Drei Deutsche ziehen ins Konklave – einer ist besonders umstritten | ABC-Z

Berlin. Wer wird Nachfolger von Papst Franziskus? Drei Deutsche werden im Konklave mitbestimmen – einer von ihnen gilt als besonders umstritten.
Nach dem Tod von Papst Franziskus wird im sogenannten Konklave ein Nachfolger für das Kirchenoberhaupt bestimmt. Mehr als 130 Kardinäle sind wahlberechtigt, darunter auch drei Deutsche: Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der Münchner Kardinal Reinhard Marx und der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki.
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Als „papabile“ – also als Papstanwärter – gilt keiner von ihnen. Dabei bringt jeder von ihnen ein anderes Profil mit. Und zumindest der Münchner Kardinal Marx wäre noch vor wenigen Jahren durchaus ein Papst-Kandidat gewesen.
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Kardinal Müller: Der konservative Hardliner
Kardinal Müller zählt zu den streitbarsten deutschen Theologen. Der an Silvester 1947 geborene 77-Jährige ist dezidierter Vertreter des erzkonservativen Flügels der katholischen Kirche. Die deutliche Distanzierung der deutschen Bischofskonferenz von der AfD kritisierte Müller als Opportunismus. Das Ende 2023 veröffentlichte Papier von Papst Franziskus zur Segnung auch homosexueller Paare brandmarkte Müller mit dem Hinweis, dass das Dokument eine Irrlehre – Häresie – zur Konsequenz habe.
Müller war von 2002 bis 2012 Bischof von Regensburg. Papst Benedikt XVI. holte ihn 2012 in den Vatikan und ernannte ihn zum obersten Glaubenshüter der katholischen Kirche, zum Präfekt der Glaubenskongregation. Der ab 2013 amtierende Franziskus erhob Müller zwar noch in den Kardinalsrang – doch 2017 entließ er ihn aus dem Amt des Präfekten. Als Hintergrund wurden lange theologische Differenzen vermutet, ein Medienbericht aus dem vergangenen Jahr legt jedoch nahe, dass es dabei auch um finanzielle Unregelmäßigkeiten in der damaligen Glaubenskongregation unter Müller ging. Der Kardinal hatte zuvor immer wieder den Papst bei Reformideen kritisiert. Auch nach seiner Entlassung meldete sich der Kardinal immer wieder kritisch zu Wort.
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Doch Müller legte sich nicht nur mit dem Papst an. Er warf den Medien aufgrund ihrer Berichterstattung zu Missbrauch in der katholischen Kirche vor, eine Kampagne zu Betreiben. Vergleiche mit der NS-Zeit brachten ihm Kritik, etwa vom Zentralrat der Juden in Deutschland, ein. Müller selbst wird vorgeworfen, die Aufklärung von Missbrauchsfällen beim Kinderchor Regensburger Domspatzen verhindert zu haben. Während der Corona-Pandemie unterzeichnete Müller einen Aufruf, der Verschwörungsmythen enthielt. Darin war etwa die Rede von „fremden Mächten“ und einem „beunruhigenden Auftakt zur Schaffung einer Weltregierung“.
Die Wahl von Müller wäre eine klare Abkehr vom Kurs Franziskus‘. Einzelne Konservative würden das befürworten und sehen in der Distanz zum Reformer eine mögliche Chance für Müller, Papst zu werden.
Kardinal Woelki: Missbrauchsskandal und Austrittswelle im Kölner Bistum
Kardinal Woelki steht an der Spitze des Bistums Köln. Unter seiner Leitung verlor das Bistum den lange wie zementiert wirkenden Status als von der Zahl der Katholiken her größtes deutsches Bistum ans benachbarte Münster. Mit verursacht hat das Schrumpfen des Kölner Bistums der Kardinal mit seiner selbst vom Papst kritisierten Kommunikation bei der Aufarbeitung von Missbrauchstaten. In der Folge traten von 2021 bis 2023 insgesamt mehr als 130.000 Menschen aus der katholischen Kirche in Köln aus.

Kardinal Woelki: Nach Missbrauchsvorwürfen im Bistum Köln kam es zu einer gigantischen Austrittswelle.
© Oliver Berg/dpa | Oliver Berg
Dennoch darf sich der 68-jährige Woelki gewissermaßen auf einen Schutz durch Franziskus berufen. Denn auf dem Höhepunkt der Krise bot er dem Papst seinen Amtsverzicht an – doch Franziskus reagierte nicht darauf. Woelki gehört zu den Stimmführern des konservativen Flügels des deutschen Klerus. Er war theologisch Ziehsohn des langjährigen Kölner Kardinals Joachim Meisner, unter dem er Weihbischof war. 2011 wurde er Erzbischof von Berlin und 2012 von Benedikt zum Kardinal erhoben. 2014 kehrte Woelki nach Köln zurück.
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Kardinal Marx: Moderat, gut vernetzt, doch chancenlos
Kardinal Marx war lange der deutsche Theologe, der am engsten mit Papst Franziskus zusammenarbeitete und zu den mächtigsten Geistlichen in der europäischen Kirche gehörte. Um den durchaus ehrgeizigen 71-Jährigen ist es allerdings innerkirchlich ruhig geworden – mitverantwortlich dafür ist auch bei ihm die von Gutachtern kritisierte Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs. Marx suchte daraufhin mehrfach nach Vergebung von Betroffenen. Ein 2021 von Marx eingereichtes Rücktrittsangebot lehnte Franziskus allerdings ab.

Reinhard Kardinal Marx suchte bei Missbrauchsopfern nach Vergebung für seine mangelnde Aufklärung.
© Robert Michael/dpa | Robert Michael
Marx wurde schon als vergleichsweise junger Mann mit 42 Jahren zum Bischof geweiht, Johannes Paul II. ernannte ihn 1996 zum Weihbischof von Paderborn. 2001 wurde Marx Bischof von Trier und 2007 Erzbischof von München und Freising. In der Münchner Zeit machte ihn Benedikt 2010 zum Kardinal, er war zu der Zeit der jüngste aller Kardinäle. 2014 wurde Marx dann Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz, von 2012 bis 2018 war er auch Präsident der Kommission der europäischen Bischofskonferenzen.
Papst Franziskus holte Marx kurz nach seiner Wahl 2013 in den nur wenige Kardinäle umfassenden Kardinalsrat, seinem wichtigsten Beratergremium. 2023 allerdings berief er den Deutschen nicht mehr. Marx ist durch seine vielfältigen Aufgaben also bestens vernetzt in der Weltkirche – die Wahl zum Papst dürfte dennoch unwahrscheinlich sein.
lro/dpa