Liberale: Christian Dürr ist neuer Liberale-Chef | ABC-Z

Die FDP hat Christian Dürr zum neuen Parteichef gewählt. 82 Prozent der Delegierten stimmten beim Parteitag in Berlin für den ehemaligen Bundestagsfraktionschef. Der 48-Jährige löst damit den langjährigen Parteichef Christian Lindner ab, der nach der historischen Wahlniederlage im Februar seinen Rückzug aus der aktiven Politik angekündigt hat. Damals war die Partei an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert und ist seitdem nicht mehr im Bundestag vertreten.
Dürr hat in seiner Bewerbungsrede die Partei aufgerufen, auch nach der verlorenen
Bundestagswahl inhaltlich Kurs zu halten. Bei der Wahl seien die Extreme
die strahlenden Sieger gewesen. Auch die FDP müsse sich daher
hinterfragen. “Aber die Antwort kann nicht
sein, dass man sämtliche Überzeugungen nach der Bundestagswahl über Bord
wirft.”
Der frühere Fraktionschef
attackierte in diesem Zusammenhang die Unionsparteien CDU/CSU und warf ihnen eine 180-Grad-Wende vor. “Man kann
nicht das Gegenteil tun, was man im Wahlkampf plakatiert hat.” Das
koste das Vertrauen in die Demokratie.
Neuer FDP-Chef lehnt Rechtsschwenk ab
Dürr rief die
Liberalen zu Geschlossenheit auf und lehnte eine Kursänderung nach
rechts strikt ab. Manche gäben der FDP jetzt den Ratschlag, sie solle
mehr nach rechts rücken und “irgendwie konservativ werden”. Andere
erklärten, der Wirtschaftsliberalismus habe sich längst überholt. “Diese
Sirenenrufe – wir hören sie, aber wir folgen ihnen nicht.”
Der neue Parteichef kündigte an, ein neues Grundsatzprogramm erarbeiten zu lassen. Außerdem will er die Strukturen und Prozesse der FDP reformieren. “Ich will, dass wir inhaltlich die
modernste Partei in Deutschland sind. Ich will aber, dass wir auch
organisatorisch die modernste Partei in der Bundesrepublik Deutschland
werden.” Das neue Programm solle sich nicht auf das Grundsätzliche beschränken,
sondern die liberalen Zielsetzungen und Überzeugungen in die konkrete
Lebenswirklichkeit der Menschen übersetzen. Der Arbeitstitel könne
“Freiheit konkret” sein.
Dürr soll die FDP bei der nächsten Wahl in vier
Jahren wieder zurück in den Bundestag führen. Seine erste
Bewährungsprobe wird aber schon im März kommenden Jahres die
Landtagswahl in Baden-Württemberg sein, das die Liberalen als ihr
Stammland ansehen.
Dürr kommt aus Niedersachsen
Der neue Parteichef gilt mit 48 Jahren noch als recht jung. Er kommt aus Niedersachsen, war dort Landesvorsitzender der Jungen Liberalen. 2003 zog er für die FDP in den niedersächsischen Landtag ein, 2017 gelang ihm der Sprung in den Bundestag. 2021 übernahm er den Fraktionsvorsitz. Schon damals war er Nachfolger von Lindner, der als Finanzminister ins Kabinett wechselte.
Anders als Lindner ging Dürr aus der Affäre um das sogenannte D-Day-Papier, mit dem das Koalitionsaus vorbereitet wurde, weitgehend unbeschadet hervor. Für manche in der Partei war Dürr dennoch zu eng verbunden mit der Ampelzeit. Die Julis etwa sehen in der Personalie allein noch keinen echten Neuanfang. Außerhalb der Parteijugend hält sich der Gegenwind für Dürr aber in Grenzen.
Dürrs Vorgänger in dem Amt, Christian Lindner, verabschiedete sich auf dem Parteitag. Bei seiner Rede griff er die neue Bundesregierung an und appellierte an seine Partei, keinen Kurswechsel zu vollziehen, sondern sich personell zu erneuern. Der Abschied falle ihm nicht leicht, sagte Lindner. Er zog eine positive Bilanz seiner gut elf Jahre an der Spitze der
FDP. “Ich schaue auf eine großartige Reise mit euch zurück. Und dafür
bin ich zutiefst dankbar.”