Gesundheit

St. Josefs-Hospital Wiesbaden: Zweiter Neubau ist bezogen |ABC-Z

Von der Terrasse der Privatstation im sechsten Stock bietet sich den Patienten und ihren Besuchern ein phänomenaler Blick über die Landeshauptstadt. Einzig das neue Wohnhochhaus am Ende der Wilhelmstraße stört, weil es die Blickachse zur Russischen Kapelle auf dem Neroberg mit ihren goldenen Kuppel verstellt. Aber auch wer im höchsten Stockwerk des Neubaus des St. Josef-Hospitals liegt, wird zuallererst die eigene Gesundheit im Blick haben.

Am Rosenmontag wurden die ersten Patienten in den Neubau verlegt, ohne dass die Klinik darum öffentliches Aufhebens machte. Ein Festakt mit Finanzminister Alexander Lorz und Landtagspräsidentin Astrid Wallmann (beide CDU) – beide direkt gewählte Wiesbadener Landtagsabgeordnete – und Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD) findet erst an diesem Samstag statt.

Für das „JoHo“ ist der schicke und zugleich funktionale Neubau eine bedeutende Verbesserung in vielerlei Hinsicht. Aber am Ende ist er doch nur ein Zwischenschritt auf dem noch langen Weg zu einem neuen Krankenhaus.

Bereits 180 Millionen Euro verbaut

In den Neubau von „Haus A“ wurden rund 80 Millionen Euro investiert. Einschließlich der Kosten für Aus-, Umbau und Sanierung des Gebäudes C (Westflügel) wurden laut Co-Geschäftsführer Martin Bosch seit 2018 rund 130 Millionen Euro ausgegeben. Nach sechs Jahren Bauzeit einschließlich des Abrisses des Ostflügels, einer alten Kapelle und der Ordensklausur ist bei dem Großprojekt nun Halbzeit.

Weitere 100 Millionen Euro wird es kosten, den benachbarten 80 Jahre alten Bettenhaus-Altbau niederzulegen und einen „A“ und „C“ verbindenden Neubau zu errichten. Noch sind dort zwei Abteilungen untergebracht, doch die werden bald ausziehen. Der geplante Neubau wird mit 26.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche sogar noch größer als der jetzt eröffnete und wir unter anderem die Kreißsäle, Ambulanzen, die Notaufnahme und die Notfall-Radiologie sowie Teile der Intensivstation aufnehmen.

Bosch hofft, dass bis zum Jahr 2030 auch dieser letzte, große Schritt vollzogen werden kann. Vor allem aber setzt Bosch auf finanzielle Unterstützung des Landes, denn die Ersparnisse des Klinikbetreibers sind aufgebraucht. Bosch ist aber zuversichtlich, dass die Klinik bei diversen Förderprogramm zum Zuge kommen wird.

Etwas nüchtern, aber zweckmäßig: Blick in ein KrankenzimmerMarcus Kaufhold

Der jetzt bezogene Neubau hat eine Bruttogeschossfläche von 21.000 Quadratmetern und nimmt auf vier Ebenen und in sieben Stationen 270 der insgesamt 530 Betten auf. Ein künstlerisches Farbkonzept mit Lotsenfunktion soll die Orientierung für Patienten und Besucher erleichtern. Die Regel sind Zweibettzimmer, auch wenn es auf jeder Station fünf größere Zimmer mit Platz für drei Betten gibt, um bei großem Andrang 39 statt nur 34 Patienten aufnehmen zu können. Die Patienten sind laut Bosch mit dem Neubau und dem Komfort der Zimmer zufrieden. Die jetzt weiteren Wege als im Altbau seien Gewöhnungssache. In der Privatstation gibt es Einzel- und Doppel­zimmer. Dort herrscht ein hotelähnlicher Charakter, wie ihn die privaten Krankenkassen für ihre Kunden erwarten.

