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Vor 20 Jahren: Als der FC Chelsea und Didier Drogba die FC-Bayern-Phase im Olympiastadion beenden | ABC-Z

München – Auf diese Flanke hatte Didier Drogba das ganze Spiel gelauert. Da kommt sie. Der Chelsea-Stürmer verschafft sich Raum, schraubt seine 189 Zentimeter nach oben und überspringt den Innenverteidiger des FC Bayern. Als wäre es ein gefrorener Augenblick, steht Drogba in der Luft. Sein Körper befindet sich in maximaler Spannung, ehe er den Ball per Kopf, mit der Wucht eines Bulldozers, aufs Kreuzeck lenkt. Der Einschlag reißt München aus einem schönen Frühlingstraum.

Die Bayern sind angerannt gegen die blaue Mauer, immer wieder, sie haben den Taktstock geführt, Chancen kreiert und die Partie himmelweit dominiert – aber an diesem Abend fehlt ihnen jene kühle Unverfrorenheit, die Chelsea teuflisch zur Perfektion treibt. Man möchte seufzen: Das Aus im Champions-League-Viertelfinale 2005 ist besiegelt.

Oder hätte jemand etwas anderes erwartet?

Olympiastadion München – hier wurde Bayern zur Großmacht

Eine Woche zuvor verloren die Bayern das Hinspiel mit 2:4, auch Drogba traf und verblüffte mit anarchischer Urgewalt. “Einen solchen Stürmer”, staunte der damalige Bayern-Manager Uli Hoeneß, “habe ich lange nicht mehr gesehen”. Und zum Glück ahnte Hoeneß nicht, was er in sieben weiteren Jahren von Drogba sehen würde.

Noch aber schreiben wir 2005. Es ist der 12. April, und das Olympiastadion hat sich herausgeputzt. 59.000 Fans säumen das legendäre Rund, als sich die Nacht über München legt wie die Furcht, dass an diesem Abend das letzte europäische Stündlein schlägt. Allianz Arena calling.

Das Olympiastadion hat viel erlebt, epische Spiele, Millionen Gäste. Über drei Dekaden, von 1972 an, diente das ikonische Zeltdach als Firmament für Bayerns Aufstieg zur Großmacht, bis heute ist es ein weltberühmtes Kulturgut. Ursprünglich hatte Architekt Günter Behnisch ja ein Leichtathletikstadion entworfen, deshalb fremdelte der Fußball stets ein bisschen – wegen der Weitläufigkeit, wegen Eis und Schnee, fehlender Überdachung und fehlendem Komfort. Aber das Olympiastadion besitzt etwas, das sich nicht bauen lässt: Identität.

FC Bayern gegen Chelsea: Und dann trifft Drogba…

Jetzt, also, der letzte Vorhang. Oder? Die von Felix Magath trainierten Bayern haben Oliver Kahn, Michael Ballack und Roy Makaay im Team, Willy Sagnol, Bastian Schweinsteiger, Zé Roberto. Bei Chelsea wacht schon der junge Petr Cech zwischen den Pfosten, neben Drogba laufen John Terry, Frank Lampard oder der Deutsche Robert Huth auf, José Mourinho ist Coach. Hoeneß trompetet: “Wir müssen einen Sturmlauf starten, dass die Wände wackeln!”

Die Münchner tragen pechschwarze Trikots, La Bestia Bayern, sie rennen, kämpfen, schießen. Aber sie treffen nicht. Und welch Fügung mystischer Gewalten ist es, als Lucio einen Lampard-Schuss auf nahezu idente Weise abfälscht wie im Hinspiel einen Versuch von Joe Cole? Die Konsequenz gleicht sich: Kahn flucht, Chelsea führt.

Mitte der zweiten Hälfte verwertet Claudio Pizarro einen Abpraller aus dem Abseits heraus, das Tor zählt trotzdem. 1:1, Bayern hofft wieder. Ein Ball plumpst auf die Latte, ein anderer wird von der Linie geklärt.

Kurz vor dem Ende, ein einziger Chelsea-Angriff. Drogba steigt zum Kopfball hoch. Unter gleißendem Flutlicht wird es dunkel.

Hoeneß: “Ein würdiger Abschluss für ein großes Stadion”

In der 90. Minute gleicht Paolo Guerreiro aus, immerhin. Und wie stilecht ist es, dass Mehmet Scholl in der fünften Minute der Nachspielzeit erneut einschießt? Ausgerechnet Scholl, ein Symbolspieler des Olympiastadions. Plötzlich fehlt nur ein Tor für die Verlängerung, Scholl jubelt nicht, sondern blickt verzagt zum Schiedsrichter: “How long?”

Too short. Bayern gewinnt 3:2 und verliert doch. “Heute ist die schlechtere Mannschaft weitergekommen”, brummt Hoeneß. “Aber das war ein würdiger Abschluss für ein großes Stadion.”

Bis 2012 spielen Bayern und Chelsea nicht gegeneinander. Dann wird auf apokalyptische Weise deutlich, dass auch die Allianz Arena kein Garant ist, wenn die andere Mannschaft mit Didier Drogba antritt.

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