehrfach ihre gemeinsame Entschlossenheit bewiesen. „Wenn es jetzt noch gelingt, Trump an unsere Seite zu ziehen, dann gibt es eine Chance auf Frieden.“ Dass aber noch über den Umweg Indien russisches Öl nach Europa komme und Exporte nach Russland über Nachbarländer der EU passierten, das müsse aufhören.
„Die USA bei der Stange halten“
Unentschlossen zeigte sich Frei bei der Frage nach der möglichen Beschlagnahme von 300 Milliarden Euro russischen Staatsvermögens, von denen sich zwei Drittel in der EU befinden. Das tangiere die Frage des Vertrauensschutzes von Investoren und auch der Rechtsstaatlichkeit, meinte Frei. Andererseits könnten sich Umstände auch so weit ändern, dass man an einen Punkt gelange, wo man die Dinge anders sehen müsse.
Für mehr Härte gegenüber Russland – auch im europäischen Alleingang – plädierte der Militärexperte Frank Sauer: So setzten Esten und Finnen in der Ostsee Schiffe der russischen Schattenflotte einfach mal fest und enterten die, so entschlossen sollten auch andere EU-Mitglieder handeln: „Wir müssen auch mal ,hard ball‘ spielen.“ Sauer sprach das Problem an, dass es natürlich darum gehen müsse, „die USA bei der Stange zu halten“. Das sei vordergründig wichtig und gut.
Frei: „Europa muss zur eigenen militärischen Stärke finden“
Hintergründig müsse man sich aber gewahr sein, „dass wir von beiden Seiten unter Druck sind. Von illiberalen Kräften in den USA und in Russland, die die Demokratie zerstören wollen.“ Thorsten Frei hatte da eine allgemeine Antwort parat: Europa müsse neben seiner wirtschaftlichen Kraft auch zur eigenen militärischen Stärke finden.
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Am Ende der Sendung ging es um die Migrationspolitik und der Zahl der Woche. Binnen sieben Tagen seien an den deutschen Grenzen lediglich 32 Asylbewerber zurückgewiesen worden, wie Markus Lanz bilanzierte. Anderseits seien in derselben Woche insgesamt 1535 Asylbewerber in Deutschland angekommen und er frage sich, ob die Strategie der Zurückweisungen der Bundesregierung da funktioniere, denn die Grenzen seien ja offenbar „so löchrig“ wie zuvor.
Merz wolle mit „Unbarmherzigkeit“ regieren
Karin Mössberger wies darauf hin, dass der Kanzler von seinen eigenen Ankündigungen getrieben sei und nach den Selfies von Angela Merkel mit Flüchtlingen wolle Merz jetzt mit „Unbarmherzigkeit“ reagieren. Von Thorsten Frei ist das entschieden zurückgewiesen worden, einem zurückgewiesenen Flüchtling gehe es auch in Österreich oder Polen gut, meinte er. In der Sache selbst konnte er keine Fehler an der Politik seiner Regierung erkennen: „Unsere Strategie ist gut. Die Botschaft ist, nicht jeder, der will, kommt auch rein nach Deutschland.“ Die Grenzen zu schützen, das sei doch der Kern von Staatlichkeit.