„Parallel abgehakt“ wurde laut Bosch die Digitalisierung der Klinik. Die Dokumentation aller Patientendaten kommt künftig ohne Papier aus. Elektronische Fallakten, die den Verlauf der Behandlung von der Aufnahme bis zur Entlassung dokumentieren, sind Standard, ebenso wie Laptops bei der Visite. Die Patienten finden am Bett eine „Entertainment-Konsole“ vor. „Wie im Flugzeug“, sagt Bosch. Im ersten Stock des Neubaus sind – noch auf absehbare Zeit – die Chirurgie, die Gynäkologie und die Gastroenterologie untergebracht, darüber die Neurologie und die Schlaganfall-Abteilung.

Im Erdgeschoss wurde ein neues Bistro für die 1600 Mitarbeiter eingerichtet, ferner ein kleines Konferenzzentrum. Angesiedelt sind dort zudem das Krebszentrum nebst onkologischer Ambulanz, die laut Bosch immer stärker nachgefragt wird: Krebspatienten kommen ins „Joho“ für einen kurzen Aufenthalt, erhalten dort in angenehmer Atmosphäre ihre Infusionen und verlassen die Klinik wieder in den Alltag.

Kantig, aber mit schönem Ausblick von oben: das neue Gebäude A des St.Josef-Hospitals in Wiesbaden
Kantig, aber mit schönem Ausblick von oben: das neue Gebäude A des St.Josef-Hospitals in WiesbadenMarcus Kaufhold

Stolz ist Bosch auf das neue „High-Ende-Zentrallabor“ im Untergeschoss, das den Mitarbeitern hervorragende Bedingungen biete. Mit dem Neubau gibt es am Langenbeckplatz auch einen neuen Haupteingang neben dem Facharztzentrum Medicum. Die Aufteilung und Nutzung der Flächen im Neubau ist allerdings provisorisch bis zum Ende des nächsten Bauabschnitts. Auch der lange Verbindungsgang zwischen den beiden jetzt genutzten Gebäuden wird wieder abgerissen, wenn der Gesamtkomplex erst einmal fertig ist. „Wir bauen ein komplett neues Krankenhaus“, gibt Geschäftsführer Bosch zu bedenken. Der Neubau habe zwar mehr Zeit erfordert und mehr Geld gekostet, als zunächst geplant – „aber er ist auch besser als erwartet“.

Es ist der dritte Krankenhaus-Neubau der im November 1876 gegründeten Klinik. 1892 war ein erster Neubau in Wiesbaden bezogen worden und das alte Haus an der Friedrichstraße in ein Hospiz umgewandelt. Ein zweiter Neubau war in den Fünfziger Jahren geplant und 1965 bezogen und eröffnet worden.

Im Jahr 2004 war der neue Westflügel von der Orthopädischen Klinik bezogen worden, zwei Jahre später wurde das JoHo am Langenbeckplatz um das Medicum mit 15 Facharztpraxen ergänzt. Die Expansion der Klinik erstreckte sich aber nicht nur auf den eigenen Standort in der Landeshauptstadt. Im Jahr 2012 übernahm das St. Josefs-Hospital das Otto-Fricke-Krankenhaus Paulinenberg in Bad Schwalbach, eine Fachklinik für Geriatrie und Orthopädie mit einem Standort auch in Wiesbaden. Dieser wurde in das Joho integriert.

Vier Jahre später wurde zudem die Trägerschaft für das Rüdesheimer Krankenhaus übernommen. Nach einer langen und schwierigen Anlaufphase ist Bosch nun zufrieden, dass der Klinikstandort Rüdesheim mit zum JoHo-Verbund gehört – solange der Gesetzgeber keine gravierenden Beschlüsse mit Folgen für die Krankenhauslandschaft fasst.

Insgesamt betreibt der JoHo-Verbund heute rund 800 Betten und verzeichnet knapp 33.000 stationäre Aufnahmen im Jahr. Im vergangenen Jahr wurden in der Klinik fast 44.000 Notfallpatienten behandelt und – ausschließlich in Wiesbaden – 1365 Kinder geboren.

Auf den Standort Wiesbaden entfallen knapp 25.000 stationäre Behandlungen und fast 34.000 Notfälle. Das christlich orientierte Akutkrankenhaus der Schwerpunktversorgung geht in seinen Wurzeln auf den Orden der Dernbacher Schwestern, der „Armen Dienstmägde Jesu Christi“ zurück und ist heute eine Tochtergesellschaft der St. Josefs-Hospital-Stiftung.

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