Wirtschaft

Finanzkrise: Du kommst hier nicht rein! | ABC-Z

Sicher ist nur, dass nichts mehr sicher ist. Aktien, Gold, Erdöl, praktisch alle Werte waren im freien Fall, nachdem US-Präsident Donald Trump dem Rest der Welt vergangene Woche den Handelskrieg erklärt hatte. Selbst der Kurs des Bitcoin und der Preis für Schlachtrinder sind abgerutscht. So heftig war der Einbruch an den Finanzmärkten, dass er auch Trumps reiche Wahlkampfhelfer erwischt hat. Dabei hatte der Hedgefondsmilliardär Bill Ackman viel Zuneigung in seine Beziehung zum Präsidenten investiert. Und nun das: die Wall Street als gigantische Geldvernichtungsmaschine. “Das ist nicht das, wofür wir gestimmt haben”, postete der Investor auf der Plattform X. Donald Trump müsse dringend seine angekündigten Zölle korrigieren. “Andernfalls steuern wir auf einen selbst verursachten wirtschaftlichen nuklearen Winter zu, und wir sollten anfangen, uns zu verkriechen.”

Vielleicht wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, genau das zu tun. Menschen auf der ganzen Welt müssen dabei zusehen, wie sich ihre Ersparnisse in Luft auflösen. Mehr als fünf Billionen Dollar wurden an der Wall Street allein an zwei Tagen vernichtet. Das ist so viel, als bräche die gesamte deutsche Wirtschaftsleistung binnen 48 Stunden weg. Trumps Kalkül: Geschockte Staatenlenker werden schon darum betteln, dass der US-Präsident das Feuer austritt, das er angezündet hat. “Sie kommen zum Verhandlungstisch. Sie wollen reden, aber es wird nicht geredet, wenn sie uns nicht jedes Jahr viel Geld zahlen”, sagte er am Sonntag an Bord der Air Force One.

Trump läutet womöglich das Ende der Globalisierung ein

Schon lange vertritt Trump die Ansicht, andere Staaten nutzten Amerika aus, weil sie dem Land mehr Güter verkaufen, als die ihm abkaufen. Dagegen glaubt er ein Mittel zu kennen: Zölle. “‘Zolltarif’ ist das allerschönste Wort im Lexikon”, erklärt er seit Langem.

Am von ihm ausgerufenen “Liberation Day”, Mittwoch vergangener Woche, steht er dann im Rosengarten des Weißen Hauses, um das schöne Wort mit Leben zu füllen. Er zeigt eine Tabelle mit den neuen Zollsätzen, die künftig fällig würden. Einigen Betroffenen stockt der Atem. Europa 20 Prozent. China 34 Prozent. Vietnam 46 Prozent. Die McDonald-Inseln 10 Prozent. Dass da kein Mensch lebt, egal, die Welt hat die USA lang genug “ausgeplündert”, “ausgeraubt” und “ausgebeutet”, tönt Trump schon länger. Als er schließlich mit einem dicken Marker seinen Namen unter das Dekret setzt, besiegelt er damit womöglich das Ende der Globalisierung, wie sie seit Jahrzehnten die Weltordnung geprägt und die USA reich gemacht hat.

Die Globalisierung hat Wohlstand gebracht

Seit den Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts stieg das Handelsaufkommen, wurden Grenzen durchlässiger, wuchs die Welt enger zusammen. Es entwickelte sich eine weltweite Arbeitsteilung mit grenzüberschreitenden Fertigungen. Ein Auto wie der VW Golf wird zwar in Wolfsburg zusammengeschraubt, die rund 3.500 Teile dafür kommen aber aus praktisch allen Ländern Europas. In der Theorie haben alle etwas davon: Die Länder tauschen Teile und Dienstleistungen miteinander, die sie jeweils gut beherrschen.

So hat die Globalisierung vielen Menschen Wohlstand gebracht. Bei elf Billionen US-Dollar lag das Welt-Bruttoinlandsprodukt im Jahr 1980. Mehr als 106 Billionen Dollar waren es im Jahr 2023. Die USA haben besonders von der Globalisierung profitiert. Sie sind die größte Volkswirtschaft der Welt, gefolgt von China, Deutschland und Japan. 2021 lag ihr Pro-Kopf-Einkommen bei 70.000 Dollar, über dem von Deutschland (51.000 Dollar) oder Japan (42.000 Dollar) und deutlich über dem von China (12.000 Dollar).



