FC Arsenal läuft in Champions-League-Halbfinale 0:1 gegen Paris hinterher | ABC-Z

Mikel Arteta ist ein Coach für alle Fußball-Lebenslagen. Der Trainer des FC Arsenal versucht, den Seinen von der Seitenlinie aus mit Gesten und Rufen allerhand Hilfestellungen zu geben. Das geht so weit, dass der Spanier seinen Spielern, die nahe seiner Coachingzone in ein Duell verwickelt sind, vermutlich nicht nur mit Rat, sondern am liebsten auch mit Tat zu Hilfe kommen würde. Doch alle guten Worte des Trainers schützen vor schlechten Ergebnissen nicht.
Artetas Arsenal verlor das Hinspiel im Halbfinale der Champions League im eigenen Stadion am Dienstagabend gegen Paris Saint-Germain (PSG) 0:1. Um den Traum vom erstmaligen Gewinn des Titels im wichtigsten Wettbewerb des europäischen Vereinsfußballs zu erhalten, muss Arsenal das Rückspiel im Prinzenpark in der französischen Kapitale am Mittwoch kommender Woche (21.00 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Champions League und bei DAZN) gewinnen.
Das wird eine knifflige Aufgabe, in der Arsenal nicht nur während der Partie die Hilfe Artetas benötigt, sondern schon davor. Denn dieses Paris, angeleitet von seinem spanischen Landsmann Luis Enrique, ist im wahrsten Wortsinn schwer zu fassen. Das liegt nicht allein an den flinken Füßen, mit denen die Spieler des französischen Meisters um Ousmane Dembélé, der schon in der vierten Minute das einzige Tor des Abends erzielte, über den Rasen rennen und dribbeln.
„Wir haben Appetit bekommen“
Das liegt auch daran, dass Enrique eine Mannschaft geformt hat, die sich ohne die Stars wie Lionel Messi, Neymar oder auch Kylian Mbappé als Mannschaft versteht und so spielt. Es hatte Hand und Fuß, wie Paris gemeinsam in London agierte, in der Offensive wie in der Defensive. Zu lesen und zu greifen war das variable Spiel kaum. Und weil diese Elf so schwer zu greifen ist in dem, was sie macht, greift PSG nach den Fußballsternen.
Weder Paris noch Arsenal hat bisher die Champions League gewonnen. Eine Mannschaft erhält am 31. Mai in München die Chance. Nach dem Hinspiel spricht nicht nur das Ergebnis für die Franzosen. Dennoch gab sich Arteta optimistisch, dass Arsenals Kampagne in der Königsklasse nicht in einer Woche endet: „Wer die Champions League gewinnen will, muss etwas Besonderes leisten. Das müssen wir jetzt in Paris. Ich denke, wir haben gute Chancen.“
Sein Optimismus speiste sich auch aus der Besserung seiner Spieler. Nach dem Rückstand und der Überlegenheit des Gegners in der ersten halben Stunde steigerte sich Arsenal und bekam Chancen, bei denen aber teils auch der starke Torwart Gianluigi Donnarumma im Weg stand. So sah Arteta bei Halbzeit des Duells „kleine Differenzen“ zwischen den Teams. „Wir hätten etwas präziser spielen müssen, aber haben Appetit bekommen und wollen in Paris gewinnen.“
Dass Arsenal auf höchster europäischer Ebene auswärts gewinnen kann, haben die Engländer, deren Klubs bisweilen nachgesagt wird, abseits der Insel nicht die volle Stärke auszuspielen, bewiesen diese Saison. Die letzten vier Partien in Europa bei Sporting Lissabon (5:1), in Girona (2:1), Eindhoven (7:1) und bei Real Madrid (2:1) gewann Arsenal. „Wir haben gezeigt, dass wir auch Auswärtsspiele gewinnen können“, sagte Torwart David Raya bei Prime Video.
Sich aber alleine darauf zu verlassen, dass das auch in Paris klappt, kann Arsenal nicht. Dafür ist Paris zu gut, dafür ist die Lage zu schlecht – anders als etwa im Viertelfinale, als die Engländer mit einem 3:0 aus dem Hinspiel im Rücken nach Madrid reisten. Arteta ließ sich von der Ausgangslage dennoch nicht irritieren: „Wir müssen nach Paris fahren und gewinnen. Dazu sind wir mehr als in der Lage. Es sind zwei Mannschaften, deren Abstände sehr gering sind.“
Nicht viel fehlte tatsächlich zum Ausgleich, als Arsenal am Dienstag eine spezielle Stärke ausspielte: Arteta legt Wert auf das Üben verschiedener Varianten bei Standardsituationen. Das mutet auf dem Spielfeld für alle Beobachter, die Arsenal nicht regelmäßig, sondern nur bei Höhepunkten wie einem Champions-League-Halbfinale sehen, zunächst etwas seltsam an. So stehen vor der Ausführung etwa viele Spieler zunächst in Abseitsposition oder fernab vom Tor.

Doch das ist gewollt. Verantwortlich ist Nicolas Jover, ein Assistent Artetas. Der Franzose, der in Berlin geboren wurde, tüftelt an den Varianten, wenn der Ball ruht. Und er agiert wie sein Chef. Sobald Arsenal eine Ecke oder einen Freistoß bekommt, coacht Jover oft an der Linie. Gegen Paris landete der Ball nach einer Variante, als alle Angreifer bei einem Freistoß von hinten einliefen, im Tor. Die Technik sah den vermeintlichen Torschütze Mikel Merino aber im Abseits.
Und wenn all diese entworfenen Tricks nicht weiterhelfen, reicht bisweilen die einfache Variante, wobei auch dabei die Positionierung der scheinbar unbeteiligten Spieler kein Zufall ist. Bisweilen dienen sie der Ablenkung. Declan Rice, lange nicht bekannt für seine Stärke bei Freistößen, war nicht nur der Flankengeber bei Merinos aberkanntem Tor gegen Paris. Im Hinspiel gegen Real Madrid traf er gleich zwei Mal – mit einem direkt aufs Tor geschossenen Freistoß.