„Nun ist es für mich an der Zeit“ | ABC-Z

Berlin. Saskia Esken will nicht erneut für den Vorsitz der SPD kandidieren. Sie begründete dies mit dem Wunsch, der SPD Raum für Erneuerung zu geben.
Der Abschied von Saskia Esken von der SPD-Spitze hatte sich seit einer Woche angedeutet. Die 63-Jährige war bei der Vergabe der Regierungsämter durch ihren Mitvorsitzenden Lars Klingbeil am vergangenen Montag leer ausgegangen. Bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags von Union und SPD war der Baden-Württembergerin die Enttäuschung anzusehen gewesen. Zuvor hatte es aus Parteikreisen noch geheißen, dass Saskia Esken gerne Ministerin geworden wäre.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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Dass Klingbeil keinen Platz am Kabinettstisch für Esken fand, war ein sicheres Zeichen gewesen, dass auch ihre Karriere an der SPD-Spitze sich dem Ende zuneigt. Am Sonntagabend bestätigte die dem linken Parteiflügel zugehörige Esken, dass sie bei dem Bundesparteitag Ende Juni nicht mehr zur Wiederwahl antreten wird. „Ich hatte die Freude und die Ehre, sechs Jahre lang die Vorsitzende dieser altehrwürdigen, quicklebendigen Partei zu sein“, sagte Esken. „Nun ist es für mich an der Zeit, der SPD Raum für ihre Erneuerung zu geben.“
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Saskia Esken war in der Partei nie unumstritten
Klingbeil hatte nach dem historisch schlechten Wahlergebnis von nur gut 16 Prozent bei der Bundestagswahl einen Generationswechsel angekündigt. Aus Teilen der SPD war daraufhin die Forderung erhoben worden, dass Esken ihren Platz an der Doppelspitze der Partei räumen müsse. Esken war in der SPD nie unumstritten gewesen, selbst in ihrem eigenen Landesverband in Baden-Württemberg hatte die gebürtige Stuttgarterin wenig Rückhalt.
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Die offenen Rücktrittsforderungen an Eskens Adresse stießen in der Partei jedoch auch auf Kritik. Schließlich seien Esken und Klingbeil gleichermaßen für das schlechte Wahlergebnis verantwortlich. Während sich der 47 Jahre alte Klingbeil aber nach der Wahl zunächst auch den Vorsitz der Bundestagsfraktion sicherte und in der neuen Regierung Vizekanzler und Finanzminister ist, solle die Frau allein als Sündenbock herhalten, wurde kritisiert.
Saskia Esken stach im Kampf um den SPD-Vorsitz Olaf Scholz aus
Klingbeil dankte Esken am Sonntagabend für die „enge und immer vertrauensvolle Zusammenarbeit“ an der SPD-Spitze. „Wir haben die SPD zusammen durch Höhen und Tiefen geführt“, fügte Klingbeil hinzu. „Das hat uns gegen viele Widerstände zusammengeschweißt.“ Die Digital- und Bildungsexpertin Esken war 2019 nach dem Rücktritt von Andrea Nahles gemeinsam mit Norbert Walter-Borjans von den SPD-Mitgliedern ins Amt gewählt worden.
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Die Wahl des bis dahin in der breiten Öffentlichkeit unbekannten Duos galt als Überraschung, in der Stichwahl setzten sich die beiden gegen den späteren Bundeskanzler Olaf Scholz und dessen Mitbewerberin Klara Geywitz durch. Esken war bis dahin Bundestagsabgeordnete gewesen, der frühere Finanzminister von Nordrhein-Westfalen Walter-Borjans hatte sich eigentlich schon aus der aktiven Politik zurückgezogen. Ihre Kandidatur war massiv von den Jusos um ihren damaligen Vorsitzenden Kevin Kühnert unterstützt worden.
Bärbel Bas gilt als mögliche Nachfolgerin von Saskia Esken
In der Folgezeit zog Esken wiederholt wegen ungeschickter öffentlicher Äußerungen Kritik auch aus der Partei auf sich. Andererseits galt die Sozialdemokratin als extrem hartnäckig. Ein schuldenfinanziertes Sondervermögen zur Modernisierung der deutschen Infrastruktur, wie Union und SPD es nun beschlossen haben, hatte Esken schon bei ihrer Bewerbung für den Parteivorsitz gefordert.

Eskens Nachfolgerin wird auf dem Parteitag Ende Juni gewählt. Als mögliche Kandidatin gilt Arbeitsministerin Bärbel Bas. In einem vor Eskens Ankündigung geführten Interview mit dieser Redaktion sagte Bas: „Ich habe den Parteivorsitz nicht ausgeschlossen.“