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Jubiläumswochenende: Das Deutsche Museum feiert seine 100-jährige Geschichte – München | ABC-Z

„Der Stuhl hat sich ja richtig bewegt“, ruft das Mädchen mit den langen blonden Haaren ihrem Vater zu, als sie sich die VR-Brille vom Kopf zieht. Sie hüpft von ihrem blauen Schalensitz, auf dem sie eine Viertelstunde lang virtuell im Weltraum war und wiederholt: „Echt richtig bewegt hat der sich, Papa.“ Dieser murmelt etwas wie: „War schon faszinierend.“ Schnell wanken die beiden zum Ausgang der „Spacebuzz“-Rakete, die Metalltreppe runter und verschwinden in der Menge. Zu schnell, um nach den Namen zu fragen und was sie sich gemerkt haben von dem, was die zwei deutschen Astronauten Alexander Gerst und Matthias Maurer den Zuschauern bei der Videofahrt durch den Weltraum erzählen, auch vom sogenannten Overview-Effekt, der Erfahrung des Blicks aus dem All auf die Welt.  Angekommen dürfte sein: Die Erde mit ihren Ozeanen und Bergen ist wunderschön.

Raumschiff-Abenteuer mit 3-D-Brille im Spacebuzz. (Foto: Johannes Simon)

Das Projekt „Spacebuzz“ aus den Niederlanden ist eine von vielen Attraktionen am Jubiläumswochenende des Deutschen Museums am 10. und 11. Mai. Für die virtuelle Weltraum-Reise muss man sich allerdings vorher anmelden. Seit 100 Jahren gibt es nun schon das große Haus mit seinen vielen Abteilungen. Einst gebaut von Oskar von Miller auf der ehemaligen Kohleninsel, gehört es zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Die Münchner selbst lieben ihr Museum, wie der Andrang am Wochenende zeigt, aber auch Besucher aus dem Ausland zieht es an. Daran hat die Informationsflut des Internet und der sogenannten sozialen Medien nichts geändert.

Die Menschen kommen, um Gegenstände zu sehen und Experimente zu erleben. So wie die Studentin Aline aus Lyon. Sie ist mit ein paar Freunden zu Besuch in der Stadt und hatte nicht damit gerechnet, umsonst in das Museum zu kommen. Man habe sie gewarnt vor den langen Warteschlangen an der Kasse, erzählt sie. Aber das alles gibt es an diesem Wochenende nicht. 15 Euro für Erwachsene, 31 für Familien kostet der Eintritt normalerweise. An diesem Samstag und Sonntag aber ist der Eintritt frei, und dazu gibt es noch unzählige zusätzliche Angebote. Bastelstationen für Kinder, Spiele, Führungen, Vorträge und Stände, an denen ausführlich erklärt wird. Wie viele es insgesamt sind, weiß selbst Gerrit Faust, Sprecher des Technik-Museums, nicht genau zu sagen. Monatelange haben er und seine Kollegin Dagmar Klauer die Ideen der Abteilungen gebündelt und ausgearbeitet.

Vater Enrico will seiner Tochter Almuth Technik nahebringen. Die beiden sind aus Rosenheim nach München gekommen.
Vater Enrico will seiner Tochter Almuth Technik nahebringen. Die beiden sind aus Rosenheim nach München gekommen. (Foto: Johannes Simon)

Das Zusatzprogramm ist überwältigend groß und deshalb muss man nirgends so lang anstehen wie sonst manchmal an der Museumskasse. Auch die achtjährige Almuth und ihr Vater Enrico hatten ihren Besuch unabhängig vom Jubiläumstrubel geplant. In der Flugzeughalle erklärt der Maschinenbauer dem Mädchen gerade einen Vier-Zylinder-Motor. Eigentlich interessiere sie sich ja mehr für Tiere, sagt Almuth. Aber die Flugzeuge finde sie schon toll. Nur vor dem Roboter, der ihr am Vormittag schon entgegen stakste, habe sie sich etwas gegruselt. Man könne Kinder nicht früh genug an Technik heranführen, meint ihr Vater lachend.

Roboter-Gitarristin Helga.
Roboter-Gitarristin Helga. (Foto: Johannes Simon)

Auf einer Bühne in der Halle steht auch ein Roboter. Dieses Gebilde aus Metall, Drähten und Kabeln heißt Helga und soll weiblich gelesen werden. Am Abend soll sie auf ihrer Gitarre den Go Sing Choir begleiten. Jeder kann mitmachen, Anmeldung und Anmeldegebühr sind dieses Mal nicht nötig. Denn am Samstag geht der Aktionstag nahtlos in die Lange Nacht der Musik über. Gesungen wird passend zum Ambiente der Song „Space Oddity“ von David Bowie. Unweit von Helga kann man in der Robotik-Werkstatt selbst kleine bewegliche Figuren bauen.

Gabriele Eichler trifft man in 60 Metern Höhe. Pro Fahrt maximal 25 Personen dürfen in eine Art Käfig steigen, der von einem riesigen Kran angehoben wird. Von dort eröffnet sich ein weiter Blick über die roten Dächer Münchens und die mäandernde Isar. „Ich war als Kind mit meiner Oma hier“, erzählt sie. Beeindruckt sei sie damals vor allem vom Bergwerk gewesen. Anfangs sei es ihr dort unten richtig unheimlich gewesen und ein lauter Knall habe sie mal furchtbar erschreckt.

Ein Kran hebt Besucher in die Lüfte, von wo aus sie den Blick über das Deutsche Museum und die Stadt genießen können.
Ein Kran hebt Besucher in die Lüfte, von wo aus sie den Blick über das Deutsche Museum und die Stadt genießen können. (Foto: Johannes Simon)
Ein Teilstück ehemaliges Bergwerk weckt Erinnerungen an frühere Besuche.
Ein Teilstück ehemaliges Bergwerk weckt Erinnerungen an frühere Besuche. (Foto: Johannes Simon)

Das Bergwerk fehlt seit der Renovierung des Museums. Aus bau- und feuertechnischen Gründen musste es geschlossen werden. Moderne Sicherheitsstandards hatte es schon lange nicht mehr erfüllt. Ein Stück der über Jahrzehnte so beliebten Untertage-Abteilung ist vorübergehend aufgebaut: die Holzkonstruktion, Gleise und ein Gemälde von Grubenarbeitern verbreiten Nostalgie. Wo dies einst original zu finden war, unweit des alten Eingangs, ist nun Großbaustelle. Während des Jubiläumswochenendes darf man dort ausnahmsweise hinein spitzen. Abgeschlagene, rohe Wände sind zu sehen, aber auch ein paar freigelegte, alte Schriften an der Decke.

Marcus Janke ist immer wieder vom Angebot des Deutschen Museums begeistert.
Marcus Janke ist immer wieder vom Angebot des Deutschen Museums begeistert. (Foto: Johannes Simon)

Marcus Janke, gelbe Jacke, eine Pilgermuschel an einem Band um den Hals, schwärmt von dem Museum, nachdem er wieder festen Boden unter den Füßen hat. Auch er hat sich in die Lüfte heben lassen. Technik sei für ihn eigentlich schwer zu verstehen, sagt er, aber hier werde sie immer gut erklärt und sei so gar nicht altbacken. Er finde es spannend, zu erfahren, wie etwas funktioniere, deshalb komme er oft her. „Hier gibt es Wissenschaft für jedermann.“

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