ATP-Turnier München: Zverev besiegt seinen Viertelfinal-Fluch | ABC-Z

Alexander Zverev steht beim ATP-Turnier in München nach einem Kraftakt gegen den Niederländer Tallon Griekspoor im Halbfinale. Dort tritt der 27-Jährige, der zum dritten Mal in München gewinnen will, als turmhoher Favorit auf den Final-Einzug an.
Nach zwei Stunden und 40 Minuten stand Alexander Zverev mal wieder in München mit dem Rücken zur Wand – oder besser gesagt: Er lag mit dem Rücken im Sand. Der Tennisspieler Zverev stellte sich auf dem Weg zum Ball am Netz selbst ein Bein und lag flugs darnieder. Sollte das also wieder eine kleine Szene aus einem langen Match sein, die für mehr steht?
Bei dem ATP-Turnier, das der beste deutsche Tennisspieler eigentlich so gerne und regelmäßig besucht, will es für ihn seit 2018, als er zum bislang letzten Mal gewann, nicht mehr laufen. Dieses Jahr wollte er mal wieder um den Turniersieg mitkämpfen – und die Auftritte des 27-Jährigen machten Hoffnung. Deutlich unbeschwerter als in vergangenen Jahren marschierte er durch die ersten Runden, zeigte sich souverän und zog ungefährdet ins Viertelfinale ein. Dort wartete dann im Niederländer Tallon Griekspoor eine diffizile Aufgabe, die Zverev erst nach einem mehr als dreistündigen Kraftakt und einem 6:7 (6), 7:6 (3), 6:4 meisterte. Die kleine Szene stand also dieses Mal nicht für Größeres.
Schlägerwurf: Griekspoor bringt Zverev zur Verzweiflung
Doch die Nummer 37 machte Zverev das Leben schwer, spielte fast fehlerlos, raubte ihm erst den Spaß und dann die Geduld. Zverev schimpfte, Zverev schüttelte den Kopf, Zverev warf seinen Schläger. Der Hamburger verpasste beide Break-Chancen im ersten Satz und so ging es in den Tie-Break. Nach einer Stunde und elf Minuten tänzelte ein Ball des Niederländers über die Netzkante und entschied sich, auf die Seite von Zverev zu fallen, brachte ihn aus dem Rhythmus und schließlich die erste Entscheidung: 1:0 nach Sätzen für Griekspoor.
Im letzten Moment: Zverev findet seinen Rhythmus – und trotzt Zuschauer-Eklat
Es folgte direkt der nächste Nackenschlag. Das erste Aufschlagspiel gab Zverev ab. Schnell erhöhte Griekspoor im zweiten Satz auf 2:0 und die Nummer drei der Welt ließ den Kopf hängen. Es deutete wenig darauf hin, dass Zverev die Wende schaffen würde. Der 27-Jährige schimpfte, schmiss seinen Schläger erneut und konnte dem Niederländer bei dessen Aufschlag nicht gefährlich werden – bis plötzlich beim Stand von 4:5 der Knoten platzte: Zverev spielte aggressiv und Griekspoor machte Fehler. Der Deutsche holte das Break, riss seine Fäuste in die Luft und bekam sogar Standing Ovations aus dem Publikum – und gewann sein nächstes Aufschlagspiel ohne Punktverlust. Auch der Zwischenruf eines Zuschauers (“Auf geht’s, du scheiß Frauenschläger”) kurz darauf brachte ihn nicht aus der Fassung. “Es gibt immer ein, zwei Idioten im Stadion”, sagte er dazu.
Im Tiebreak drohte sich dann aber der Verlauf aus dem ersten Satz zu wiederholen. Auf ein erstes Minibreak folgte sofort das Rebreak. Doch Zverev war nun besser im Spiel. Auf das nächste Minibreak folgte diesmal ein zweites Minibreak – und so konnte er sich schließlich nach über zwei Stunden Spielzeit über den ersten Satz-Gewinn freuen. Es ging in den entscheidenden dritten Satz.
Zverev bleibt cool – und besiegt persönlichen Fluch
Und auch dort spielte Griekspoor anfangs druckvoller und variantenreicher. Er hatte bereits in Zverevs zweitem Aufschlagspiel erst drei Breakbälle – und dann noch einen. Doch Zverev blieb dran, ließ sich auch vom eingangs erwähnten Ausrutscher nicht aufhalten und brachte sein Spiel zum 2:2 durch. Ehe er später im oftmals so wichtigen siebten Spiel die Nerven behielt und dem Niederländer seinen Aufschlag abknöpfte. Das Break war der entscheidende Schritt: Nach drei Stunden und 15 Minuten beendete der gebürtige Hamburger die Partie bei eigenem Aufschlag und zog ins Halbfinale ein. Dort ist er am Karsamstag im Duell mit Fabian Marozsan (Weltranglisten-77.), der sich 6:3. 7:6 (4) gegen Zizou Bergs durchsetzte, der turmhohe Favorit.
Mit Griekspoor bezwang Zverev auch seinen ganz persönlichen Viertelfinal-Fluch. Denn in den vergangenen Monaten nach der Final-Niederlage bei den Australian Open suchte der 27-Jährige nach seiner Form, kam bei allen sechs Turnierteilnahmen nicht über die Runde der letzten Acht raus. Bis sich das Blatt an seinem Wohlfühlort München nun wendete und Zverev seinen Angstgegner besiegen konnte.
Cerúndulo unterstreicht Favoritenrolle
Im ersten Match des Tages hatte der Argentinier Francisco Cerúndulo seinen Erfolgslauf in München fortgesetzt. Die Nummer 22 der Weltrangliste hatte in der ersten Runde Vorjahressieger Jan-Lennard Struff mit 6:0 und 6:2 aus dem Turnier geschossen. In der zweiten Runde war Alexander Schewtschenko chancenlos (3:6, 2:6) – und nun der Belgier David Goffin (6:2, 6:4).
Shelton kommt immer besser ins Turnier
Dort trifft Cerúndolo auf einen weiteren Favoriten: Ben Shelton. Der 22-jährige US-Amerikaner ging als Nummer 15 der Welt als Nummer zwei in das Münchner ATP-Turnier. Shelton hatte in diesem Turnier deutlich mehr zu kämpfen als der kommende Widersacher Cerúndulo. Besonders in der ersten Runde machte es ihm der Kroate Borna Gojo überraschend schwer. Nach einem Satzverlust musste er sich zweimal durch Tiebreak zittern.
Nun im Viertelfinale trat Shelton deutlich lockerer und zugleich souveräner auf. Nur ein Break ließ der 22-Jährige zu, brachte Luciano Darderi immer wieder zur Verzweiflung und kann auf seinen dritten Sieg auf der ATP-Tour hoffen.