Stil

Was in der Berliner Design Week 2025 alles anders werden soll | ABC-Z

Berlin hat eine Identität als eine der großen europäischen Kultur- und Kreativstädte – in Kunst, Theater, Musik, Mode, Literatur, Fi lm und Architektur. Was in solchen Aufzählungen meist nicht vorkommt: Design. Dabei gibt es in der Stadt viele Design­studios und Agen­turen, renommierte Ausbildungsstätten wie die Kunsthochschule Weißensee und die Universität der Künste. Junge Designer ziehen nach Berlin, um sich hier selbständig zu machen, neue ­Möbel- und Einrichtungsmarken werden gegründet. Dazu kommen Kulturinstitutionen wie das Kunstgewer­be­museum, das Bröhan-Museum und das Museum der Dinge. Aber das Design dringt nicht durch in der vielstimmigen Kulturszene und steht im Schatten von Veranstaltungen wie der Berlinale, dem Theatertreffen, dem Gallery Weekend, selbst der Modewoche.

Das soll sich jetzt ändern, mit der­ ­Berlin Design Week (BDW) vom 15. bis 18. Mai. „Unser zentrales Ziel ist es, die kreativen Talente dieser Stadt sichtbar zu machen“, sagt Alexandra Klatt, ­Mitgründerin und Geschäftsführerin der BDW. „Design ist in Berlin leider oft noch das Stiefkind unter den kreativen Disziplinen.“ Dabei trage Design mit starken Umsatzzahlen auch zur Berliner Wirtschaft bei. Mehr Sichtbarkeit bringen sollen Ausstellungen, Talks und andere Veranstaltungen an verschiedenen Orten in der Stadt, organisiert von der BDW selbst und von Partnern wie ­Möbelmarken und Designstudios.

Es gab kein tragfähiges Geschäftsmodell

Es ist nicht der erste Versuch, der ­Designszene der Stadt eine Bühne zu bauen. Schon kurz nach der Jahrtausendwende gab es für einige Jahre den Designmai, der zu Studiobesuchen einlud und Ausstellungen initiierte. Die Dynamik der Nachwende-Jahre, die der Kunstszene zu erstaunlicher inter­nationaler Relevanz verhalf, sollte auch das Design erfassen. Doch nach wenigen Ausgaben war Schluss. Ähnlich erging es dem DMY, der ursprünglich als Satellit des Designmai gestartet war und bis 2016 jährlich Gestaltung in und aus Berlin ins Rampenlicht ­rücken ­wollte – an prominenten Orten wie dem Flughafen Tempelhof oder dem Kraftwerk.

Beide Formate scheiterten letztlich daran, dass sie kein klares Profil entwickeln konnten zwischen kommer­zieller Leistungsschau und buntem Festival der Möglichkeiten. Es gab kein trag­fähiges Geschäftsmodell, und die Qualität der präsentierten Projekte von klassischem Möbeldesign bis hin zu Material­experimenten schwankte stark. Klarer war da schon das Konzept der Qubique, die 2011 einmalig in den Tempelhof-Hangars stattfand: eine klassische ­Möbelmesse mit Ausstellern aus dem gehobenen Segment wie Vitra und ­Thonet, aber in attraktiver Umgebung. Doch es blieb bei einer Ausgabe, denn in wirtschaftlich schwierigen Zeiten konnte sich die Messe nicht etablieren.

„Eine dritte Messe muss es in Europa nicht geben“

„Man braucht mehr Zeit, mehrere Jahre. Es war zu kurz gedacht und vielleicht auch zu hoch gepokert“, sagt ­Ruben Hutschemaekers, einer der ­Qubique-Gründer. Potential für eine Designmesse sieht er nicht mehr. Mit dem Salone del Mobile in Mailand und den 3 Days of Design in Kopen­hagen gibt es zwei funktionierende Formate. „Eine dritte Messe muss es in Europa nicht geben“, sagt Hutsche­maekers, der auch als Deutschland-Geschäftsführer von Designmarken wie Hay und Magis gearbeitet hat. Berlin und die Kreativen, die hier arbeiten, so sagt er, hätten aber durchaus eine eigene Veranstaltung mit klarem Konzept verdient.

