SC Freiburg: Tränen, T-Shirts, Thessaloniki | ABC-Z

Matthias Ginter hörte die Champions-League-Hymne. Und dann weinte er. Ein weißes T-Shirt, das er in seiner Hand zusammengeknüllt hatte, fing seine Tränen. Darauf war das Mannschaftsfoto des SC Freiburg gedruckt und der Schriftzug “Wieder zämme durch Europa”. Ein badisches Versprechen auf Abenteuer in der Zukunft. Trost fand der Freiburger darin keinen, weil er in diesem Moment doch wusste, dass die Reise nicht nach Mailand, Madrid und Liverpool führen wird, eher nach Pilsen, Utrecht und Thessaloniki. Schöne Städte bestimmt, aber keine Topziele auf der Bucketlist eines Fußballers.
Zum dritten Mal in vier Jahren waren die Freiburger nicht weit davon entfernt, sich erstmals für den größten Vereinswettbewerb des Weltfußballs zu qualifizieren. Diesmal fehlte ihnen nur ein Sieg am letzten Spieltag. Das Finale um die Champions League verloren sie aber gegen Eintracht Frankfurt 1:3. “Vielleicht kommt das in den nächsten Tagen oder Wochen, dass wir stolz sein können, auf den fünften Platz”, sagte Ginter. Da drückte jemand in der Frankfurter Kabine auf Play und die Klänge der Königsklasse schallten durch den Gang.
Die besseren Einzelspieler haben andere
Bevor ihm die Stimme versagte und die Tränen kamen, dachte Ginter an das Publikum, das ihn und seine Mannschaftskameraden kurz zuvor besungen hatte, als hätten sie dieses Spiel gewonnen. “Wenn man die Fans nach dem Spiel sieht, hätte man ihnen das natürlich gerne zum ersten Mal geschenkt …” Noch einmal nahm er all seine Kraft zusammen und vollendete den Gedankengang: “… wir wollten es unbedingt heute.” Und spätestens da wurde klar, was es für die Freiburger bedeutet, diese Chance verpasst zu haben.
In der Woche vor dem Finale war vor allem über den Frankfurter Druck gesprochen worden, die Champions League zum Schluss noch zu vergeigen. Waren doch sie es, die monatelang auf einem Qualifikationsplatz gestanden hatten. Als es dann losging, wirkten beide Mannschaften, als hätten sie schlaflose Nächte hinter sich, so gravierend waren technische Fehler. Passend, dass die Freiburger ihr Führungstor nicht erspielten, sondern erwarfen. Philipp Lienhart schleuderte den Ball von der Seitenauslinie in den Sechzehner, Ginter verlängerte auf Höhe des ersten Pfostens auf Ritsu Doan, der auf Höhe des zweiten Pfostens ins Tor schoss (27.).
Bei Frankfurt lief nur etwas, wenn Hugo Ekitiké an den Ball kam, der eine Spieler auf dem Platz, dessen Dribblings in einer YouTube-Compilation mit denen von Champions-League-Stars wie Mbappé oder Yamal nicht völlig deplatziert wären. Zweimal schoss er hart aufs Freiburger Tor, der Torhüter Noah Atubolu parierte glänzend. Und doch kippte das Spiel in der Nachspielzeit der ersten Hälfte, weil dem Einwerfer Lienhart ein folgenschwerer Fehler unterlief. Im Strafraum trat er dort ein Loch in die Luft, wo der Ball eben noch gewesen war. Frankfurts Ansgar Knauff reagierte geistesgegenwärtig – plötzlich stand es 1:1. Das Freiburger Publikum erstarrte.
Zwölfmal hat der Sportclub gegen die sieben besten Mannschaften der Liga gespielt, nicht eines dieser Duelle hat er gewonnen. In der zweiten Hälfte wurde deutlich, woran das liegt. Die Freiburger sind ein verschworener Haufen, die besseren Einzelspieler haben andere. Zum Beispiel die Eintracht. Ekitiké stahl Freiburgs Kapitän Vincenzo Grifo den Ball, er war aus dem toten Winkel gekommen. Ekitiké dribbelte, Rasmus Kristensen schoss präzise, Atubolu hatte keine Chance (60). Drei Minuten später war das Spiel entschieden. Ellyes Skhiri staubte nach einer Flanke ab, weil die Freiburger die Situation nicht geklärt hatten.