Warum mich die Radwege in der Stadt auf die Straße zwingen | ABC-Z

Berlin. Die Fahrradsaison startet, die erste Rennrad-Tour des Jahres ist absolviert. Wieso die Stimmung zwischen Freude und Frust schwankt.
Eine Sache, die ich am Laufen schätze, ist: Man kann den Sport eigentlich zu jeder Jahreszeit ausüben. Selbst Minusgrade sind keine Ausrede, mit der richtigen Kleidung wird einem auch bei diesen Temperaturen warm. Beim Rennradfahren sieht das anders aus. Hier brauche ich deutliche Plusgrade, damit ich mich für eine längere Tour aufs Fahrrad setze und mich nicht darum sorgen muss, dass Füße oder Hände Erfrierungen erleiden könnten.
Trotzdem hat auch das Fahrradfahren unbestreitbare Vorteile. Mal eben für einen Kaffee und ein Stück Kuchen nach Potsdam? Joggend wäre das, zumindest von den meisten Berliner Ortsteilen aus, eine Herausforderung, mit dem Fahrrad ist es dagegen gut machbar. Umso größer war die Freude, als der Wetterbericht vor kurzem endlich die passenden Bedingungen für die erste größere Tour des Jahres verkündet hat.
Berlin hat schöne Radwege, aber auch kaum benutzbare
Allerdings, das habe ich auch bei dieser Tour wieder gemerkt, lässt mich Fahrradfahren in Berlin oft etwas zwiegespalten zurück. Es gibt Strecken, die einen beeindrucken, wie die Fahrt aufs Brandenburger Tor zu, oder die nahezu ideale Bedingungen bieten, wie der Kronprinzessinnenweg, die Havelchaussee und der Weg entlang des Teltowkanals in Treptow-Köpenick. Und manche Wege sind so idyllisch, dass ich mich frage: Ist das wirklich noch Berlin? Auf der anderen Seite gibt es Radwege in dieser Stadt, die mich daran zweifeln lassen, ob sie wirklich dem Anspruch einer Fast-Vier-Millionen-Metropole entsprechen.
Das hat mehrere Gründe. Das erste Problem ist, dass vor allem sogenannte Hochbordradwege auf Gehwegniveau oft zu schmal sind. Andere Radfahrer zu überholen, wird in solchen Fällen zur Herausforderung, ist aber regelmäßig notwendig, weil für das Radfahren bekanntlich keine Regelgeschwindigkeit gilt, sondern jede und jeder in seinem eigenen Tempo fährt.
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Auch das Material ist oftmals wenig Radfahrer-freundlich. Für Radwege wurden, zumindest in der Vergangenheit, vielfach Pflastersteine genutzt. Das Problem dabei: Der Belag wird mit den Jahren immer unebener, wenn einzelne Steine beispielsweise durch Wurzeln hochgedrückt werden. Mit einem gut gefederten E-Bike und breiten Reifen mag das noch erträglich sein. Mit 30 Millimeter breiten Rennradreifen ist es jedoch kaum möglich, auf solchen Strecken unterwegs zu sein.
Sofern der Radweg nicht, trotz schlechtem Zustand, benutzungspflichtig ist, weiche ich deshalb immer wieder auf die Straße aus. Um das klarzustellen: Ich ziehe es vor, getrennt vom Autoverkehr zu fahren, allein schon für mein Sicherheitsgefühl. Aber dazu muss es auch möglich sein, auf einem Radweg halbwegs komfortabel und zügig voranzukommen. Und das ist längst nicht überall der Fall. Oder um es anders zu formulieren: Für die Sanierungen von Radwegen, die der schwarz-rote Senat zu Beginn seiner Regierungszeit angekündigt hat, ist definitiv noch Potenzial vorhanden.
Sind Rad- und Autoverkehr getrennt, erspart das allen Stress
Nun habe ich als jemand, der vorwiegend in seiner Freizeit Fahrrad fährt, noch mehr Freiheiten als jemand, der täglich mit dem Rad pendelt. Ich kann meine Strecken so planen, dass sich Straßen mit viel Verkehr und gleichzeitig schlechten oder gar nicht existenten Radwegen möglichst auf ein Minimum beschränken. Sie vollkommen zu umgehen, ist jedoch schwer. Ebenso schwierig ist es übrigens, einfach aufs Umland auszuweichen, zumindest wenn man mit der Regionalbahn aus der Stadt herausfahren will. Denn Stellplätze für Fahrräder sind knapp und bei gutem Wetter schnell überfüllt.
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All das wird mich nicht davon abhalten, aufs Fahrrad zu steigen. Als Alternative und Ausgleich zum Laufen ist es für mich fester Teil meines Trainings geworden. Aber für das Klima auf Berlins Straßen wäre es von Vorteil, wenn alle Verkehrsteilnehmer gute Bedingungen vorfinden und so möglichst getrennt voneinander unterwegs sind. Das erspart am Ende allen Stress. Auch den Autofahrern.