Frauenstreik in Island: Ein historischer Tag vor 50 Jahren – Fürstenfeldbruck | ABC-Z

Für Frauen ist Island heute einer der besten Orte der Welt. Doch das war nicht immer so. Der Dokumentationsfilm „Ein Tag ohne Frauen“ von Pamela Hogan und Hrafnhildur Gunnarsdóttir wurde anlässlich des internationalen Weltfrauentags im Lichtspielhaus Fürstenfeldbruck vor dem offiziellen Kinostart am 13. März gezeigt. Er erzählt die Geschichte eines historischen Tages: Am 24. Oktober 1975 legten 90 Prozent der Frauen in Island ihre Arbeit nieder. Neben ihren normalen Jobs, in denen sie oft weniger als 60 Prozent des Gehalts ihrer männlichen Kollegen verdienten, weigerten sie sich an diesem Tag auch, der Care-Arbeit nachzugehen: kein Putzen, kein Abwasch, kein Wäschewaschen, kein Bügeln, kein Kochen – und auch keine Kinderbetreuung.
Im Film erzählen die Frauen, die vor 50 Jahren an dem Streik teilgenommen haben, auf bewegende Weise von ihren Erfahrungen und wie sie die Situation der Frauen vor dem Streik erlebt haben. Die Gesprächsaufnahmen werden durch lebhafte Animationen und historische Schwarz-Weiß-Aufnahmen untermalt.
Zwischen Tradition und Rebellion
In den Siebzigern wuchs die Mittelschicht in Island stark, erzählt eine von ihnen. In Zuge dessen habe sich aber auch das traditionelle Familienbild gefestigt: Der Mann arbeitet, die Frau kümmert sich um die Kinder. Dass Frauen kaum mehr zugetraut wurde als Kind und Küche, zeigen ihre Erzählungen. Eine von ihnen habe in den Bauernverband eintreten wollen, doch zugelassen seien nur Männer und Witwen gewesen. „Muss ich meinen Mann erst umbringen, bevor ich eintreten darf?“, fragt sie provokant.
Eine andere Frau schildert ähnliche Reaktionen. Vigdís Finnbogadóttir habe schon immer die Welt sehen wollen. „Wenn mich jemand fragte, was ich mal werden möchte, antwortete ich: Kapitänin auf einem Schiff. Nein, nein, meine Liebe, sagten sie. Das kannst du nicht, du bist ein Mädchen.“
Der Film erzählt also nicht nur die Geschichte des Streiktages, sondern ihm gelingt es, tief in die isländische Gesellschaft vor der Frauenrechtsbewegung einzutauchen. Auch die Aktionen der Rotstrumpf-Bewegung werden fesselnd thematisiert: Einmal haben sie eine Hausfrauenpuppe an einem Weihnachtsbaum gekreuzigt, erzählen ein paar der Frauen stolz grinsend. Sie wollten auf die unermüdliche Care-Arbeit von Frauen rund um das Weihnachtsfest aufmerksam machen.
Ohne Frauen geht nichts
Denn von Frauen werde erwartet, dass sie vorbereiten, kochen, servieren, abräumen, dekorieren, putzen und vieles mehr. Ihr Protest blieb nicht ohne Gegenwind: Viele der isländischen Männer fühlten sich angegriffen, hatten Angst, dass an dem bestehenden Rollenverhältnis gerüttelt werde. Die Aktivistinnen wurden beleidigt, ihnen wurde unterstellt, dass sie mit ihren Aktionen nur Aufmerksamkeit von Männern suchten.
Doch die Frauen ließen sich nicht einschüchtern. Im Gegenteil: Die Bewegung gipfelte an eben jenem Herbsttag 1975 im größten Frauenstreik, den das Land je gesehen hatte. Es sei an der Zeit gewesen, den Männern zu zeigen, dass sie nicht ohne Frauen leben könnten, sagt eine der Aktivistinnen. „Ich verabschiedete mich von meinen drei Jungs, meinem Mann und meinem Schwager. Ihr findet schon etwas zu essen, ich komme vor Mitternacht zurück“, erzählt Ágústa Þorkelsdóttir mit einem milden Lächeln vom Streiktag.
Viele Frauen brachten ihre Kinder an die Arbeitsplätze ihrer Männer, oft zu deren Unmut. Ihre Rechtfertigung? „Es war auch seine Tochter und ich wollte die Welt verändern“, sagt eine der Frauen. Nicht nur Betten wurden an diesem Tag nicht gemacht, die Küchen blieben kalt, das Telefonsystem fiel aus, die Zeitungen erschienen nicht, Theater und die meisten Schulen waren geschlossen, nationale Fluggesellschaften mussten Flüge absagen.
Statt aufs Meer führte Vigdís Finnbogadóttirs Weg in die Politik: 1980 schrieb sie Geschichte als erste demokratisch gewählte Staatspräsidentin der Welt. Ihr Erfolg zeigte, dass Frauen sehr wohl einen Platz am Tisch verdient haben, trotz aller Widerstände. „Ein Tag ohne Frauen“ ist deshalb ein Film, der Mut macht. Unmissverständlich zeigt er auf, wie viel im Kampf für die Rechte der Frauen bereits erreicht wurde. Gleichzeitig dient er auch als Mahnung, dass es immer noch viel Luft nach oben gibt. Denn viele Denkweisen halten sich hartnäckig, auch wenn sich die Gesellschaft weiter entwickelt.
„Ein Tag ohne Frauen“, 71 Minuten lang, startet am Donnerstag, 13. März, in den Kinos.