Geopolitik

Gedenken zum Ende des Zweiten Weltkriegs: Russischer Botschafter nimmt an Gedenkfeier in Seelow teil | ABC-Z

Der russische Botschafter in
Berlin, Sergej Netschajew, hat an einem Gedenken an die Schlacht auf den
Seelower Höhen vor 80 Jahren teilgenommen – trotz einer Empfehlung des Auswärtigen Amts, russische Diplomaten auszuschließen. Auch der Gesandte Botschaftsrat von
Belarus in Deutschland, Andrej Schupljak, nahm teil.

Der Landkreis Märkisch-Oderland und die Stadt Seelow, die
die Veranstaltung organisieren, hatten die Vertreter von Russland und Belarus
nicht aktiv eingeladen. Sie legten ihnen aber auch nicht nahe, das Gedenken zu
verlassen. Der stellvertretende Landrat Friedemann Hanke
(CDU) bezeichnete eine entsprechende Handreichung des Auswärtigen Amts als “Quatsch”. Darin wurde Ländern, Kommunen und Gedenkstätten davon abgeraten, Vertreter von Russland und Belarus zu Gedenkveranstaltungen zum Ende des
Zweiten Weltkriegs einzuladen. Sollten Vertreter
beider Länder unangekündigt bei Feierlichkeiten auftauchen,
könnten die Organisatoren auch von ihrem Hausrecht Gebrauch
machen, hieß es.

Auch aus dem Brandenburger Landtag gab es Kritik an der Handreichung. “Es ist ein diplomatisch – sagen wir es mal
vorsichtig – nicht sehr freundlicher Akt gegenüber den Nachfahren der
Menschen, die hier begraben liegen”, kritisierte
BSW-Landtagsfraktionschef Niels-Olaf Lüders. “Ihnen untersagen zu
wollen, an die Gräber ihrer Vorfahren zu gehen, finde ich absolut
unakzeptabel.”

Ukrainischer Botschafter kritisiert Teilnahme Netschajews

Die
SPD-Landtagsabgeordnete Sina Schönbrunn nannte die Handlungsempfehlung
des Auswärtigen Amts “absurd”. “Natürlich kann man alles
instrumentalisieren, aber uns sollte es doch heute vor allen Dingen
darum gehen, der Toten zu gedenken”, sagte sie dem Inforadio des rbb.

Der ukrainische Botschafter
in Deutschland, Oleksii Makeiev, kritisierte die Teilnahme des russischen Botschafters deutlich. Es sei unangebracht, dass “ein Vertreter eines Verbrecherregimes, das
mein Land jeden Tag mit Raketen, Bomben und Drohnen angreift”, bei diesem
Gedenken an die Kriegsopfer dabei sei, sagte Makeiev dem Sender Welt. “Somit entschuldigen wir die Kriegsverbrechen, die
seit 2014 von den Russen begangen werden”, sagte Makeiev und nahm Bezug
auf die Annexion der Halbinsel Krim durch Russland. 

Es seien “die Russen und die Nazi-Deutschen, die in
den letzten 80 Jahren Kriegsverbrechen begangen haben auf dem europäischen
Kontinent”, sagte Makeiev.

Der russische Botschafter Netschajew äußerte sein
Bedauern über den Ausschluss russischer Vertreter bei deutschen
Gedenkfeiern zum Kriegsende. “Die
Erwägungen der unmittelbaren politischen Konjunktur dürfen nicht
Vorrang vor den Fragen der historischen Erinnerung und der historischen
Versöhnung der Völker unserer Länder haben”, sagte Netschajew der kremlnahen Moskauer Zeitung Iswestija.

Auswärtiges Amt will Instrumentalisierung verhindern

Das Außenministerium verteidigte seine Handreichung. So solle eine Instrumentalisierung des Zweiten Weltkriegs durch Russland zur Rechtfertigung des russischen
Angriffskriegs gegen die Ukraine verhindert werden, sagte ein Sprecher. “Von russischer Seite steht
eben zu erwarten, dass es instrumentalisiert wird und für die
Rechtfertigung seines Angriffskrieges gegen die Ukraine missbräuchlich
in Verbindung gebracht wird.” Er verwies auf Interviews des russischen
Botschafters im Umfeld der Gedenkfeier und warf Russland
Desinformation im Kontext des Kriegs in der Ukraine vor.

Die Schlacht um die Seelower Höhen gilt als größte
Schlacht des Zweiten Weltkriegs auf deutschem Boden. Kurz vor Kriegsende fielen
hier laut Landkreis Märkisch-Oderland 33.000 Soldaten der Roten Armee, 16.000
deutsche und 2.000 polnische Soldaten.

Am 8. Mai findet im Bundestag eine Gedenkstunde zum 80.
Jahrestag des Kriegsendes statt. Laut Bundestagsverwaltung steht
noch nicht fest, welche ausländischen Staatsgäste teilnehmen.
Eine Einladung etwa des russischen Botschafters gilt aber wegen
des Überfalls auf die Ukraine als ausgeschlossen.

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