Bargeldlose Zahlung : Mit Karte, Fürbitte! | ABC-Z

“Keine Kartenzahlung”. Mit diesem Hinweis beginnt das ganze Elend. Restaurants in Deutschland schreiben ihn in ihre Speisekarten. Auch Bäckereien oder Friseursalons kleben gern mal ein “Cash only”-Schild an ihre Ladentüren. Wer dort essen, einkaufen oder sich die Haare schneiden lassen will, braucht Scheine und Münzen im Portemonnaie. Alle anderen haben Pech gehabt.
Doch die Rettung naht: Geht es nach Union und SPD, soll der Hinweis künftig verboten werden. “Wir setzen uns für eine echte Wahlfreiheit im Zahlungsverkehr ein”, schreiben die Parteien in ihrem Koalitionsvertrag. Künftig soll es schrittweise zur Pflicht werden, neben Bargeld “mindestens eine digitale Zahlungsoption” anzubieten.
Eine überfällige Maßnahme. Erstens macht die Möglichkeit, mit einer Karte zu zahlen, oder mit dem Handy (und der darauf gespeicherten Karte) das Leben für Kunden angenehmer. Man muss sich nicht ständig darum kümmern, ausreichend Scheine in der Tasche zu haben. Im Ausland wird die deutsche Rückständigkeit bei der Kartenzahlung schon länger irritiert zur Kenntnis genommen. Bei der Fußballeuropameisterschaft im vergangenen Jahr beklagten sich britische Fans darüber, dass sie erst Bankautomaten finden mussten, bevor sie im Restaurant einkehren konnten.
Zweitens erschwert die Pflicht, Karten zu akzeptieren, Steuerhinterziehung. Bargeld ist für einige Restaurants und Kioske attraktiv, weil Einnahmen recht einfach verschleiert werden können. Da verbucht der Wirt im Kassensystem einen geringeren Betrag, als der Kunde tatsächlich gezahlt hat, und schon kann er bei der Steuererklärung Geld sparen.
Das macht natürlich nicht jeder Restaurantbetreiber, aber zu viele: Der Bundesrechnungshof schätzt, dass auf diese Weise mindestens 10 Milliarden Euro hinterzogen werden. Wenn mehr Menschen mit der Karte zahlen, dürfte diese Zahl kleiner werden. Denn bargeldlose Zahlungen können Steuerprüfer immer finden.
Natürlich ist die Kartenzahlung für die Besitzer von Friseursalons und Bäckereien mit hohen Kosten verbunden. Sie müssen ein Kartenterminal mieten (ab 6,99 Euro pro Monat) und pro Transaktion eine Gebühr von fünf bis zwölf Cent bezahlen. Hinzu kommen prozentuale Abschläge vom Gesamtumsatz, die bei Kreditkarten besonders hoch sind.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) lehnt das verpflichtende Angebot einer Kartenzahlung daher ab: “Eine pauschale Pflicht würde viele kleine Betriebe – gerade in strukturschwachen Regionen – unverhältnismäßig belasten.”
Aber diese Kritik greift zu kurz. Denn auch eine Bargeldzahlung ist nicht “kostenlos”. Im Einzelhandel zahlt ein Unternehmer pro Transaktion im Schnitt 24 Cent, hat die Deutsche Bundesbank errechnet. Schließlich müssen Mitarbeiter die Scheine und Münzen zählen und sie zur Bank transportieren. Auch die Einzahlung lassen sich Banken bezahlen.
Der Dehoga unterschlägt zudem, dass die Bundesregierung zumindest für Restaurantbetreiber auch eine Entlastung plant. Die Mehrwertsteuer auf Speisen soll von 19 auf 7 Prozent fallen. Außerdem haben die Unternehmen ja die Möglichkeit, die Mehrkosten in ihre Preise einzuberechnen oder eine Gebühr zu verlangen, wenn Kunden mit der Karte zahlen wollen.
In Italien und Griechenland gibt es die Pflicht, Kartenzahlungen zuzulassen, schon lange. Trotzdem können die Menschen dort Restaurants betreiben oder Friseursalons eröffnen. Und die Einnahmen des Fiskus sind gestiegen.