Kultur

Neues Album von Britin Greentea Peng: Ein Halbton unterm Standard | ABC-Z

Es ist auf jeden Fall eine Herausforderung, die Songs von Greentea Peng kategorisieren zu müssen, weil sie so eigenwillig klingen. Geboren 1994 in London als Tochter einer afrikanischen Mutter und eines arabischen Vaters, entwickelte Aria Rachel Wells alias Greentea Peng schon früh eine Leidenschaft fürs Singen.

Ihre wandelbare Stimme schulte sie im Kirchenchor. Doch es ist nicht nur ihr meist mit diversen Hall-Effekten aufgemotzter Gesang, der auch auf ihrem zweiten Album „Tell dem, it’s sunny“ sofort etwas beim Zuhören auslöst.

Greentea Peng dockt am Stil von Miss Dynamite und Erykah Badu an, bloß ist er eine Spur cooler als bei den Vorbildern der Britin. Man hat das Gefühl, einem außergewöhnlichen musikalischen Vortrag beizuwohnen. Ambitioniert verschränkt Greentea Peng Soul mit Reggae, Dub, Acidjazz und psychedelischem Rock.

Es ist nie zu spät

„One Foot“ konzentriert sich auf einen Mix aus Neo-Soul und R&B. Der Song funktioniert wie ein Beziehungsdrama – mal geht es einen Schritt vorwärts, mal einen zurück. „Is it too late for me?“, fragt Greentea Peng. „Have you deserted me?“ Allein dieses Stück weist eindeutig in Richtung Selbstreflexion, während das Debütalbum „Man Made“ (2021) eher Greentea Pengs Blick auf die Welt widergespiegelt hat.

Greentea Peng

Greentea Peng: „Tell dem, it’s Sunny“ (Awal)

Das Soul-durchtränkte „Stones Throw“ scheint die „One Foot“-Geschichte weiterzuspinnen. „Your love was too good for me“, resümiert Greentea Peng, „and I was too blind to see“. Das groovige „Green“ handelt von Resilienz, Leiden soll in Stärke umgewandelt werden, wenn es heißt: „Come over and in / And let the healing beginn“.

Der Track „Create or destroy 432“ bildet musikalisch einen spannenden Kontrast zum Rest, aufwallende Synthesizer und Gitarrenriffs schleudern den Hö­re­r:in­nen einen kraftvollen Sound entgegen. „Raw“ verwebt Beats und Drums zu intensiven Klängen. „Tell me all my faults“, fordert Greentea Peng auf. Das pulsierende „I am (reborn)“ treibt den Transformationsprozess mit dem ziemlich aggressiv vorgetragenen Satz „I am not who I was yesterday“ auf die Spitze.

Rastlos unterwegs

Doch die 30-jährige Sängerin ist nicht nur bereit, sich weiterzuentwickeln. Mal sprechend, mal singend beschwört sie in „Glory“ einen sonnigen Tag herauf. Glaube und Hoffnung vertreiben im Song das Böse. Ohne Zweifel ist Greentea Peng optimistischer geworden, seitdem sie Mutter ist. Dunkle Wolken scheinen sich verzogen zu haben, vielleicht auch ihre Rastlosigkeit. Früher nahm die Londonerin Drogen, jobbte in Bars, reiste nach Kalifornien, Peru und Mexiko. Immer auf der Suche nach ihrer Berufung.

Schließlich fand sie in der mexikanischen Stadt Tulum zurück zu ihrer ersten Liebe: der Musik. Sie trat als Sängerin mit der Band Los Hedonistas auf. Seit ihrer Rückkehr nach London konzentriert sich Greentea Peng ganz auf ihre Solokarriere.

Ihr Debütalbum „Man Made“ nahm sie in einer Frequenz von 432 Hz auf, damit lag sie einen Halbton unter dem Standard der Musikindustrie. Diesen Weg geht sie mit „Tell dem it’s sunny“ konsequent weiter. Darin liegt die Erwartung, ihre Songs mögen heilende Energie verströmen.

Bewundernswert ist, dass sich Greentea Peng nach wie vor vom Mainstream fernhält. Nette Lieder sind nichts für sie, Zynismus aber auch nicht. Offenbar ist sie mutiger geworden, sie hadert weniger mit sich und der Welt. Beneidenswert entspannt blickt die britische Künstlerin auf das Chaos um sie herum.

Wie sie wohl in Zukunft diese Haltung untermauern wird? Möge sie sich niemals im Oberflächlichen verlieren, sondern weiterhin immer besser werden. Denn Greentea Peng gehört zum Interessantesten, was es derzeit an Talenten in der britischen Musikszene gibt.

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