Fabian Schmidt über seine traumatisierende Abschiebehaft | ABC-Z

San Francisco/Boston. Verhöre, Leibesvisitation und Häme: Zwei Monate im US-Abschiebeknast. Diesen Albtraum erlebte der 34-jährige Deutsche.
Es ist aktuell der Albtraum eines jeden USA-Reisenden: Im Abschiebegefängnis zu landen und Furchtbares zu erfahren. Dem Deutschen Fabian Schmidt widerfuhr ein Martyrium, das zwar nur selten vorkommt und doch viele Ängste bestätigen dürfte. Der 34-Jährige berichtet von traumatisierenden und menschenunwürdigen Erlebnissen.
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Erst vor etwa einer Woche war Fabian Schmidt nach zwei Monaten Hochsicherheitsgefängnis in Rhode Island entlassen worden. Der Horror begann am 7. März dieses Jahres. Schmidt wollte nach einer Europareise in die USA zurückkehren, wo er seit 2007 mit seiner Familie lebt.
Von der Passkontrolle zum Verhörraum
Er besitzt eine sogenannte Greencard. Eine unbegrenzte Aufenthaltserlaubnis, die ihm nahezu dieselben Rechte einräumt wie US-Staatsbürgern. Was ihm bei der Einreise widerfuhr, berichtete Schmidt dem öffentlich-rechtlichen US-Radiosender WGBH. Der „Tagesspiegel“ hat das Interview ausgewertet.
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Dem Beamten am Bostoner Flughafen habe der Familienvater seine „kürzlich erneuerte“ Greencard gezeigt. Doch der Beamte schickte ihn zu einer Sicherheitskontrolle in einen Verhörraum weiter. Der Tagesspiegel zitiert Fabian Schmidt mit dem Satz: „Sobald ich den Raum betreten hatte, wurde ich heftig verhört und beschimpft“. Anschließend hätte er sich eine Leibesvisitation unterziehen müssen; seine Smartwatch sei eingezogen worden.
US-Abschiebehaft: Weder Kontakt zu Familie noch Anwalt erlaubt
Der 34-Jährige hätte weder einen Anwalt, noch die deutsche Botschaft oder seine Familie anrufen dürfen. Mit seiner Freundin hat Schmidt ein gemeinsames Kind. Die Beamten hätten ihn nach seinem Vorstrafenregister befragt. Schmidt habe wahrheitsgemäß von einem eingestellten Drogenvergehen und einer Trunkenheitsfahrt im Jahr 2016 berichtet.
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Daraufhin habe man entschieden, ihn nicht gehen zu lassen, weil angeblich Fluchtgefahr bestehe. Für Schmidt begannen die schlimmsten zwei Monate seines Lebens. Laut Tagesspiegel habe man ihm körperlich und psychisch hart zugesetzt. Zur Verpflegung im Bostoner Flughafen habe man ihm eine Tasse mit kalten Nudeln und eine Flasche Wasser gegeben. Nach drei Stunden Schlaf auf einer „dünnen Matte“ habe man ihn weiter befragt.
In den Tagen darauf sei es Schmidt nicht gut gegangen. Trotzdem hätten die Beamten darauf bestanden, ihn kalt zu duschen. „Es war ihnen egal. Zwei Männer brachten mich in dieses Hinterzimmer, zwangen mich, mich nackt auszuziehen und warfen mich in diese eiskalte Dusche“, wird Schmidt zitiert. Als er auf dem Weg zur Toilette war, sei der ohnmächtig geworden und auf den Boden aufgeschlagen.
Erst auf Drängen wurde Schmidt medizinische Versorgung erlaubt
Erst nach einiger Überredung und Häme, die Schmidt habe über sich ergehen lassen müssen, brachte man ihn ins Massachusetts General Hospital. Dort behandelte man ihn gegen Grippe und Fieber; gefesselt ans Krankenhausbett. Dem Rat des Arztes, den 34-Jährigen auskurieren zu lassen, folgten die Beamten nicht. Stattdessen folgten weitere 18 Stunden Verhör.
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Einer der Beamten hätte zu ihm gesagt: „Du gehst verdammt noch mal nicht nach Hause, du bleibst hier, du gehst irgendwohin, wo es viele Einwanderer, ein Krankenhaus und ein Fitnessstudio gibt.“
Fabian Schmidt: „Erniedrigend und entmenschlichend“
Wenig später wurde er ins Hochsicherheitsgefängnis in Rhode Island verlegt. Auf dem Weg dorthin hätten sich die Beamten über ihn lustig gemacht. Für Schmidt „erniedrigend und entmenschlichend“. Erst in Rhode Island habe er seine Familie kontaktieren dürfen.
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Seine Entlassung vor einer Woche war für Schmidt völlig unvorbereitet gekommen. Mit einem Auto brachte man ihn mit seiner Verlobten zusammen. Der Moment, als der eben noch Inhaftierte seine Freundin sah: „Ich war überglücklich, als ich sie endlich in die Arme schließen konnte – es war ein großer Moment, frische Luft zu atmen und seinen Partner wiederzuhaben.“
Weitere Deutsche landeten in Abschiebehaft
Laut RTL hätten weitere Deutsche in Abschiebehaft gemusst. Im März dieses Jahres traf eine 22-jährige Studentin aus Baden-Württemberg. Laut den RTL-Recherchen habe es außerdem eine 29-Jährige aus Berlin und einen 25-Jährigen aus Sachsen-Anhalt getroffen.
Laut der deutschen Fluglinie Lufthansa hätten die Abweisungen an US-amerikanischen Flughäfen jedoch nicht zugenommen, seit dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump.
Lufthansa stellte keinen Anstieg der Abschiebungen an US-Flughäfen fest
Laut Vorstandsmitglied Dieter Vranckx ist der Anteil von zurückgewiesenen Passagieren im laufenden Jahr bis einschließlich vergangenen Montag (12. Mai) sogar zurückgegangen. Seinem Beitrag im Netzwerk LinkedIn zufolge sank die Quote im Jahresvergleich von 17 auf 16 Fälle pro 100.000 Passagiere.
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In der Regel sei die Einreise wegen unvollständiger Reisedokumente oder nach Unstimmigkeiten bei den Befragungen verweigert worden, schildert Vranckx. Die Zahlen zeigten keinen Beleg für spürbare Änderungen der US-Einreisepolitik.
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Das Auswärtige Amt hat seine Reisehinweise für USA-Reisende zuletzt neu gefasst und vor Schwierigkeiten bei der Einreise gewarnt. Dort heißt es: „Vorstrafen in den USA, falsche Angaben zum Aufenthaltszweck oder eine auch nur geringfügige Überschreitung der Aufenthaltsdauer bei Reisen können bei Ein- beziehungsweise Ausreise zu Festnahme, Abschiebehaft und Abschiebung führen.“
mit dpa