Nahe Neapel: Vier Tote nach Seilbahnunglück | ABC-Z

Die Staatsanwaltschaft von Neapel hat am Karfreitag die Ermittlungen zur Ursache des Seilbahnunglücks vom Vortag mit vier Todesopfern aufgenommen. Die bergfahrende Kabine der Seilbahn, die von der Ortschaft Castellammare di Stabia südöstlich von Neapel auf den 1131 Meter hohen Monte Faito führt, war nach dem Riss des Zugseils kurz vor der Ankunft an der Bergstation in die Tiefe gestürzt. In der Kabine befanden sich fünf Personen. Ein 30 Jahre alter Urlauber aus Israel überlebte den Absturz mit schweren Verletzungen, darunter mehrere Frakturen. Er wurde in eine Klinik nach Neapel gebracht und dort zunächst in ein künstliches Koma versetzt. Er befand sich am Freitag nach Angaben der Klinik „Ospedale al Mare“ in einem „kritischen Zustand“. Zu den Opfern gehört neben dem 59 Jahre alten Fahrer der Seilbahn ein Ehepaar aus Großbritannien sowie eine junge Israelin, die Partnerin des einzigen Überlebenden des Unglücks.
Das Unglück hatte sich am Gründonnerstag wenige Augenblick vor 15.30 Uhr ereignet. Nach ersten Angaben der Ermittler riss das Zugseil kurz vor Eintreffen der bergfahrenden Kabine in der Bergstation. Die Kabine raste daraufhin mehrere Hundert Meter talwärts, prallte gegen einen Pfeiler und sprang aus der Halterung des Tragseils. Bei der talfahrenden Kabine, in der sich acht Fahrgäste und der Kabinenfahrer befanden, griffen dagegen die Notbremsen. Die Kabine kam kurz vor der Talstation abrupt zum Stillstand und geriet in starke Schwingungen. Die Passagiere, zu denen nach Medienangaben vier Erasmus-Studenten – unter ihnen zwei junge Deutsche – sowie eine weitere vierköpfige Familie aus Deutschland gehörten, konnten nach Stunden von den Rettungskräften über eine Seilwinde geborgen werden. Keiner der Fahrgäste der talfahrenden Kabine erlitt nennenswerte Verletzungen.
Rettungsarbeiten bei stürmischem Wind
Die Rettungsarbeiten an der Unglücksstelle wurden durch die Wetterverhältnisse mit Nieselregen und Nebel behindert. Außerdem wehte starker bis stürmischer Wind. Die abgestürzte Kabine befand sich in unwegsamem Gelände. Eine schlimmere Katastrophe könnte gerade durch die widrigen Wetterverhältnisse in der Osterwoche verhindert worden sein. Die Kabinen, die auf der knapp drei Kilometer langen Seilbahn mit einem Höhenunterschied von 1060 Meter verkehren, fassen bis zu 35 Fahrgäste. Bei Touristen aus dem In- und Ausland ist ein Ausflug von den Städten am Golf von Neapel auf den Monte Faito beliebt. Von dem Berg öffnet sich bei schönem Wetter ein Panoramablick auf das Tyrrhenische Meer mit den Inseln im Golf – namentlich Ischia und Capri – sowie auf den Vulkan Vesuv.
Die Seilbahn, die seit 1952 verkehrt, war erst am 10. April nach der Winterpause und den üblichen Wartungsarbeiten für die Frühjahrs- und Sommersaison wieder in Betrieb genommen worden. Im vergangenen Jahr wurden 107.000 Personen mit der „Funivia del Faito“ transportiert. Die Seilbahn wird vom regionalen Energieversorgungsunternehmen EAV betrieben. EAV-Chef Umberto De Gregorio zeigte sich erschüttert über das Unglück. Er versicherte, dass der Absturz der Gondel nicht auf die ungünstigen Wetterbedingungen zurückgeführt werden könne. Bei schlechtem Wetter und zu starkem Wind werde der Betrieb durch eine automatische Sperre eingestellt. Dies sei am Donnerstag aber nicht geschehen. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni kondolierte den Familien der Opfer. Verkehrsminister Matteo Salvini forderte eine rasche und vollständige Aufklärung der Ursache des Unglücks.
Beim Absturz einer vollbesetzten Gondel waren am 15. August 1960 vier Menschen getötet und weitere 31 zum Teil schwer verletzt worden. Nach einem Stromausfall steckten im Sommer 2021 steckten fast drei Dutzend Passagiere in ihren Kabinen fest, ehe die Stromversorgung mit einem Generator wiederhergestellt werden konnte.
Das Unglück weist viele Parallelen zum Absturz einer Kabine der Seilbahn am Monte Mottarone am Lago Maggiore von Pfingsten 2021 auf. Bei dem Unglück am 23. Mai 2021 starben 14 Menschen. Einziger Überlebender in der abgestürzten Kabine war ein damals fünf Jahre alter Junge aus Israel, der bei dem Unglück seine Eltern, seinen jüngeren Bruder und seine Urgroßmutter verlor. Auch am Mottarone war das Zugseil der bergfahrenden Kabine wenige Meter vor deren Einfahrt in die Bergstation gerissen, worauf die Gondel ungebremst talwärts raste, an einen Pfeiler prallte und sodann in die Tiefe stürzte. Als Unglücksursache wurde die Manipulation am Notbremssystem der Seilbahn durch die Betreibergesellschaft festgestellt. Zuvor hatte es durch fehlerhafte Notbremsungen immer wieder lange Verzögerungen im Betrieb der Seilbahn gegeben.