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Unklarheit bei Grenzschließungen: Grüne attestieren Innenminister Dobrindt “Chaos in Reinform” | ABC-Z

Die Grünen gehen mit der angekündigten verschärften Kontrolle an den deutschen Außengrenzen scharf ins Gericht: Die Bundesregierung ducke “sich vor der eigentlichen Verantwortung auf übelste Art und Weise” weg, kritisiert Fraktionsgeschäftsführerin Mihalic. Bei der Bundespolizei wachse der Frust.

Wie geht es weiter mit den groß angekündigten, umfassenden Zurückweisungen von Migranten an den deutschen Außengrenzen? Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat hierzu Fragen: “Es werden Dinge angekündigt, dann weiß man nicht genau, wie sie umgesetzt werden, dann scheitern sie an den realen Bedingungen und dann weiß am Ende niemand mehr, was eigentlich los ist”, sagte Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Irene Mihalic am Mittwoch vor Journalisten in Berlin. Sicher sei nur, “dass die aktuellen Weisungen, die aus dem Bundesministerium kommen, die Bundespolizei sehr unter Druck setzen”.

Die neue Bundesregierung will unter Federführung von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt mit zusätzlichen Grenzkontrollen und Zurückweisungen von Asylbewerbern gegen unerwünschte Migration vorgehen. Mitte der Woche wies Dobrindt die Bundespolizei an, die Grenzen verschärft zu kontrollieren und auch Asylsuchende abzuweisen. Aus Sicht von Kritikern sind Zurückweisungen vermutlich nicht mit EU-Recht vereinbar und zudem eine Gefahr für den eigentlich grenzkontrollfreien EU-Binnenmarkt.

Die Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann äußerte im Frühstart von ntv ähnlich scharfe Kritik wie Mihalic: “Wir haben von Bundesinnenminister Dobrindt eine Ankündigung zur Notlage und Artikel 72, den wir für europarechtswidrig halten, gehört. Und wir haben gleichzeitig vom Regierungssprecher gehört: Das wird dementiert. Und das passt alles nicht zusammen.” Es gebe viele Widersprüche: “Was ist denn jetzt Lage? Gibt es Grenzschließungen? Gibt es verschärfte Grenzkontrollen? Auf welcher Rechtsgrundlage soll das erfolgen? Das wissen auch die Bundespolizistinnen und -polizisten gar nicht genau”, sagte Haßelmann. Sie fürchtet Folgen für den Wirtschaftsverkehr. “Denn wir wissen, diesseits und jenseits der Grenzen ist der Lebensalltag von Menschen in den Grenzregionen, was Pendlerinnen und Pendler angeht, was Wirtschaftsverkehr, Güterverkehr angeht, ein ganz anderer. Und das belastet die Wirtschaft enorm.”

Mihalic kritisierte die unklaren Vorgaben zur Ausnahme sogenannter vulnerabler Gruppen von den Zurückweisungen an den Grenzen. Die Bundespolizistinnen und Bundespolizisten könnten “den Weisungen des Bundesinnenministeriums rechtlich nicht vertrauen”, sagte Mihalic. Wer etwa zu den vulnerablen Gruppen gehöre – Kinder? Schwangere? Väter mit Kindern? -, sei unklar. “Ich hätte mich nicht wohlgefühlt mit Weisungen, von denen ich nicht sicher bin, sind sie jetzt rechtens oder nicht”, erinnerte sich Mihalic an ihrer Laufbahn als Polizistin, von der sie seit 2007 beurlaubt ist.

“Frust wächst dramatisch”

“Da macht sich die Bundesregierung einen extrem schlanken Fuß und duckt sich vor der eigentlichen Verantwortung weg auf übelste Art und Weise”, äußerte Mihalic scharfe Kritik. “Alles in allem haben wir hier Chaos in Reinform.” Die zusätzlichen Kontrollen an den Außengrenzen sorgten dafür, dass “Überstunden angehäuft” werden; “der Frust wächst dramatisch”. Dabei leide die Bundespolizei schon jetzt unter hohen Kündigungszahlen. Die Grünen hatten einen Katalog an Fragen zu den Migrationsplänen der Bundesregierung eingereicht. Mihalic sagte, sie erwartet eine Antwort bis Anfang kommender Woche.

Dabei hatte Mihalic für den neuen Bundeskanzler Friedrich Merz auch lobende Worte. Die gemeinsame Reise mit weiteren europäischen Staats- und Regierungschefs am vergangenen Samstag sei “ein sehr, sehr klares Signal der Geschlossenheit” gewesen, sagte Mihalic. “Dieses Zeichen hätten wir uns vom Kanzler Scholz damals auch in der Vergangenheit wirklich sehr gewünscht.” Diese europäische Geschlossenheit werde durch den Versuch einseitiger und rechtswidriger Grenzschließungen aber “unglaubwürdig”.

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