Nicht zuletzt die Berlin Design Week selbst ist in den vergangenen Jahren daran gescheitert, Sichtbarkeit für Gestaltung zu schaffen. Nach dem Ende des DMY-Festivals versuchte Alexandra Klatt mit anderen Mitstreitern, mit der Designwoche ein neues Format zu ­etablieren. Doch Unterstützung der ­Szene blieb aus, nur wenige Unternehmen und Studios wollten sich enga­gieren. Wechselnde branchenfremde Sponsoren und abseitige Ausstellungsorte trugen auch nicht dazu bei, die Relevanz zu erhöhen. In der großen Stadt mit ihren vielen kleinen Bubbles ging die BDW unter. Ein Grund für die ­mangelnde Durchschlagskraft, laut ­Alexandra Klatt: „Während Formate wie Fashion Week oder Art Week durch den Senat stark unterstützt werden, war die BDW ein Graswurzelprojekt.“

Interiordesign ist greifbarer

Für die nun anstehende Ausgabe 2025 hat sich die Designwoche neu aufgestellt. Sie wurde gestrafft auf vier ­Tage, das sorgt für Konzentration und Verdichtung – und hoffentlich eine gewisse ­Dynamik. Das Kernteam um Mitgründerin Klatt ist gewachsen, seit diesem Jahr engagieren sich mit Angelika ­Müller vom Ahead-Verlag („Home“, „Flair“) und Monika Dagrée von On ­Time PR zwei bestens vernetzte Medienprofis im Team der BDW. Zudem wurde der inhaltliche Fokus weiter gestellt: Neben sperrige Themen wie experimentelles Design oder Social Design treten Produkt- und Interiordesign. Die sind nicht nur greifbarer, sondern versprechen auch kommerziell ertrag­reicher zu sein, weil sich verstärkt Hersteller und Planungsbüros beteiligen.

Vorab vermeldet die BDW jedenfalls knapp 90 teilnehmende Unternehmen, Institutionen und Gestalter. Über Konferenz- und Talkformate soll ein Fachpublikum genauso angesprochen werden wie interessierte Berliner. Die ­Designer von Bartmann sind mit ihren Einbaumöbeln und Küchen ebenso dabei wie die Galerie White Label Projects und die Königliche Porzellanmanufaktur (KPM). Dass sich die BDW neu aufgestellt hat, motivierte andere, sich mit eigenen Veranstaltungen wie Ausstellungen an den Termin zu hängen – auch ohne offiziell als Partner aufzutreten. Das gab es in vergangenen Jahren kaum.

Die Szene ist in Bewegung

Der Versuch, sich neu einzurichten, findet im richtigen Moment statt. Denn Berlins Designszene ist in Bewegung. Zum Beispiel das Collectible Design, bei dem es um Einzelstücke und Objekte in kleinen Serien geht, die meist in Galerien verkauft werden. Lange spielte diese Form von Gestaltung kaum eine Rolle in Deutschland, doch das ändert sich gerade. Sichtbare Zeichen sind eine Reihe von Ausstellungen, die vergangene Woche zum Gallery Weekend eröffneten. David Kosock und Joern Scheipers von Vaust Studio etwa starteten eine ­Galerie für zeitgenössisches Collectible Design, die Vaust Gallery.

Die beiden arbeiten auch an einer großen Aus­stellung mit Collectible-Design-Objekten, die sie im Herbst zur Art Week in Berlin zeigen wollen. Ebenfalls zum Gallery Weekend eröffnet die Schau „Everyday Exquisite“, zusammen­gestellt von Architekt Julian Bächle. Der kanadische Leuchtenhersteller Bocci hat mit The Foundry eine Plattform für experimentelles Design in Reinickendorf konzipiert. Die Berliner Kuratorin Tina Roeder wiederum arbeitet für September an einem „Design, Kunst und Architektur verbindenden, kulturdiskursiven Biennale-Format“. Sie sagt, Berlin habe „eine herausragende transdisziplinäre Kulturszene, in der vernetzungstechnisch gerade viel passiert“.

Anders als noch vor ein paar Jahren gibt es bei vielen Akteuren der Berliner Szene ein größeres Interesse, zusammenzuarbeiten und einen Beitrag zu leisten zum großen Ganzen – über die Grenzen der Disziplinen hinweg. Das merkte auch Lutz Henke, Leiter Stabsstelle Kultur bei der Tourismusagentur Visit Berlin, als er zum Designfestival Madrid im Februar die Gruppenschau „Berliner Panorama“ initiierte. Alle ­angefragten Gestalter seien sofort dabei gewesen, erzählt Henke. Vernetzen, bündeln, zusammenrücken: Er ist überzeugt, dass das der richtige Weg ist, dem zeitgenössischen Design zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen. So könnte es dann auch aus den Schatten der anderen ­Disziplinen heraustreten.

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