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Demokraten in Grönland: Mit Sachthemen zum Wahlsieg | ABC-Z

Stand: 12.03.2025 11:22 Uhr

In Grönland haben die sozialliberalen Demokraten die Wahl gewonnen. Wohl auch deshalb, weil sie sich wenig um Trump, aber viel um Sachthemen gekümmert haben.

Die Überraschung ist groß in der grönländischen Hauptstadt Nuuk – selbst für den Wahlsieger. So einen klaren Erfolg hatte die sozialliberale Partei der Demokraten nicht erwartet, sagt deren stellvertretende Vorsitzende Anna Wangenheim: „Wir haben schon gemerkt, dass wir viel Unterstützung haben, aber dass wir so einen großen Sprung machen würden – das ist historisch.“  

Populisten legen zu

Um die Wahl auf der abgelegenen Arktisinsel hatte es soviel Rummel gegeben wie noch nie – nach Donald Trumps Ankündigung, Grönland übernehmen zu wollen. Den Avancen des US-Präsidenten stehen einige grönländische Populisten offen gegenüber. Und deren Partei Naleraq feiert ebenfalls große Zugewinne. Die bisherige Regierung erlitt dagegen eine Schlappe.

Für Søs Marie Serup, politische Kommentatorin bei dem dänischen Fernsehsender TV2, spielt der Wahlsieg der Opposition Trump in die Karten. Sie sieht ein Signal der grönländischen Wähler, dass sich etwas bewegen soll – und zwar in zwei Richtungen, die günstig für Trump und seine Agenda seien: „Wir sehen eine starke Naleraq. Das kann Trump als Signal deuten, dass man weg von Dänemark möchte. Und den Erfolg der Demokraten könnte man als Signal deuten, dass man die Wirtschaft weiterentwickeln möchte. Und da wird Trump sagen können: ‚Das ist genau das, was wir euch anbieten.'“ 

Sieg wegen Fokus auf Sachthemen

Mikaela Engell, frühere Vertreterin des dänischen Königsreichs in Grönland, sieht das jedoch völlig anders. Dem Fernsehsender DR sagt sie: „Die Demokraten haben sich im Wahlkampf am wenigsten mit Selbstständigkeit, Trump und den USA beschäftigt. Sie haben den Fokus stattdessen auf die Dinge gelegt, die nah an den Menschen sind. Und ich glaube, deshalb haben sie so viele Stimmen bekommen.“ 

Die sozialliberalen Demokraten werben für eine Stärkung der Wirtschaft und des Gesundheitswesens – Themen, die die Wähler beschäftigen. Armut und Arbeitslosigkeit sind ein großes Problem in Grönland. In Sachen Unabhängigkeit legt die Partei ein behutsames Tempo vor. Erst wenn ein ordentliches Fundament geschaffen sei, könne Grönland die Selbstständigkeit wirklich vorantreiben, so die Devise.

Zurückhaltung in Kopenhagen

Bislang ist die Insel mit rund 56.000 Einwohnern finanziell noch stark von der früheren Kolonialmacht Dänemark abhängig. Der Beziehungsstatus: kompliziert. In Kopenhagen reagierte die Politik zunächst zurückhaltend auf das Wahlergebnis.

Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen erklärte: „Die Zukunft Grönlands nimmt ihren Ausgangspunkt darin, was die grönländische Bevölkerung und die Regierung sich wünschen. Deshalb müssen wir jetzt erst einmal abwarten, was es für eine Regierung gibt und was die für ein Programm haben wird.“ 

Nielsen ist nicht nur Wahlsieger, sondern auch passionierter Gitarrist. Noch in der Wahlnacht gab er ein kleines Konzert mit seiner Band.

Trump und Unabhängigkeit keine Themen

Auch der bisherige demokratisch-sozialistische Regierungschef Egede hat noch die Chance, mit seiner Partei Teil einer künftigen Koalition zu werden. Seinen Posten als Regierungschef muss er aber wohl abtreten.

Den könnte der erst 33 Jahre alte Jens-Frederik Nielsen übernehmen. In der Wahlnacht sagte er dem Sender DR: „Ich muss das hier alles erstmal verdauen. Wir müssen schauen, ob ich eine Mehrheit für eine Regierung finden kann.“  

Als erstes will Nielsen sich um den Wohlfahrtsstaat kümmern – und nicht um Unabhängigkeit oder Trump. Wenn es darum geht, die grönländische Wirtschaft anzukurbeln, könnten die USA eine Rolle spielen – mehr aber nicht. Auch in dieser Frage ist er sich mit den Grönländern einig: 85 Prozent haben laut einer Umfrage keine Lust, Teil der USA zu werden.

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