Als Reaktion auf die Zoll-Entscheidungen des US-Präsidenten

wurden an wichtigen Börsen gigantische Vermögen vernichtet.

©ZEIT-GRAFIK/Stand: 8. April, 17:30 Uhr

Als Reaktion auf die Zoll-

Entscheidungen des US-Präsidenten

wurden an wichtigen Börsen gigantische

Vermögen vernichtet.

©ZEIT-GRAFIK/Stand: 8. April, 17:30 Uhr

Als Reaktion auf die Zoll-

Entscheidungen des US-Präsidenten

wurden an wichtigen Börsen gigantische

Vermögen vernichtet.

©ZEIT-GRAFIK/Stand: 8. April, 17:30 Uhr

Als Reaktion auf die Zoll-Entscheidungen des US-Präsidenten

wurden an wichtigen Börsen gigantische Vermögen vernichtet.

©ZEIT-GRAFIK/Stand: 8. April, 17:30 Uhr

Als Reaktion auf die Zoll-

Entscheidungen des US-Präsidenten

wurden an wichtigen Börsen gigantische

Vermögen vernichtet.

©ZEIT-GRAFIK/Stand: 8. April, 17:30 Uhr

Als Reaktion auf die Zoll-

Entscheidungen des US-Präsidenten

wurden an wichtigen Börsen gigantische

Vermögen vernichtet.

©ZEIT-GRAFIK/Stand: 8. April, 17:30 Uhr

Werden in dieses fein austarierte System des weltweiten Handels nun durch Trump Zollbarrieren geschoben, löst das eine Wirtschaftskrise aus, die die Welt ärmer macht. Kein Mensch weiß, wie lange er das durchhält, ob er beidreht, ob er sich etwas Neues einfallen lässt. Oder ob er noch einen drauflegt wie am Dienstag, als er ankündigte, die Zölle für China um weitere 50 Prozent anzuheben, weil er keinen Widerstand duldet. Der Schaden ist angerichtet: Wirtschaft braucht Planungssicherheit, eine Fabrik erbaut man nicht für wenige Tage. Doch seit vergangener Woche gibt es keine Planungssicherheit mehr.

Gewinner gibt es keine. Die ohnehin angeschlagene deutsche Wirtschaft trifft Trumps Zollpolitik besonders hart. Deutsche Unternehmen stehen auf Platz vier der größten US-Lieferanten. Nur Mexiko, China und Kanada verkaufen mehr Waren in die USA. Ihre Exportabhängigkeit macht deutsche Hersteller verwundbar. Fast alle ihre Waren werden künftig an der Grenze mit 20 Prozent Aufschlag belastet, also: 20 Prozent auf Schokolade, Kekse, Bier, Werkzeuge, Lacke, Werkzeugmaschinen, Autos. Ein brutaler Wettbewerbsnachteil gegenüber amerikanischen Produkten.

Ihre einzige Hoffnung ist ein Deal der EU mit Trump. Aber: Kommt er? Kommt er nicht? Ja? Nein? Vielleicht? Niemand weiß das, niemand kann planen.

Deutlich schwerer als EU-Konzerne hat es einige Schwellenländer getroffen, besonders Unternehmen aus Vietnam. Künftig wird für die Einfuhr von Waren aus dem Land in die USA ein Zollsatz in Höhe von 46 Prozent fällig. Wie Trump auf diese Zahl kommt? Seine Mitarbeiter wollen mit einer speziellen Formel gerechnet haben. Nachvollziehen lässt sich das kaum. Dazu passt die Theorie, eine künstliche Intelligenz habe sich die Zolltarife ausgedacht.

Für die Arbeiter in Vietnam spielt die Genese der Zölle ohnehin keine Rolle. Die Maßnahme bedroht sie in ihrer Existenz. In den vergangenen Jahren hat sich das Land als Billiglohnstandort US-Konzernen angedient, die eine Alternative zu China suchten. Die USA sind der wichtigste Exportmarkt für Vietnam, fast ein Drittel aller Ausfuhren gehen dorthin.

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