Wirtschaft

Der Raub von Kupferkabeln ist in Spanien Alltag – Wirtschaft | ABC-Z

Für fast hunderttausend Euro wird das Kilogramm Gold derzeit auf den Weltmärkten gehandelt. Geradezu lächerlich wirkt dagegen der Preis für Kupfer. Das rötliche Metall kostet an den Terminbörsen gut acht Euro das Kilogramm. Wer es als Altmetall an Händler verkauft, zum Beispiel auf Schrottplätzen, kann bestenfalls sechs Euro erzielen.

Tatsächlich wird in Deutschland fast die Hälfte des Kupferbedarfs aus wiederverwertetem Material gedeckt. Da ist es vermutlich kein Wunder, dass das Geschäft auch Diebe anlockt, die mitunter jeglichen Skrupel vermissen lassen. Im vergangenen Jahr rissen Unbekannte das Kupferdach einer Aussegnungshalle im Kreis Heilbronn herunter. Und nicht nur der Deutschen Bahn entstehen jährlich Schäden wegen gestohlener Kupferkabel, auch die Baubranche ist betroffen.

Die Weite der Iberischen Halbinsel spielt Räubern in die Hände

Doch während Kupferdiebe im dicht besiedelten Deutschland vergleichsweise hohe Gefahr laufen, in flagranti erwischt zu werden, und die Fallzahlen dort rückläufig sind, finden sie im Südwesten Europas ein ideales Betätigungsfeld. Das bekamen erst vor wenigen Tagen mehr als Zehntausend Bahnreisende in Spanien zu spüren, als die Zugstrecke zwischen Madrid und Sevilla stundenlang gesperrt blieb. Diebe hatten an fünf Stellen entlang der Trasse Löcher in die Zäune geschnitten und Stromkabel geklaut. Kabel, die zum Beispiel Streckensignale steuern.

Der folgenreiche Eingriff ins Herz des spanischen Transportsystems löste landesweit Empörung aus. Der Verkehrsminister sprach von Sabotage, die Guardia Civil ermittelt. Doch wer je in einem spanischen Zug mit 300 km/h durch die La Mancha gefahren ist, ahnt auch: Die Täter hatten hier wenig Mühe, das Weite zu suchen, buchstäblich.

Die Beschaffenheit der Iberischen Halbinsel mit ihren riesigen menschenleeren Landstrichen spielt den Räubern in die Hände. Allein an den Bahnstrecken Kataloniens registrierte die Polizei seit  2010 mehr als eintausend Kabeldiebstähle. Die Regionalbahnen rund um Barcelona und Madrid erleben regelmäßig Ausfälle wegen gestohlener Kabel.

Sportplätze lagen im Dunkeln

Betroffen sind auch Fabriken mit hohem Strombedarf, teils in entlegenen Winkeln des Landes. Immerhin: Im vergangenen Jahr fassten die Sicherheitsbehörden fast 1000 Kupferdiebe und in Ostspanien flog eine Bande auf, die mindestens 28 Firmen bestohlen hatte, darunter auch eine Kläranlage. In einem Fall hatten die Täter Kabelschächte mit einem Bagger aufgerissen. Anfang dieses Jahres blieben mehrere Sportplätze in Barcelona im Dunkeln, weil die Kabel der Flutlichtanlagen fehlten.

Vor wenigen Wochen nahm die Polizei einen Händlerring bei dem Versuch fest, mehr als 1500 Kilogramm gestohlene Kupferkabel an einen Schrotthändler in Madrid zu verkaufen. Es stellte sich heraus, dass sich die Bande zuvor an Solarparks bei Ávila sowie einer hydrologischen Pumpstation am Fluss Duero bedient hatte.

Das insgesamt fast 4000 Kilometer lange Hochgeschwindigkeitsbahnnetz Spaniens – übrigens das größte Europas – sei zwar komplett eingezäunt, sagte Verkehrsminister Óscar Puente nach dem Chaos am Wochenbeginn, doch hundertprozentige Sicherheit vor Diebstahl und Vandalismus gebe es schlicht nicht.

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