Hype um Matcha und Tofutaschen | ABC-Z

Es ist vormittags um Viertel nach elf, und es dauert noch 15 Minuten, bis der Stand von Inari-San öffnet. Doch vor den heruntergelassenen Rollläden hat sich schon eine Warteschlange gebildet. Sie wird, wenn der Betrieb erst einmal begonnen hat und die Tofutaschen über die dunkelgrün geflieste Theke gehen, noch deutlich länger werden und zeitweise aus der Kleinmarkthalle heraus bis auf die Hasengasse reichen.
So ist es an so gut wie jedem Tag seit Mitte März, als der japanische Imbiss eröffnet hat. Inhaberin Phi Cuc hat mit ihrem Team einen Hype ausgelöst. Das hat einiges damit zu tun, dass die Endzwanzigerin nicht nur Betreiberin eines Snack-Standes ist. Doch dazu später mehr.
Verkauft werden am Stand von Inari-San genau zwei Produkte: Inari und Matcha, jeweils in unterschiedlichen Variationen. Inari, das sind japanische Tofutaschen, gefüllt mit Sushireis und weiteren Zutaten wie Fisch, Rindfleisch, Hühnchen oder Pilzen. Das im Namen des Ladens angehängte „San“ steht für die verschiedenen Toppings, mit denen die Inaris verfeinert werden.
Die Kundschaft ist jung und meist weiblich
Zum Beispiel gibt es zu Thunfisch Shoyu-Sojasoße oder Mayonnaise und hausgemachte Furikake. Den flambierten süßen Mais und veganen Käse bedeckt eine cremige vegane Soße, dem flambierten Lachs verleiht die japanische Yuzu-Frucht eine Zitrusnote. Je nach Inhalt kostet die Tasche knapp weniger oder knapp mehr als fünf Euro. Wer Hunger hat und satt werden will, der sollte schon eine Dreierbox für 13,50 Euro bestellen.
Das zweite Produkt, der japanische Grüntee Matcha, wird eisgekühlt zubereitet. In die Plastikbecher kommen neben dem aufgeschlagenen Teepulver und Eiswürfeln Hafermilch oder Sprudel, außerdem je nach Sorte Beeren, Yuzu, Bananenbrot – oder Zimtschneckensirup. Ein mittlerer Becher kostet etwa 6,50 Euro, ein großer etwa einen Euro mehr.
In der Schlange vor dem Stand stehen in der Mehrzahl weibliche und jüngere Kunden, manche kommen von außerhalb, sind extra nach Frankfurt gefahren, um den neuen Stand in der Kleinmarkthalle aufzusuchen. Zum festen Bestandteil des Kauferlebnisses gehört es offenbar für viele, anschließend ein Selfie mit Inari-Tasche oder Matcha-Becher zu machen und es in den sozialen Medien zu posten.
Damit tun sie es der Stand-Inhaberin Phi Cuc gleich. Bevor die Frankfurterin zusammen mit ihrem Cousin den Imbiss in der Kleinmarkthalle eröffnete, war sie mit Travel- und Food-Vlogs auf Tiktok und Instagram erfolgreich.
Ihr Know-how und ihre Popularität auf den Social-Media-Kanälen, in denen sie unter dem Namen „justcallmephi“ unterwegs ist, nutzte sie geschickt zur Werbung für ihren Stand. In einer Art Countdown vor der Eröffnung ließ sie ihre Follower an allen Einzelheiten der Vorbereitungen teilhaben – in kurzen Videos zeigte und erzählte sie, wie der Laden umgebaut, Mitarbeiter ausgesucht und die Menüs erstellt wurden, Inaris für die Karte zubereitet und fotografiert wurden.
Auch die Probleme und Belastungen, die ein solches Gastro-Start-up mit sich bringt, dokumentierte sie, ebenso den Erfolg und den Andrang, was wiederum zu Tausenden Reaktionen führte.

Für die Kleinmarkthalle bedeutet der japanische Imbiss eine Belebung und Verjüngung, auch wenn manche Kunden, die sich auf dem Weg zum Gemüse- oder Käsestand an den Wartenden vorbeidrängen, über den Hype den Kopf schütteln. Zumindest vorübergehend hat Inari-San die bisherige, ungekrönte Königin der Warteschlangen abgelöst – was Ilse Schreiber aber gelassen hinnehmen dürfte.
In den Jahrzehnten, in denen „Frau Schreiber“ ihre legendäre Wursttheke betreibt, hat sie manchen Trend erlebt. Einige davon sind geblieben, andere hatten sich schnell wieder erledigt. Mal schauen, ob Tofutaschen und Matcha das Zeug haben, zu solchen Kleinmarkthallen-Klassikern zu werden wie Krakauer mit Senf und Fleischwurst mit Salzgurke, die bei Frau Schreiber über die Theke gehen.