Ritalin gefährlich? Studie bringt Klarheit | ABC-Z

Berlin. Die Risiken von ADHS-Medikamenten für Kinder verunsichern viele Eltern. Eine Studie hat nun die gesamte bisherige Forschung analysiert.
Ärzte diagnostizieren immer häufiger ADHS bei Kindern. Damit die jungen Patienten sich in der Schule konzentrieren können, verschreiben Psychiater ihnen Medikamente wie Ritalin, Concerta oder Medikinet. Doch viele Eltern zeigen sich besorgt über deren Risiken. In den Beipackzetteln der ADHS-Medikamente wird vor allem vor Nebenwirkungen für das Herz gewarnt. Wie sicher sind die Medikamente also eigentlich?
Dieser Frage ist eine neue britische Untersuchung nachgegangen. Die in der Fachzeitschrift „Lancet Psychiatry“ veröffentlichte Studie sei laut den Forschern die größte und umfangreichste Analyse vorheriger Studien, die mit klinischen Kontrollgruppen arbeiteten.
ADHS-Medikamente haben nur geringe Auswirkungen auf Kinder-Herzen
Das internationale Forschungsteam der Universität Southampton konnte in ihrer Studie nur geringe Auswirkungen von ADHS-Medikamenten auf das Herz-Kreislauf-System finden.
„Bei der Einnahme von Medikamenten sollten Risiken und Nutzen immer zusammen abgewogen werden“, zitiert eine Pressemitteilung Professor Samuele Cortese, den Hauptautoren der Studie. „Wir stellten bei der Mehrheit der Kinder, die ADHS-Medikamente einnahmen, einen insgesamt geringen Anstieg von Blutdruck und Puls fest“.
Forscher schätzen, dass zwischen 2 und 6 Prozent der Kinder und Jugendlichen von ADHS betroffen sind.
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„Andere Studien zeigen deutliche Vorteile hinsichtlich der Senkung des Sterberisikos und der Verbesserung der schulischen Leistungen sowie ein leicht erhöhtes Risiko für Bluthochdruck, jedoch nicht für andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, sagte Cortese. Insgesamt sei das Nutzen-Risiko-Verhältnis für Menschen, die ADHS-Medikamente einnehmen, beruhigend.
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Herz sollte bei Einnahme von ADHS-Medikamenten überwacht werden
Das Forschungsteam analysierte Daten aus 102 randomisierten kontrollierten Studien mit insgesamt 22.702 Teilnehmern mit ADHS. Mithilfe der Netzwerk-Metaanalyse, eines fortschrittlichen statistischen Ansatzes, konnten sie die Wirkung mehrerer Medikamente vergleichen, ohne dass die in den einzelnen Studien selbst verglichen wurden.
ADHS-Medikamente lassen sich in zwei Kategorien einteilen: Stimulanzien wie Ritalin (beispielsweise Methylphenidat) und Nicht-Stimulanzien (Atomoxetin und Viloxazin). Hinsichtlich der Auswirkungen auf Blutdruck und Herzfrequenz konnten die Forscher keinen Unterschied zwischen ihnen feststellen. Trotzdem empfehlen sie, das Herz vor und während der Medikamenteneinnahme von Ärzten überwachen zu lassen.
Etwa 2 bis 6 Prozent aller Kinder und Jugendlichen könnten von ADHS betroffen sein, heißt es beim Bundesministerium für Gesundheit. Unter ADHS, der Abkürzung für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, verstehen Psychologen eine Störung von Aufmerksamkeit, Impulsivität und Selbstregulation. Betroffene leiden außerdem häufig an ständiger körperlicher Unruhe.
Risiken und Nebenwirkungen von ADHS-Medikamenten
ADHS-Medikamente gelten als sicher, wenn sie korrekt angewendet und ärztlich begleitet werden. Sie sind seit Jahrzehnten im Einsatz und gut erforscht. Ihre Wirksamkeit in der Behandlung von Aufmerksamkeitsdefiziten, Impulsivität und Hyperaktivität ist vielfach belegt, und sie verbessern oft deutlich die Lebensqualität von Betroffenen.
Ärzte beobachten in der Regel Blutdruck, Puls, Gewicht, Schlaf und psychische Entwicklung, um Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen. Häufige, aber meist milde Nebenwirkungen sind Appetitlosigkeit, Schlafprobleme, Nervosität oder Kopfschmerzen. In seltenen Fällen kann es zu Stimmungsschwankungen oder Angstgefühlen kommen. Menschen mit einer Veranlagung zu bestimmten psychischen Erkrankungen sollten besonders sorgfältig überwacht werden.
Langzeitstudien zeigen, dass ADHS-Medikamente bei Kindern keine negativen Auswirkungen auf die geistige oder emotionale Entwicklung haben – im Gegenteil: Viele profitieren schulisch und sozial. Die Medikamente unterliegen in Deutschland strengen gesetzlichen Vorgaben, was ihren Missbrauch erschwert