Kaufland: Vertrauens-Offensive in Bad Tölz – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z

Die Supermarkt-Kette Kaufland will ihre Ende vergangener Woche wegen Hygienemängel geschlossene Filiale in Bad Tölz in dieser Woche wieder auf Vordermann bringen. Ein neues Führungsteam, zusätzlichen Schulungen für die Mitarbeiter und Qualitätskontrollen externer Institute sollen helfen, das Vertrauen der Kunden in den Markt an der Lenggrieser Straße wiederzugewinnen. Dieser war am Freitag dicht gemacht worden, nachdem der Fernsehsender RTL und das Magazin Stern über gravierende Hygienemängel und Kundenbetrug berichtet hatten. Für die Sendung „Team Walraff“ hatte eine als Verkäuferin eingeschleuste Investigativ-Reporterin mit versteckter Kamera unter anderem gefilmt, wie sie von ihrer Vorgesetzten an der Frischetheke angewiesen wurde, Garnelen-Kürbis-Salat am Tag des Ablaufdatums unter frisch geöffnete Ware zu mischen. Auch wird gezeigt, wie abgelaufener Schinken und verschimmelter Käse vorsätzlich in den Verkauf gebracht werden.
„Die gezeigten Bilder entsprechen in keiner Weise unseren Standards im Umgang mit Lebensmitteln und Sauberkeit“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung des Unternehmens. „Wir werden uns darum kümmern, dass diese Verantwortung im Unternehmen auf allen Ebenen gelebt wird und die Kunden sich auf uns verlassen können“, wird Jochen Kratz vom Kaufland-Vorstand zitiert. Die Supermarktkette geht demnach nun mit einem „Fünf-Punkte-Plan“ in die Offensive. Zu diesem gehören neben hohen Investitionen in neue Kühlmöbel („eine halbe Milliarde Euro pro Jahr“), der Grundreinigung aller 770 Filialen in Deutschland und dem Einsatz externer Institute zur Qualitätssicherung auch die „grundlegende Sanierung in Homburg“ und ein „neues Führungsteam in Bad Tölz“. Der Tölzer Supermarkt ist eine von zwei Kaufland-Filialen, die nach den Berichten geschlossen wurden. In Homburg bleibt der Markt bis zum Jahresende zu. Dort war unter anderem Mäusekot im Backshop entdeckt worden.
Lebensmittelkontrolleure des Landratsamts hatten im Sommer 2024 Mängel festgestellt
Der Tölzer Kaufland war erst 2023 nach jahrelangem Umbau neu eröffnet worden. Schon im Folgejahr hatten die Lebensmittelkontrolleure des Landratsamts die Zustände dort beanstandet. „Im Juni 2024 wurde eine größere Kontrolle aufgrund einer im Gewerbeamt eingegangenen Beschwerde vorgenommen“, erklärt Behördensprecherin Marlis Peischer auf Anfrage. Dabei seien auch die Frischetheken kontrolliert worden. Zu den festgestellten Mängel gehörten laut Peischer „Verschmutzung in Abläufen, eine verschmutzte Spülmaschine, Beschäftigte ohne Erstbelehrung nach Infektionsschutzgesetz oder hinsichtlich des Verbrauchsdatums nicht eindeutig gekennzeichneter Ware“. Die Lebensmittelkontrolleure seien später noch zu fünf Rückrufkontrollen im Betrieb gewesen. Die nächste unangemeldete Regelkontrolle wäre laut Peischer in Kürze angestanden, allerdings hätte das Unternehmen selbst bereits Mitte März dieses Jahres um eine Kontrolle gebeten. Diese habe am 24. März stattgefunden, gravierende Mängel seien keine festgestellt worden. „Vorsätzliches verbrecherisches Handeln“ wie das Umettiketieren abgelaufener Ware oder Neuverpackung nach Abschneiden des Schimmels sei bei Stichproben aber schwer zu erkennen, erklärt Peischer. „Diese Handlungen passieren in der Regel nicht, wenn ein Kontrolleur vor Ort ist.“
In Bad Tölz sollen sie laut Kaufland-Vorstand nun gar nicht mehr vorkommen. Dort „wurden bereits in den vergangenen Wochen umfassende Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass die strengen Hygienevorgaben jederzeit eingehalten werden“, erklärt ein Sprecher auf Anfrage. „Auch was Arbeitszuschnitte und allgemeine Abläufe betrifft, wurde alles auf den Prüfstand gestellt. Auf Versäumnisse haben wir nach intensiven Gesprächen mit strikten, personellen Konsequenzen auf Führungsebene und noch klareren Leitlinien reagiert.“ Das Team mit circa 80 Mitarbeitenden in Tölz werde nun bis zur Wiedereröffnung am Montag, 14. April, „mit neuer Führung intensiv in Sachen Hygiene und Umgang mit Lebensmitteln geschult“. Ob dazu auch eine andere Einstellung zu den Bilanzen gehört, teilt Kaufland nicht mit. In den Skandal-Berichten erklären die Informanten den systematischen Kundenbetrug mit abgelaufener Ware auch damit, dass die Filialleiter von der Konzernleitung unter Druck gesetzt würden, eine möglichst geringe Quote bei den „Abschriften“ vorzuweisen, also bei entsorgter Ware.