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Neues Buch über Bräuche zum 1. Mai im Münchner Umland – Landkreis München | ABC-Z

Es ist jedes Jahr wieder ein spannendes Spektakel, wenn Dutzende Burschen mit viel Irxenschmalz unter Anfeuerungsrufen der in sicherem Abstand mitfiebernden Zuschauer versuchen, den Maibaum ihrer Ortschaft von der Horizontalen in die Senkrechte zu hieven. Wird es gutgehen? Zumeist schon. Noch prickelnder ist eine andere Frage: Haben die Wachtrupps die Wochen zuvor Augen und Ohren offen gehalten oder sich mehr dem Trunk gewidmet? In letzterem Falle droht ihnen die Schmach, von Dieben heimgesucht zu werden und ohne Maibaum dazustehen, wenn sie der Räuberbande nicht ausreichend Bier und Brotzeit auftischen.

Es ranken sich viele Geschichten um die urbayerische Tradition des Maibaumaufstellens, ein gebürtiger Niedersachse hat nun die Bräuche in einem kleinen Büchlein zusammengefasst. „Mai, oh Mai ‒ von Maibaumdieben, wilden Maifeiern und der Bedeutung des 1. Mai für den Zusammenhalt im Dorf“ lautet der Titel des knapp hundert Seiten starken Werkes, das zum großen Teil aus Interviews mit Vorsitzenden der Burschenvereine besteht.

Der 47 Jahre alte Wahl-Straßlacher Daniel Aschoff kann seine Begeisterung über das jährliche Treiben am 1. Mai mit all seinen Ritualen nicht verbergen. Allein die Masse der Menschen sei beeindruckend, sagt der ehemalige Wiesnreporter der Münchner Abendzeitung. Insbesondere in Aying kam er wohl aus dem Staunen nicht heraus. „Der ganze Ort war auf den Beinen, 1500 Besucher beim Aufstellen, gar 3000 bei der Maifeier, fast alle in Tracht“, erinnert sich Daniel Aschoff. Und dann noch dieser unwirklich hohe Maibaum, der nach dem Schiften zweier Bäume bis zur Spitze 52 Meter misst ‒ und deshalb auch nicht geklaut werden kann, wie er den Vorsitzenden der Ayinger Burschen, Christoph Lechner, erklären lässt: „Es war fast unmöglich, diesen Baum zu klauen. Wir müssen selber das Dach der Wachhütte abbauen, wenn wir ihn zum Aufstellen fahren.“

Daniel Aschoff  lebt in Straßlach und hat ein Buch über das Brauchtum rund ums Maibaumaufstellen geschrieben. (Foto: privat)

Es versteht sich, dass der Autor bei seiner Auswahl an gescheiterten und geglückten Klauversuchen nicht vorbeikam an der vierköpfigen Rentner-Gang, der im Jahr 2004 der bislang spektakulärste Coup gelang. Das Quartett schaffte es, einen auf der Zugspitze unter Schnee begrabenen Maibaum abzutransportieren, ohne auch nur eine Spur im Schnee zu hinterlassen. Der Zugspitzmaibaum wurde mit einem Hubschrauber ins Tal geflogen, die Lösegeldforderung lautete auf vier Saisonkarten für die Zugspitzregion.

Wenn freilich so manche Burschen ihre Wachhütte zu einem Hochsicherheitstrakt werden lassen mit Bewegungsmeldern, Kameras und dergleichen, dann hört sich in den Augen des Oberschleißheimer Burschenchefs Martin Breitmoser der Spaß auf. Moderne Technik verhindert nach seiner Überzeugung jeden Versuch von potenziellen Maibaumdieben, für die Tradition des Maibaumstehlens würde das Hochrüsten mit moderner Technik deshalb das Aus bedeuten. „Grundsätzlich sollte ein Maibaum klaubar sein“, erklärt Breitmoser im Interview mit Aschoff.

Selbst sei man von Diebstahl bislang verschont geblieben, bis auf das eine Mal, als die Burschen und Deandl vom Nachbarort Hochbrück bereits sechs Wochen vor dem 1. Mai ihre Chance sahen, den noch unbewachten Baum erbeuten zu können. Ein Radlader stand schon bereit, auf den umliegenden Dächern lagen bereits Leitern, alle Lichter und Bewegungsmelder waren abgedeckt, erinnert sich der Oberbursche, der den Versuch schließlich stoppen konnte, weil er zufällig am Lagerplatz vorbeikam.

Einmal sollte Aschoff bei einem Diebstahl dabei sein – doch er verschlief den Termin

Auch die ungekrönten Könige der Maibaumdiebe, die Unterbrunner Burschen, kommen in Aschoffs Büchlein zu Ehren, haben sie doch bereits 69 Maibäume in ihre Hand gebracht, zuletzt 2023 spektakulär, als sie sich am helllichten Tag mit 40 Mann den Maibaum in Sendling-Westpark schnappten und sich damit aus dem Staub machten. Eigentlich wollte Aschoff einst eine Reportage über einen Unterbrunner Coup schreiben, vereinbarte auch mit ihnen, angerufen zu werden, wenn es losgeht. Allein er hörte das Telefon um drei Uhr in der Früh nicht.

Von einer Klau-Allianz mit dem befreundeten Burschenverein Eching berichtet der Vorsitzende der Grasbrunner Burschen, Patrick Zangerl. Zusammen haben sie seither drei Maibäume gestohlen.

Neben den Interviews mit Vereinsvertretern widmet sich das Werk weiteren Themen rund um die Feierlichkeit, den Maitanz und die Maifeier sowie den Traditionen am 1. Mai in anderen Ländern. Am Ende ist ein Maibaum-Kalender angehängt, der bis zum Jahr 2030 sämtlich bisher bekannten Termine der wichtigsten Maifeiern im Freistaat aufzeigt. Das Taschenbuch mit 96 Seiten gibt Orientierung rund um die Bräuche am 1. Mai. Es hätte etwas umfangreicher ausfallen können. Aber dafür kostet es nur 7,49 Euro.

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