Alte Münze in Mitte für 30 Jahre an Clubbetreiber vermietet | ABC-Z

Berlin. Wo einst Metallgeld geprägt wurde, soll nun ein privates Unternehmen dauerhaft Subkultur sichern. Das gefällt Linken und Grünen gar nicht.
Der Streit drehte sich zunächst nur um die B-Note. Der Senat solle offenlegen, zu welchen Konditionen und mit welchen Auflagen das Land Berlin einen der wichtigsten Kulturstandorte der Innenstadt für die nächsten Jahrzehnte an ein privates Unternehmen vergeben wird. Das forderten Linke und Grüne vehement ein, ehe sie im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses für eine Vergabe der Alten Münze am Molkenmarkt an die Spreewerkstätten GmbH zustimmen sollten. „Wenn das ein so tolles Modell ist, können sie doch die Konditionen nennen“, sagte der Linken-Haushaltspolitiker Steffen Zillich: „Es wäre spannend, das nachzurechnen.“
Einer der wichtigsten Kulturorte in Mitte ist damit langfristig gesichert, so der Senat
Die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD segneten trotz dieser Einwände die Vorlage ab, obwohl viele Details des Mietvertrages zwischen der landeseigenen Immobiliengesellschaft BIM und den Spreewerkstätten geheim sind. Der Kulturausschuss könne das Thema dann zwar nochmals diskutieren, hieß es. Aber die Entscheidung, eine der wichtigsten Weichenstellungen der Kultur- und Stadtentwicklungspolitik in der alten Berliner Mitte, ist gleichwohl schon gefallen. Eine jahrelange, kontroverse politische Diskussion über die Alte Münze ist damit offiziell beendet.
Subkultur und freie Szene sollen weiter ihren Platz haben in der Alten Münze. Auch kritische Performances wie „Everybody is gone” über die Unterdrückung der Uiguren in China soll es weiter geben.
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Der für die Landesfinanzen zuständige Hauptausschuss muss zustimmen, wenn das Land Immobilien aus politischen Gründen unter Marktwert vergibt. Das passiert nun für 30 Jahre mit dem größten Teil der Immobilie im Dreieck zwischen Leipziger Straße und Spee schräg gegenüber vom Roten Rathaus. Die Spreewerkstätten mieten 12.400 der insgesamt knapp 15.000 Quadratmeter für 240.000 Euro pro Jahr. Als Marktpreis hatte die BIM knapp 350.000 Euro ermittelt, wie aus der vertraulichen Vorlage des Senats hervorgeht. Ein Jahr hatten beide Seiten über den Mietvertrag verhandelt.

Das Hauptgebäude der Alten Münze an der Leipziger Straße.
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Der Hauptausschuss hatte bereits mit der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2024/25 dem Senat auferlegt, einen solchen langfristigen Mietvertrag abzuschließen. Dass der Generalmieter die Liegenschaft an Dritte weiterreichen könnte und das Land den Zugriff verliert, sei laut Mietvertrag ausgeschlossen, heißt es in der Vorlage. Zillich fragt sich vor allem, ob es denn irgendeine öffentlich zu kontrollierende Kuratierung der dort künftig geplanten Kulturaktivitäten oder kreativen Mieter gibt oder nicht. Dem ist offenbar nicht so, obwohl vereinbart ist, dass die Spreewerkstätten Akteure der freien Szene weiterhin zu abgesenkten Mieten aufnimmt.
Der Mieter übernimmt selbst einen Teil der Sanierungskosten
Der Vorteil für Berlin, den auch der linke Kritiker Zillich nicht infrage stellt, ist die Übernahme von Sanierungsarbeiten durch die Spreewerkstätten auf eigene Kosten. Die Clubbetreiber hatten bereits in der Vergangenheit mehrere Millionen Euro in die maroden Gebäude der früheren Münzprägeanstalt gesteckt, um dort Clubkultur und Kreativwirtschaft und Akteure der freien Szene ansiedeln zu können. Weil weiteres finanzielles Engagement des Mieters in Höhe von 23,5 Millionen Euro in Aussicht steht, spart das Land eigenes Geld für die Sanierung. Statt der einmal geplanten knapp 50 Millionen fallen nun nur noch 32,8 Millionen Euro unter anderem für das Dach an. Dem Anteil der Spreewerkstätten können davon 27,5 Millionen Euro zugerechnet werden. Das Geld soll aus dem Sonder-Investitionsfonds Siwa genommen werden, nicht aus dem regulären Haushalt.
Frühere Regierungskoalitionen hatten andere Pläne mit der Alten Münze. Lange war dort ein „House of Jazz“ geplant. Aber es fehlte auch zu Zeiten des linken Kultursenators Klaus Lederer, der das Ressort bis 2021 leitete, stets die Finanzierung. Darauf verweist auch der CDU-Abgeordnete Christian Goiny. „Lederer wollte Staatsknete für die freie Szene, aber das Geld war nie da“, sagte der Christdemokrat am Donnerstag der Morgenpost. Goiny, von Hause aus Finanzpolitiker und Sprecher seiner Fraktion, hat enge Kontakte in die Club- und Kreativszene und gilt als einer der Väter der nun gefundenen Lösung. „Es ist ein großer Erfolg, dass es nun endlich vorangeht“, sagte Goiny.
Eine private Beteiligung passt in die neue kulturpolitische Strategie der Koalition
Nach seinen Worten hat die neue Koalition nun weitgehend umgesetzt, was 2012 im Zuge der „neuen Liegenschaftspolitik“ des Landes ausgerufen worden sei. Bis dahin galt die Strategie, zur Sanierung des Haushaltes Landesimmobilien möglichst teuer zu verkaufen. Vor mehr als zehn Jahren war vereinbart worden, drei Club- und Subkultur-Standorte zu sichern: Den Holzmarkt, der inzwischen von einer Genossenschaft betrieben wird. Der Yaam-Club an der Schillingbrücke, der nun einen Mietvertrag für 20 Jahre erhalten hat und nach der Sanierung der Spree-Uferwände im nächsten Jahr wieder den Konzertbetrieb aufnehmen soll. Und eben der Alten Münze.
Für Goiny und die CDU ist das ein Modell für künftige Kulturpolitik. Privates Geld soll herangezogen werden, um Kulturstandorte zu sichern und zu entwickeln. Die Betreiber könnten nun dort „Subkultur fördern und auch mal an BMW vermieten“, beschreibt der CDU-Abgeordnete die Grundüberlegung. Misstrauen gegenüber dem Clubbetreiber Speerwerkstätten hält Goiny für nicht angebracht. Das beweise auch etwa der Techno-Pionier Dimitri Hegemann mit dem Tresor im alten Kraftwerk Mitte an der Köpenicker Straße, wo die Gebäude ebenfalls indirekt dem Land gehört. Dass an der Alten Münze mehr passiere als Techno-Partys sei gewünscht und entspreche dem heutigen Konzept von Clubkultur, so Goiny. denn dazu gehöre auch Kunst, Event und Gastronomie.